War‘s das mit der Pandemie?

von Redaktion

Das dritte Corona-Jahr könnte das Ende der Pandemie bedeuten. Ist das Virus in der Region Rosenheim auf dem Rückzug? Und wenn ja: Warum wir Corona auch nach dem Krisen-Jahr 2022 noch nicht hinter uns lassen.

Rosenheim – Wenn man die Pandemie mit einer Seereise vergleichen wollte, dann wäre das Rosenheimer Herbstfest so etwas wie das Kap der guten Hoffnung: mit viel Zuversicht angesteuert und dann tatsächlich so etwas wie ein Wendepunkt nach langer Fahrt in schwerer See.

Herbstfest sorgt für
Anstieg der Zahlen

Einmal noch, gleichsam als Wiesn-Kater, gingen die Zahlen im Spätsommer steil nach oben, einmal noch drohte die Überlastung der Kliniken. Dann aber, kurz nach Beginn des Herbstes, stürzte die Kurve der Infektionszahlen ab. Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Gesundheitsamts Rosenheim, fasste diesen Trend zusammen. „Nach dieser ,Herbstfestwelle‘ sind wir jetzt in einem Tal.“ Es gehe nicht mehr weiter runter, aber auch nicht mehr nach oben, sagt der Amtschef angesichts von Sieben-Tage-Inzidenzen zwischen 110 und 130. „Die Winterwelle, die ich selbst befürchtet hatte, ist ausgeblieben.“

Die Bevölkerung ist in
weiten Teilen immun

Und so geht Dr. Hierl, was Corona betrifft, relativ entspannt in den Jahresendspurt. Und das, obwohl die Region Rosenheim weiterhin zu den impfskeptischsten Gegenden in Westdeutschland zählt. Die Immunität sei aber auch durch die massenhafte Ansteckung im Nachhinein gefördert worden, sagt Hierl.

Demnach könnten die Rosenheimer Wiesn und andere Volksfeste nicht nur heiß ersehnte Marksteine einer Rückkehr der Normalität, sondern so etwas wie eine Schluckimpfung gewesen sein, die auch bei mehrfach Geimpften die Abwehrkräfte gegen das Virus stärkte.

Dass Corona im dritten Jahr der Seuche seinen Schrecken verlor, lag aber hauptsächlich am Virus selbst. Immer wieder gab es Änderungen in seiner DNA, kleine Webfehler der Natur. Die meisten dieser Mutanten konnten sich nicht durchsetzen, aber einige markierten Tiefpunkte der Pandemie-Zeit. Wie zum Beispiel die Delta-Variante, die ziemlich genau vor einem Jahr noch vorherrschte und in der Region viele Todesopfer forderte – einmal sieben an einem Tag.

Doch dann
übernimmt Omikron

Doch dann tauchte Omikron auf und verdrängte in atemberaubendem Tempo die Konkurrenz. Schon nach den ersten paar Wochen des Jahres 2022 hatte Omikron das Steuer in der Hand und bestimmte den Kurs. Und der sorgte – auch dank des vereinzelten Auftretens von „rekombinierten“ Varianten mit Delta und Omikron-Merkmalen – noch für Schreckmomente.

Aber es starben trotz der wesentlich höheren Zahl an Infektionen längst nicht mehr so viele Menschen wie bei den Wellen zuvor. Rund 730 an oder mit Corona verstorbene Menschen hatte das Gesundheitsamt Anfang 2022 für Stadt und Landkreis Rosenheim registriert. Beim jüngsten Bericht des Amtes waren es rund 220 Tote mehr, insgesamt 951 Verstorbene. Wobei zunehmend viele Patienten in den Krankenhäusern eigentlich wegen anderer Erkrankungen in die Kliniken gekommen waren, dort dann aber positiv auf Corona getestet wurden.

War es das mit Corona? Neue besorgniserregende Varianten seien derzeit nicht in Sicht, heißt es aus dem Robert-Koch-Institut. Schon Ende Juni 2022 war das Impfzentrum von der Loretowiese in ein kleineres Domizil bei den Maltesern an der Rathausstraße umgezogen. Mit dem Ende des Jahres schließt es ganz. Seit Mai war die Test- und Maskenpflicht an Schulen und Kitas beendet, mit dem Wegfall der Maskenpflicht auch im öffentlichen Verkehr sind die Corona-Regeln weitestgehend verschwunden.

Das Romed-Klinikum in Rosenheim meldet Belegung auf mäßigem Niveau. Stärker machen ihnen und den niedergelassenen Ärzten Krankheiten wie Grippe und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu schaffen. Vermutlich eben deswegen, weil die Menschen die ehemals gewohnten Krankheiten nach zweieinhalb Jahren mit Kontaktbeschränkungen und Masken nicht mehr gewohnt sind.

Was bleibt 2022 sonst noch vom Virus? Erschöpftes Krankenhauspersonal, Kinder mit Lernrückständen und oft mit Übergewicht, zerrüttete Existenzen und die Einsicht, dass manche Maßnahme überzogen war. So wie wohl die Impfpflicht fürs Krankenhauspersonal ab 15. März, deren Verweigerung dann aber doch keine Sanktionen nach sich zog. Dr. Jens Deerberg-Wittram, Geschäftsführer von Romed, brachte das Dilemma auf den Punkt. Impfpflicht ja. Aber für alle. So habe sie nur „stigmatisierend“ gewirkt.

Personal erschöpft,
Gesellschaft zerrüttet

Wie viele Individuen auch scheint die Gesellschaft an Long Covid zu leiden. In der Region Rosenheim scheint das Klima rauer geworden zu sein – wie die manchmal schrillen Töne der „Spaziergänger“ auf dem Ichikawa-Platz in Rosenheim zeigten. Oberfeldwebel Andreas O. drohte bei einer solchen Gelegenheit den Urhebern der Corona-Regeln die Vernichtung an. Insgesamt registrierte das Polizeipräsidium Oberbayern-Süd in seinem Bereich 2022 1800 Kundgebungen – nochmals 200 mehr als im Vorjahr. Corona, so scheint es, wird uns auch 2023 begleiten.

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