Glimpfliches Urteil für Messerstecher

von Redaktion

28-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt – Opfer überlebt mit Glück

Traunstein/Rosenheim – Bei einem nächtlichen Streit in der Rosenheimer Innenstadt verletzte im Mai 2022 ein 28-jähriger Syrer einen Rumänen (36) lebensgefährlich durch einen Messerstich in den Oberkörper. Dank einer Taxifahrerin, die das Opfer sofort in das Romed-Klinikum brachte, und einer Notoperation wurde das Leben des Rumänen gerettet.

Freiheitsstrafe
verhängt

Das Schwurgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Volker Ziegler verhängte gegen den teilgeständigen Täter nun wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von vier Jahren neun Monaten.

Eine Klinikärztin aus Rosenheim und eine Rechtsmedizinerin aus München bestätigten gestern einen hohen Blutverlust des 36-Jährigen und einen dadurch bedingten „hypovolämischen Schock“. Der Stich mit einem Messer mit knapp zehn Zentimeter langer Klinge sei knapp am Herz vorbeigegangen. Eine gebrochene Rippe deute auf eine „hohe Intensität“ des Stichs hin. Beide Medizinerinnen attestierten eine akute Lebensgefahr. Ohne rasche ärztliche Behandlung hätte der 36-Jährige sterben können, hieß es übereinstimmend.

Der Geschädigte hatte in der Nacht zum 8. Mai 2022 mit seiner Freundin in einem Lokal seinen Geburtstag gefeiert. Auf dem Nachhauseweg trafen die beiden den ihnen völlig unbekannten Angeklagten. Beleidigende Äußerungen kamen wohl von beiden Seiten. Im Gerangel zog der 28-Jährige das Messer.

Nach der Tat flüchtete der Angeklagte, stellte sich aber noch in der Nacht der Polizei. In dem Prozess beteuerte er mehrmals, er habe das Opfer nicht verletzen wollen. Über Verteidiger Alexander Kohut aus Rosenheim ließ er dem 36-Jährigen 2000 Euro Schmerzensgeld übergeben.

Der psychiatrische Sachverständige Professor Dr. Michael Soyka aus München sah keinerlei Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit des 28-Jährigen. Der Angeklagte, gelernter Krankenpfleger, stamme aus gutem Hause, seine Eltern seien Akademiker.

Staatsanwalt Wolfgang Fiedler beantragte wegen „versuchten Totschlags“ und „gefährlicher Körperverletzung“, begangen in den Varianten „lebensgefährliche Waffe“ und „lebensgefährliche Behandlung“, eine Haftstrafe von acht Jahren. Der Stich sei aus nichtigem Anlass gesetzt worden. Der 36-Jährige leide unter erheblichen Folgen, könne nicht mehr als Bauarbeiter tätig sein, habe Atemprobleme und eine sichtbare Narbe. Der Angeklagte habe eine „Affinität zu Waffen und Gewalt“.

Nebenklagevertreter Jakob Gerstmeier aus Kolbermoor schloss sich an und lobte die couragierte Taxifahrerin – die andere Fahrgäste aus dem Wagen geworfen hatte, um dem Opfer zu helfen – als „Heldin“. Der 36-Jährige sei niemals als aggressiv aufgefallen. Der 28-Jährige habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt.

Verteidiger Alexander Kohut aus Rosenheim argumentierte mit gegenseitigen Beleidigungen, alkoholbedingter Enthemmung und und dass sein Mandant die schwerwiegenden Verletzungen nicht erkannt habe: „Er hätte weitermachen können, hat es aber nicht getan.“ Maximal drei Jahre Haft und lediglich wegen „gefährlicher Körperverletzung“ seien angemessen. Im „letzten Wort“ wiederholte der Angeklagte: „Es tut mir echt leid.“

Im Urteil stellte der Vorsitzende Richter fest, beim Sachverhalt weise nichts auf vorherige Beleidigungen durch den Geschädigten hin. Der 28-Jährige sei nicht provoziert worden, der Messerstich sei „keine zufällige, sondern eine gezielte Bewegung“ in die Brust des 36-Jährigen gewesen.

Bedingter
Tötungsvorsatz

Die Kammer habe – wie der Staatsanwalt – einen bedingten Tötungsvorsatz bejaht. Zum Glück habe der Angeklagte nach dem Stich aber aufgehört, das Leben des Opfers anzugreifen. Deshalb habe die Kammer einen strafbefreienden Rücktritt angenommen.

Zu bestrafen sei der 28-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung. Die 2000 Euro seien nicht ausreichend für ein wirkliches Schmerzensgeld, das um die 15 000 Euro liegen müsse.

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