Bernau – „Kaum vergehen 25 Jahre, dann hört er sogar mal”, scherzt Ursula Kramer, die ihr bosnisches Gebirgspferd Duschko jeden Tag besucht und sehr traurig wäre, wenn es damit irgendwann vorbei wäre. Über zwei, die sich gefunden haben.
Bildbände voller
Erinnerungen
Er muss schon ein rechter Bazi sein, dieser Duschko – das wird direkt klar, wenn man seiner Besitzerin Ursula Kramer zuhört. Mit den OVB-Heimatzeitungen spricht die 73-Jährige darüber, was sie mit ihrem Duschko in den letzten 25 Jahren alles erlebt hat. Und das ist so einiges.
Auch wenn Ursula Kramer die Fotos in ihrem Bildband sicherlich schon oft betrachtet hat, muss sie beim Durchblättern doch immer wieder herzlich lachen: „Der sieht ja schon lustig aus“, kommentiert sie beispielsweise Duschkos schräg in die Kamera gehaltenen Kopf. „Da kratz ich ihn gerade, das genießt er, und wie.“ Vor allem an der Schulter mag es Duschko laut seiner Besitzerin, besonders gerne.
Apropos mögen. Hunde lieben den 39-jährigen Wallach richtig. Es ist allerdings eine Liebe, die nicht unbedingt auf Erwiderung stößt. „Der Labrador hier tät immer so gerne mit ihm spielen. Der schmeißt sich vor den hin, kugelt und überschlägt sich. Aber Duschko, der spielt natürlich nicht mehr. Den juckt das überhaupt nicht.“
Ganz unkritisch steht Ursula Kramer ihrem Duschko aber nicht gegenüber. „Seine Mähne, die ist schon recht komisch. Und da hat er einen Wirbel, da habe ich die Mähne kürzer geschnitten, weil‘s so komisch ausschaut.“ Dafür trägt Duschko zum Schutz gegen die Fliegen im Sommer schon auch mal einen Umhang im Zebra-Look, der ihm gut stehe.
14 Jahre alt war Duschko, als er und Ursula Kramer im Herbst 1998 zusammenkamen. „Duschko ist mein erstes und auch mein letztes Pferd“, berichtet Ursula Kramer von dieser tierisch-menschlichen Beziehung. „Eigentlich hatte ich nie vor, ein Pferd zu besitzen.“ Doch Kramer lernte damals über eine Reitbeteiligung ein Mädchen im Teenageralter kennen, das mit ihrem Pferd – es war Duschko – ganz offensichtlich nicht zurechtkam. „Ich habe zwar auch keine Ahnung gehabt, aber immer noch mehr als das arme Mädchen“, erzählt Kramer. Sie bot dem Mädchen daraufhin zunächst eine Reitbeteiligung an. Dann habe es nicht lange gedauert, und „dann hat er mir gehört“.
Kaum ein Tag verging in den letzten 25 Jahren, an denen Ursula Kramer ihren Duschko nicht gesehen hat. Früher seien die beiden oft zusammen ausgeritten, sagt Kramer. Wobei bis heute nicht ganz geklärt zu sein schein, wer mit wem ausgeritten ist. „Wenn es ums Heimreiten gegangen ist, ist er grundsätzlich durchgegangen. Da hast du keine Chance mehr gehabt“, denkt Kramer lächelnd an diese Tage zurück. Gott sei Dank sei aber nie etwas passiert. Es sei aber auch viel Lustiges beim Reiten vorgefallen. „Auf meinem Westernsattel habe ich mich oft verkehrt herum gesetzt, um mich mit meiner Freundin bei Ausritten gut unterhalten zu können. Da ist er immer so brav gegangen,“ erzählt Duschkos Besitzerin fast schon stolz.
„Für ihn war gut, dass ich jeden Tag zu ihm fahren konnte. Dadurch sind wir irgendwie zusammengewachsen.“ Duschko habe immer noch seinen eigenen Willen, „aber das finde ich auch irgendwie völlig in Ordnung so“. Mit dem Reiten ist es jedoch seit vier Jahren nichts mehr, da Duschko Arthrose und wohl auch eine Sehnenentzündung hat.
Nun gehen die beiden eben fast jeden Tag spazieren in und rund um Bernau. Wenn die in Prien wohnhafte Pferdebesitzerin etwa mal zur Apotheke muss, nimmt sie Duschko einfach mit und bindet ihn an einem Baum an. „Ja, in Bernau gehöre ich wohl schon zum Dorfbild“, scherzt Kramer daher.
In letzter Zeit fragt sich Ursula Kramer immer wieder mal, ob Duschko, wenn er denn mal am Boden liegt, wieder hochkommt. „In der Silvesternacht lag er da. Aber dann ist er wieder aufgekommen, aber wie…“ Schon wieder muss Ursula Kramer lachen, wenn sie an die Verrenkungen und vor allem Duschkos Pomuskel-Einsatz denkt, mit dem sich das Pferd wohl aus dem Sitzen auf seine ganz eigene Art und Weise aufrichtet. „Er lässt sich dabei aber nicht gerne zuschauen“, lacht Kramer.
Nachdenken über
den letzten Tag
„Aber irgendwann geht‘s dann nimmer.“ Das ist Ursula Kramer bewusst. Jeden Tag denke sie daran. Eine Spur Traurigkeit legt sich über ihre Stimme, doch sie lässt es sich kaum anmerken. „Ich gehe fast davon aus, dass Duschko irgendwann liegt und nicht mehr aufkommt. Ob ich ihn dann wirklich noch mal zum Aufstehen bewegen soll, weiß ich nicht.“ Eines weiß sie jedoch: Sollte Duschko tatsächlich einmal nicht mehr sein, wird er ihr fehlen – und vermutlich auch den drei Ponys, mit denen er seit Kurzem am liebsten seine Tage verbringt.