Maitenbeth/Mühldorf – Die Ergebnisse der Bornavirus-Studien sind da. An drei verschiedenen Forschungen haben das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gearbeitet: an der BOSPEK-Studie und der Studie zur Spitzmauspopulation. Außerdem wurden Umweltproben im Gemeindegebiet Maitenbeth entnommen. Nun haben Dr. Merle Böhmer, stellvertretende Leiterin der Infektionsepidemiologie am LGL, Dr. Dennis Rubbenstroth, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Bornavirusinfektionen der Tiere am FLI, und Viola Haring, Veterinärin und Wissenschaftlerin am FLI, in einer Pressekonferenz im Landratsamt Mühldorf die ersten Ergebnisse vorgelegt.
Direkter
Nachweis
Die Labor-Untersuchungen der BOSPEK-Studie haben ergeben, dass alle im Juli bei 679 Maitenbethern entnommenen Blut- und Rachenproben negativ auf das Bornavirus (BoDV-1) getestet wurden, so Böhmer. Keiner der Teilnehmer wies einen direkten Nachweis mit BoDV-1 auf oder trug Antikörper des Virus in sich, erklärte die Epidemiologin. Die Anzahl der Teilnehmer entspreche 41 Prozent der erwachsenen Gemeindebürger.
Spitzmäuse im
Wohnumfeld
Weiter wurden die Angaben des epidemiologischen Fragebogens ausgewertet, den die Bürger im Rahmen der BOSPEK-Studie ausgefüllt hatten. Hier wurden unter anderem Gesichtspunkte wie Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und der Aufenthalt in der Natur abgefragt. Auch ob Spitzmäuse im Wohnumfeld vorkommen würden und ob die Probanden direkten Kontakt zu den Tieren gehabt hatten, wurde ermittelt. Hier gaben 38 Prozent der Bürger an, dass sie Spitzmäuse im Wohnumfeld hätten, 20 Prozent der Teilnehmer bestätigten einen direkten Kontakt zu den Nagern. Außerdem wurden im Juli im Gemeindegebiet Maitenbeth 336 Zecken auf das Bornavirus und FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) untersucht. Auch hier fiel das Ergebnis negativ aus, weswegen das Institut eine Übertragung des Bornavirus durch Zecken für „eher unwahrscheinlich“ hält, erklärte Böhmer bei der Pressekonferenz. Viola Haring stellte die Studie zur Spitzmauspopulation vor. Dabei standen folgende Fragestellungen im Fokus: Wie hoch ist der Anteil BoDV-1-positiver Nager? Welche Spitzmausarten gibt es in Maitenbeth? Wo genau sind die Spitzmäuse lokalisiert? Gibt es „Hotspots“ für BoDV-1 in Maitenbeth? Wo sind diese „Hotspots“ gegebenenfalls verortet?
Genetische
Untersuchungen
Die Forschung ergab bei 157 untersuchten Tieren (darunter 16 Feld-, eine Garten-, 24 Sumpf-, eine Wasser-, 97 Wald- und 18 Zwergspitzmäuse), „wertvolle Informationen über die Zusammensetzung der Spitzmauspopulation“, so Haring. Von den 16 Feldspitzmäusen seien sechs Tiere positiv auf das Bornavirus getestet worden. Von den anderen Arten der Spitzmäuse keine, so die Veterinärin. Dr. Dennis Rubbenstroth stellte die Resultate der genetischen Untersuchungen am BoDV-1 vor. Die FLI-Studie beschäftige sich mit den Unterarten des Virus. Ähnlich wie bei Covid-19 gebe es auch beim Bornavirus verschiedene Varianten. In Maitenbeth seien zwei unterschiedliche Arten gefunden worden, erläuterte Rubbenstroth. Aus den Ergebnissen lasse sich schließen, dass die beiden verstorbenen Maitenbether sich vermutlich im Gemeindegebiet, aber bei unterschiedlichen Spitzmauspopulationen infiziert hätten. Daraus schlussfolgerte das Institut, dass es keine Hinweise auf einen „Hotspot“ in Maitenbeth gebe.
Dr. Böhmer legte Forschungsergebnisse der Umweltproben (Boden) vor. Bei diesen Tests gebe es keine Nachweise auf das Bornavirus, wobei es „die Suche nach der Nadel im Heuhaufen“ sei, erklärte die Epidemiologin. Auf Nachfrage des OVB, ob es vergleichbare Daten zur Sichtung von Spitzmäusen gebe, erklärte Böhmer, dass die Studien des LGL und FLI, die in Maitenbeth stattgefunden hätten, bislang einzigartig seien. Die Expertin verdeutlichte, dass keine BoDV-1-spezifischen Antikörper gefunden worden seien, weder in den Blutproben noch im Nasenabstrich der Bürger.
Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass die Probanden bislang das Virus gehabt hätten. Es sei „nach wie vor eine seltene Erkrankung“, sagte sie. Maitenbeth sei prädestiniert für weitere Forschungen. Diese seien für die nächsten zwei Jahre geplant, meinten die Experten bei der Pressekonferenz. Bislang ungeklärt sei der Übertragungsweg, sowohl bei den Nagern untereinander, als auch auf den Menschen, erklärte Böhmer. Hier müssten weitere Forschungen betrieben werden. Rubbenstroth erklärte auf Anfrage des OVB, dass es sehr schwierig sei, herauszufinden, „wie genau das Virus übertragen wird“. Das liege auch an der langen Inkubationszeit der Krankheit. Weitere Forschungen seien zudem zu Behandlungsmöglichkeiten und Impfungen gegen BoDV-1 nötig. „Es gibt aktuell keine zugelassene Therapie“, erklärte Böhmer. Lediglich „experimentelle Methoden“ würden angewendet werden. Diese Behandlungen müssten noch verstärkt von der Forschung betreut werden.
Erste
Reaktionen
Der Maitenbether Bürgermeister Thomas Stark reagierte erleichtert auf die ersten Erkenntnisse aus der Studie, dennoch wisse er: „Die Unsicherheit bleibt uns.“ Mühldorfs Landrat Max Heimerl wertete die Ergebnisse für ihn persönlich schon jetzt „als erfolgsversprechend“. Man wisse mehr, aber nicht genug.