Problembiber oder niedlicher Nager?

von Redaktion

Bäume an der Prien werden mit „Drahthosen“ vor den Beißern geschützt

Prien/Rimsting – Die Bäume direkt an der Prien bekommen Hosen spendiert. Diese haben zwar nur ein Bein und sind nicht aus weichem Stoff, sondern aus Draht und halten dementsprechend nicht warm, aber sie schützen dennoch. Eben nicht vor Wind und Wetter, das kann der Baum auch ohne schmückende Kleider, sondern vor dem Biber. Denn der nagt bekanntermaßen gerne an Bäumen – das sorgt durchaus für Ärger.

Agil im Wasser,
faul an Land

„Biber sind sehr lauffaul“, sagt Jürgen Pohl, Biberberater des Landkreises Rosenheim. Während die Tiere im Wasser flink und agil sind, gehen sie ungerne an Land. Maximal zehn Meter vom Ufer entfernt käme es zu Schäden durch den Biber, erklärt Pohl. Auch das Bayerische Landesamt für Umwelt spricht davon, dass 90 Prozent aller Probleme mit Bibern weniger als zehn Meter entfernt vom Wasser auftreten. Die Aufregung, die mancherorts herrscht, kann Pohl nicht verstehen. Die Bäume direkt am Wasser seien wirtschaftlich sowieso nicht nutzbar. „Da kann ich dem Biber keinen Vorwurf machen“, sagt er.

An der Prien kennt er vier Reviere. Ein Biberrevier besteht aus einer Familie – sprich Vater, Mutter und die Jungtiere der vergangenen beiden Jahre – selten besteht eine Biberfamilie aus mehr als sechs Tieren. Das Landratsamt Rosenheim spricht gar nur von drei Revieren in der Marktgemeinde. Dazu kommen allerdings noch umherziehende Jungtiere. Denn nach zwei Jahren im elterlichen Bau zieht der Nachwuchs aus und gründet selbst eine neue Familie. Bis der geeignete Partner gefunden ist, kann es freilich ein wenig dauern, schließlich leben Biber monogam.

Aber Schäden gibt es durchaus, das bestreitet Pohl auch nicht. Auch die Bayerische Staatsregierung erkennt Schäden durch den Biber an und hat einen eigenen Topf eingerichtet und diesen im vergangenen Jahr zweimal erhöht. 660000 Euro konnten dort vergangenes Jahr abgerufen werden. Allerdings nicht für Privatpersonen, sondern nur Land- und Forstwirte. Allerdings springt im Landkreis Rosenheim oft die Kreisverwaltung ein.

In Prien sei der Schaden gering, heißt es aus dem Landratsamt. Auch die Kosten für besagte Drahthosen, die das Landratsamt kostenlos Anliegern, die ihre Bäume schützen wollen, zur Verfügung stellt, „überschreiten einen dreistelligen Bereich pro Jahr nicht.“

Die Biberpopulation sei stabil, sagt Biberbeauftragter Pohl. Denn der Biber vermehrt sich nur wenig, wenn es einen hohen Populationsdruck gibt. Sprich: Gibt es immer wieder Revierverletzungen durch fremde Biber, der Mensch stört die Tiere freilich nicht, dann kommen weniger Jungtiere auf die Welt. Daher, erklärt Pohl, sei der Ruf nach einem Jagdrecht für Biber abseitig. Biber sind streng geschützt, denn obwohl die Tiere seit über 15 Millionen Jahren in Europa heimisch sind, waren sie in Europa nahezu ausgerottet. Der feine Pelz, sein Fleisch, das auch in der Fastenzeit gegessen werden durfte (Biber sind ja quasi Fische) und das Duftsekret „Bibergeil“, das als Wundermittel galt, wurden dem „Castor fiber“ zum Verhängnis. In Bayern gab es bis zur Wiederansiedlung in den 60er-Jahren überhaupt keine Biber mehr.

Trotz der Schutzverordnung werden auch in Bayern immer wieder Biber gejagt. Das passiert, wenn sich Biber ein Revier suchen, dass ungeeignet ist.

Jagd ist behördlich abgesegnet

Dann kommt es zur Biberentnahme, sprich die Biber werden gefangen und dann getötet oder direkt gejagt. Diese Jagd ist allerdings behördlich abgesegnet. Wer ohne Genehmigung Biber jagt, den erwarten bis zu 65000 Euro Geldstrafe. Im Jahr 2019 wurden im gesamten Landkreis Rosenheim etwa 30 Biber entnommen. Im Landkreis Traunstein waren es etwa 50. Problematisch wird es vor allem, wenn Felder nah ans Gewässer reichen. Zum einen bedient sich der Biber gerne dort, auch wenn er wie Pohl erklärt, „auch aufräumt“. Sprich: Er frisst nicht nur den Mais vom Kolben, er verwendet die gesamte Pflanze. Außerdem sei eine Biberfamilie keine Wildschweinrotte, die das halbe Feld vernichtet. Pohl meint, die Schäden überschritten selten mehr als zehn Euro.

Aber zum anderen, und das ist das größere Problem, baut der Biber seine Burgen und Dämme gerne im Uferbereich. Dabei kann es vorkommen, dass er das Land unterhöhlt. Dadurch können Traktoren einbrechen oder auch Weideland überflutet wird, weil ein Damm den Wasserstand hebt. Pohl sagt, dass die Überflutungen oft dort vorkommen, wo die Fläche eh unter dem Gewässerspiegel steht und nur durch einen kleinen Deich geschützt wird.

Keine Probleme
in Rimsting

In Rimsting ist davon nichts bekannt, wie Bürgermeister Andreas Fenzl (CSU) berichtet. „Die Schäden im Uferbereich sind nach wie vor da“, sagt er, aber ein wirkliches Problem sei das nicht. Ab und zu werde ein „schützenswerter Baum“ abgesichert, also der Baum bekommt seine Hose angezogen, aber grundsätzlich sei es besser als in den vergangenen Jahren.

Landwirte würden sich zumindest bei der Gemeinde nicht beschweren. „Natürlich sieht man die abgenagten Bäume“, sagt er, aber das sei alles in normalen Maßen. Vor seiner Zeit als Bürgermeister sei das häufiger Thema gewesen, erzählt er, aber aktuell sei der Biber kein Problem. „Es gibt keinen Problembiber“, hält Pohl fest. Jedenfalls nicht hier in der Region. In der Oberpfalz oder bei Passau sind die Schäden durch Biber deutlich größer. Das lässt sich auch anhand der Entnahmestatistik feststellen: Dort wurden 2019 jeweils über 100 Tiere entnommen. Davon ist man in Prien noch sehr weit entfernt.

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