Rosenheim/Brannenburg – Wie ein Monolith steht die neue Siglhütte an der Südseite des Wendelsteins da. Oder so könnte sie da stehen. Denn noch steht an der Stelle eine alte Selbstversorgerhütte, wie sie in der Region häufig zu finden ist. Die jetzige Siglhütte hat aber ausgedient. Schon seit 2016 ist sie wegen mangelnden Brandschutzes nicht mehr in Benutzung.
Das könnte sich aber ändern. In seiner Abschlussarbeit hat sich der Rosenheimer Innenarchitektur-Student Felix Dieckerhoff mit einem neuen Entwurf der Siglhütte auseinandergesetzt. Und das sehr erfolgreich. Nicht nur, dass seine Bachelorarbeit mit der Bestnote 1,0 bewertet wurde, der Bund Deutscher Innenarchitekten (bdia) hat die Arbeit zudem mit einem Preis ausgezeichnet.
„Das Thema war für mich perfekt. Ich bin selber sehr gern in den Bergen. Auch in meiner Jugend hab ich sehr viel Zeit am Wendelstein verbracht“, erzählt Dieckerhoff. „Dass meine Arbeit ausgewählt wurde, hat mich sehr gefreut und geehrt.“
Nominiert wurde die Arbeit von seiner Professorin Denise Dih. Sie kennt Felix seit dem ersten Semester. „Er ist ein Student, der Talent hat. Er hat sich immer ein wenig von der Masse abgehoben und hat seine Arbeit sehr selbstständig umgesetzt“, erzählt Dih. Für die Abschlussarbeit hatte er zwei Konzepte entwickelt. „Wir haben uns für das Fernrohr entschieden.“
Ein Blick in die
Berge und ins Tal
Der neue Entwurf erinnert tatsächlich stark an ein Fernrohr. Das ist auch gewollt. Wenn man die neue Hütte betreten würde, hat der Besucher durch den Gang einen Blick ins Tal. „Das Thema ‚In die Ferne blicken‘ hat sich gerade beim Wendelstein angeboten. Er ist einer der höchsten Berge der Region und hat eine Sternwarte. Um dies aufzugreifen, ist der Fernrohrcharakter sowohl in der Kubatur der Außenhülle als auch im Innenraum spürbar“, sagt Dieckerhoff.
An der Größe der ursprünglichen Hütte sollte sich nichts ändern. Sie war 1936 mit einer Größe von 7,8 Metern mal 5,2 Metern genehmigt worden, und an diesen Maßen orientierte sich auch Dieckerhoff. Auf diesen etwas mehr als 40 Quadratmetern gilt es eine Menge unterzubringen. Zwölf Betten, ein Bad, eine Dusche, eine Küche und ein großer Aufenthaltsraum sind im neuen Design der Siglhütte zu finden. Die Betten sind das, was am meisten Platz benötigt. Vier Betten, aufgeteilt in zwei Stockbetten, sind im Erdgeschoss zu finden, acht Betten im ersten Stock unter dem Dach. Damit sollen Bereiche für Warm- und auch für Kaltschläfer geschaffen werden.
Nachhaltig soll die neue Hütte sein und sich in das Gesamtbild einfügen. Deswegen hat Dieckerhoff auch bei der Auswahl der Materialien große Sorgfalt walten lassen. Das Holz ist von heimischen Lärchen, die Arbeitsplatte in der Küche ist aus Nagelfluh, der am Fuß des Wendelsteins abgebaut wird. „Das sind alles heimische Materialien, da spielt auch der Nachhaltigkeitsaspekt eine Rolle,“ sagt der Student.
Diese Neuinterpretation war es, die die Jury des bdia bei der Beurteilung der Arbeit überzeugt hat. „Ein umfängliches Raumkonzept ist auf kleinstem Raum umgesetzt, wobei innen wie außen eine hohe Aufenthaltsqualität entsteht“, heißt es in der Begründung.
Projekt wird
fortgeführt
Aktuell wurde die Bachelorarbeit von Felix Dieckerhoff von Stefanie Mack aufgegriffen. Sie schreibt ihre eigene Bachelorarbeit im Studienfach Holzbau und Ausbau über die Umsetzbarkeit der neuen Siglhütte. „Ich prüfe die Machbarkeit, also ob es konstruktiv und statisch möglich ist, den Entwurf so umzusetzen, wie es Felix gemacht hat.“ Sie hat ein paar Anregungen oder Veränderungsvorschläge, die manche Dinge aus ihrer Sicht vereinfachen würden. Noch ist ihre Arbeit aber nicht abgeschlossen.
Mittlerweile hat Felix Dieckerhoff ein Masterstudium begonnen. Möbeldesign ist der neue Schwerpunkt. Der hat mehr Parallelen mit seinem ursprünglich erlernten Beruf als Schreiner. „Die Hütte ist auch nach dem Abschluss der Bachelorarbeit zu einem Herzensprojekt für mich geworden“, sagt er. Ob die neue Siglhütte wirklich gebaut wird, entscheidet der Deutsche Alpenverein (DAV). Geplant sei noch nichts.
„Der DAV findet das Konzept sehr interessant, wenn auch nicht unbedingt für den Standort Wendelstein“, sagt Stefanie Mack. Auch Professorin Denise Dih sieht derzeit wenig Chancen auf eine Realisierung am Standort Wendelstein. Das liege auch an der Finanzierung durch den Alpenverein. „Aber der Entwurf ist ein klassischer Solitär. Das klappt überall“, sagt Dih überzeugt. Eine Umsetzung würde Dieckerhoff natürlich freuen, „wenn die Siglhütte bald wieder für die Mitglieder des DAV nutzbar ist – und vielleicht durch meinen Entwurf zu neuem Leben erweckt wird.“