Jetzt lassen wir die doch erst mal kicken“, sagte Uli Hoeneß zuletzt zu den nicht enden wollenden Vorbehalten gegen die WM in Katar. Aus seiner Sicht hat er recht, denn unsere Fußballer haben die Wahl des Austragungsorts nicht „verbockt“. Trotzdem gibt es auch die Haltung vieler anderer, die keine rechte Freude haben an Spielen in einem Land, in dem Menschenrechte missachtet und die neue Stadien unter unmenschlichen Bedingungen gebaut wurden. Argumente für und gegen eine WM in Katar gab es jetzt genug. Nach den vielen notwendigen Informationen und Diskussionen im Vorfeld möge jetzt in unserem freien Land jeder für sich selbst entscheiden, ob er Fußball schauen möchte oder nicht. Sonst werden wir genauso unfrei wie Gesellschaftssysteme, die wir anderenorts kritisieren. Apropos „verbockte“ Entscheidung! Den sprichwörtlichen „Sündenbock“ gibt es tatsächlich im Alten Testament der Bibel: Da wurden zum Fest der Versöhnung die Sünden einem Ziegenbock symbolisch aufgeladen und dann damit wirklich „in die Wüste“ geschickt. Kein Ritual der Hilflosigkeit, sondern für die Menschen damals auch Gotteserfahrung und die Erkenntnis, dass wir Menschen uns als Gemeinschaft immer wieder in Probleme und Fragen verstricken, die wir nicht eindeutig und in einem Wisch lösen können. „Den Bock in die Wüste schicken“ heißt nämlich in der Konsequenz, dann auch selbst etwas zu verändern und besser machen zu wollen. Darauf kommt es letztlich an. Ob sich für die Menschen in Katar durch die WM etwas zum Guten wendet, wird sich danach zeigen.