Traunstein/Siegsdorf – Private und geschäftliche Streitigkeiten standen hinter einem Buttersäure-Attentat im August 2018 in Siegsdorf auf einen Dodge Viper, einen teuren Sportwagen mit 650 Pferdestärken, und sechs Türschlösser in einem Wohngebäude. Das Amtsgericht Traunstein mit Richter Wolfgang Ott verurteilte nun eine 46-jährige Geschäftsfrau wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 2100 Euro, ihren mitangeklagten 51-jährigen Steuerberater wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe von 2500 Euro.
Prozess vor drei
Jahren abgebrochen
Vor drei Jahren war Richter Wolfgang Ott schon einmal mit diesem ungewöhnlichen Verfahren befasst. Wegen vieler offener Fragen, zu denen Nachermittlungen erforderlich waren, wurde der Prozess damals abgebrochen und Ende Oktober 2022 nochmals gestartet.
Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft war der Nebenkläger, der frühere Lebens- und Geschäftspartner der 46-Jährigen, der tatsächliche Eigentümer des Fahrzeugs und des Anwesens. In dem Verfahren bezeichnete die 46-Jährige ihn als „Mann meines Lebens, mit dem ich alt werden wollte“. Daraus wurde aber nichts. Der Mann verliebte sich in eine andere Frau (40), ebenfalls Zeugin in dem Prozess.
Die Siegsdorferin soll die Buttersäure, eine fürchterlich stinkende Flüssigkeit, auf Anregung des 51-jährigen Angeklagten gekauft und am Nachmittag des 16. Juni 2018 sechs Türschlösser sowie das Edelauto damit benetzt haben. Die Feuerwehr Siegsdorf musste mit Atemschutzträgern aktiv werden, um die Türen aus dem Haus zu holen.
Der Ex-Freund der Frau soll starke Kopfschmerzen durch die Buttersäure erlitten haben. Der Gesamtschaden lag bei mindestens 80000 Euro für den Wagen und einige Tausend Euro für die Holztüren.
Beide Angeklagte wiesen alle Vorwürfe zurück. Die Verteidiger aus Traunstein, Dr. Andreas Kastenbauer für die Frau und Dr. Herbert Buchner für den 51-Jährigen, plädierten jeweils auf Freispruch. Unter anderem führten die Anwälte an, die beschädigten Dinge hätten der Angeklagten gehört.
Zuvor war Staatsanwalt Chris-Dominik Kempel zu einem anderen Ergebnis der Beweisaufnahme gelangt. Die Vorwürfe bezüglich der Buttersäure-Angriffe hätten sich bestätigt. Der 51-Jährige habe die Idee gehabt. Die 46-Jährige habe die Säure samt Spritze organisiert und bei sich zwischengelagert. Das werde aus einer Zeugenaussage deutlich. Das Kerngeschehen der Anklage, basierend auf den Angaben des Nebenklägers, entspreche der Wahrheit.
Für den Staatsanwalt war klar, dass der Nebenkläger der Eigentürmer der beschädigten Gegenstände war: „Das Auto lief auf ihn, war auf ihn zugelassen.“ Die Halterstellung habe wenig zu sagen: „Aber der Kaufvertrag ist ein maßgebliches Indiz. Wer eingetragen ist, ist auch der Eigentümer.“ Man habe keine Anhaltspunkte, dass das Auto jemand anders gehörte. Woher das Geld stammte, sei für ein zivilrechtliches Verfahren wichtig, jedoch „strafrechtlich unerheblich“. Der Ankläger fügte die Frage an, wieso sich die 46-Jährige selbst schädigen sollte. Zur Tatzeit seien auch die Türen im Eigentum des Nebenklägers gestanden.
Chris-Dominik Kempel ging außerdem von einer vorsätzlichen Körperverletzung wegen der Kopfschmerzen des Geschädigten aus. Er forderte für die Frau eine neunmonatige Strafe mit zweijähriger Bewährung und einer Geldauflage von 2000 Euro, für den 51-Jährigen wegen Anstiftung zur Sachbeschädigung sieben Monate, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung, sowie 3500 Euro Geldauflage. Beide Angeklagte seien nicht vorbestraft. Der Staatsanwalt: „Es war einfach nur ein dummer Streich.“ Nebenklagevertreter Korbinian Ortner aus Traunstein schloss sich an.
„Gekränkte Eitelkeit“
als Motiv
Im Urteil verneinte der Richter eine Körperverletzung. Die Kopfschmerzen könnten viele Gründe gehabt haben. Ansonsten orientierte er sich weitgehend an den Ausführungen des Staatsanwalts. Tatmotive der 46-Jährigen seien „Eifersüchteleien und gekränkte Eitelkeit“ hinsichtlich der neuen Freundin. Die Angeklagte habe dem Mann „sein Lieblingsspielzeug versauen“ wollen. Zum Thema „Eigentum“ an Auto und Haus habe die 46-Jährige in der Verhandlung vor drei Jahren nichts gesagt. Alles spräche dafür, dass beides dem Geschädigten gehört habe.