Peta zeigt Milchbauern an

von Redaktion

Tierschutzorganisation lehnt Anbindehaltung ab – BBV spricht von PR-Gag

Rosenheim/Traunstein – Ist die Anbindehaltung in Ställen von Rindern noch im Sinne des Tierwohls? Die Tierschutzorganisation Peta sagt klar Nein und stellt Strafanzeige gegen zehn Betriebe in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein. Für den Rosenheimer Bauernverband sind die Klagen aber nur ein PR-Stunt.

26 Landwirte wurden insgesamt angezeigt, 19 davon in Bayern. Im Landkreis Rosenheim sind drei Betriebe betroffen, im Landkreis Traunstein sind des sieben. 

Josef Steingraber, Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes in Rosenheim, sieht diese Anzeigen als haltlos. „Alles, was Peta will, ist ein schlechtes Licht auf die Landwirtschaft werfen”, sagt er. 

2021 Ermittlungen
eingestellt

Es sind nicht die ersten Klagen von Peta gegen Rinderhalter in der Region. Im Februar 2021 traf es einen Halter aus Brannenburg. Auch bei ihm ging es um angebliche Tierschutzverstöße und „erhebliche Missstände“, wie es in der damaligen Pressemitteilung von Peta stand. Die Vorwürfe stellten sich als haltlos heraus. Im April 2021 stellte die Traunsteiner Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, „da ein strafbares Verhalten nicht mit der zur Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte”, wie Oberstaatsanwalt Rainer Vietze auf OVB-Anfragen bestätigte. „Diese Anzeigen von Peta verlaufen alle im Sande und das Einzige, was sie damit schaffen, ist mediale Aufmerksamkeit. Das ist auch ihr Ziel”, meint Steingraber.

In Bayern ist die Anbindehaltung noch weit verbreitet. Laut dem Bayerischen Bauernverband hält rund die Hälfte der 30000 Milchviehbetriebe im Freistaat ihre Tiere in Anbindehaltung. Das entspricht ungefähr 30 Prozent aller Kühe.

Hierbei ist zwischen der ganzjährigen Anbindehaltung und der sogenannten Kombinationshaltung zu unterscheiden. In der Kombination erhalten die Tiere Auslauf, stehen im Sommer beispielsweise auf der Weide und werden nur im Winter im Stall angebunden.  Laut dem Bayerischen Bauernverband entsprechen die Ställe dabei grundsätzlich den gesetzlichen Anforderungen.

Aber um diese Anforderungen geht es. Im Februar hat das Verwaltungsgericht in Münster ein Urteil in Bezug auf die Anbindehaltung gefällt. Laut diesem Urteil untersagt das Gericht die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern. Den Tieren muss zumindest im Zeitraum von Juni bis Ende September täglich mindestens zwei Stunden Auslauf ermöglicht werden.

Die Anbindehaltung ist nicht optimal, findet auch Carsten Brock, Großtierarzt aus Schechen. Verletzungen im Nackenbereich der Tiere kommen zwar vor, aber meist werden Liegenschwielen behandelt, weil die Liegeplätze zu kurz sind, sagt Brock weiter. Man müsse aber immer die Begleitumstände berücksichtigen. „Tierschutz muss immer ganz weit oben hängen, aber auch mit einer Anbindung ist eine gute Versorgung der Tiere möglich. Eine gute Anbindehaltung ist besser als ein schlechter Laufstall.“

Laut Steingraber sorgt eine Anbindung auch für Ruhe in einer Kuhherde. Es gäbe eine Rangordnung innerhalb der Gruppe. „Eine rangniedrigere Kuh steht mit Sicherheit lieber für eine gewisse Zeit in Anbindehaltung, weil sie da weiß, da werde ich nicht gepiesackt.” 

Es sei schwierig zu beschreiben, was die Vorteile einer gewissen Art von Haltung sind. „Natürlich ist eine ganzjährige Anbindung für die Kuh nicht so schön, als wenn sie im Stall laufen kann. Aber ob es ihr damit vom Bewusstsein her schlechter geht, ist fraglich“, meint Steingruber. Kühe, die im Stall leben, würden sogar älter werden, da das Risiko schwerer Verletzungen geringer sei. 

Um die Gesundheit der Tiere sicherzustellen, führt das Veterinäramt immer wieder Kontrollen durch. Diese Kontrollen werden unangekündigt und unregelmäßig durchgeführt. „Bei mir kommt jedes Jahr jemand“, sagt Steingraber. In seinem Büro hat er mehrere Ordner stehen, in denen alle Dokumentationen und Eigenkontrollen aufgelistet sind.

Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung hat das Thema Einzug gefunden. Dort steht in einem Nebensatz, dass die Anbindehaltung in spätestens zehn Jahren beendet sein soll. 

Ein Verbot brauche es aber eigentlich gar nicht. Da ist sich Steingraber sicher. Denn die Anbindehaltung würde von selbst verschwinden. „Kein Mensch baut in Deutschland mehr einen Anbindestall, das ist zu arbeitsintensiv.” Wenn, dann würde ein Laufstall mit Melkstand gebaut werden. Das sei arbeitsergonomischer und man könne sauberer melken.

„Die kleinen Betriebe
sterben weg“

Neubauten von Ställen sind allerdings teuer. Folglich lohnt es sich eher, einen Stall für viele Kühe zu bauen. „Ein Stall für 100 oder 200 Kühe ist viel günstiger als einer für nur 30. Also baut niemand mehr einen kleinen Stall. Und jetzt sterben uns die kleinen Betriebe weg”, sagt er. Man müsse aufklären und gut hinschauen, aber Aktionen wie die Klagen von Peta seien „ein Witz“. „Die zeigen willkürlich Leute an, nur um eine PR-Aktion zu haben. Wenn jemand etwas entdeckt, wäre es sinnvoller, mit dem Landwirt zu reden, als eine solche Anzeige.” Steingraber gibt jedem den Rat, selbst einmal zu einem kleinen Anbindehalter zu fahren und sich die Kühe dort anzusehen. 

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