200000 Euro verschwinden in Mailand

von Redaktion

Opfer will Sponsorengelder für TSV 1860 Rosenheim auftreiben – „Blüten“ statt Geld

Traunstein/Rosenheim – Die Suche nach Sponsorengeldern für die Fußballabteilung des TSV 1860 Rosenheim und die Jugendabteilung der Spielvereinigung Unterhaching bescherte einem ehrenamtlichen Mitglied (63) reichlich Ärger. Auf ungeklärte Weise verschwanden 200000 Euro für eine Kreditausfallversicherung, die einen Zehn-Millionen-Euro-Kredit durch einen hiesigen Geldgeber und einen angeblichen „indischen Investor“ hätten ermöglichen sollen.

Drei Prozesstage
sind angesetzt

Der Fall beschäftigt seit gestern die Zweite Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Volker Ziegler. Der Prozess geht am heutigen Dienstag und am 6. Februar jeweils um 9 Uhr weiter.

Oberstaatsanwalt Dr. Martin Freudling wirft dem Angeklagten, einem 34-jährigen Serben mit damaligen Wohnsitz in Mailand, „mittäterschaftlichen besonders schweren Betrug“ vor. Er war gemäß gestrigem Teilgeständnis bei der gescheiterten ersten Übergabe des Betrags in Mailand dabei. Bei einer zweiten Übergabe wurden laut Staatsanwaltschaft die 200000 Euro gegen „Blüten“ von Schweizer Franken ausgetauscht. Damit will der Angeklagte laut seinen gestrigen Angaben nichts zu schaffen gehabt haben – obwohl er die gesamte Tat bei der Festnahme durch die italienische Polizei im Juli 2022 voll eingeräumt hatte.

Alles begann mit der Idee des 63-jährigen Geschäftsmannes aus dem Landkreis Rosenheim, für die notwendigen hohen finanziellen Investitionen des Vereins Geld zu besorgen, hatte man doch den Aufstieg des Vereins in die 3. Bundesliga vor Augen. Er kannte eine 64-jährige Frau in Niedersachsen, die ihm laut Anklage telefonisch Unterstützung zusagte. Sie berichtete demnach von einer guten Geldquelle aus einem Vermittlungsgeschäft für ein Immobilienprojekt zusammen mit einem anderen Mann. Diesem war angeblich ein Millionengeschäft vom Angeklagten und dessen unbekannten Mittätern angetragen worden.

Hintergrund war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft der Plan, gutgläubige Personen mit viel Bargeld nach Mailand zu locken. Geschröpft werden sollten allerdings nicht die direkten Geldgeber, sondern Menschen, die glaubten, durch die Vermittlung eines lukrativen Geschäfts selbst Geld verdienen zu können.

Nach Vertragsabschluss über den Sportkredit von zehn Millionen Euro samt Kreditausfallversicherung, die vom Kreditnehmer zu bezahlen war, wurde mit dem 63-Jährigen und den anderen Beteiligten für den 23. Oktober 2020 ein Treffen in einer Mailänder Bank vereinbart. Mit der 64-jährigen Zeugin aus Niedersachsen war der Geschädigte im Vorfeld übereingekommen, die erste Rate des Kredits in Höhe von einer Million Euro auch in Schweizer Franken entgegenzunehmen. Der Mann reiste nach Italien und brachte die 200000 Euro, die er von seinem Konto abgehoben hatte, mit. Bei der Ankunft des 63-Jährigen war die Bank bereits geschlossen. Gegen die Geldübergabe an den Angeklagten und einen weiteren Mann auf einem Parkplatz sträubte er sich. Der 34-Jährige wollte ihm das Geld wegnehmen und eine Schachtel nachgemachter Schweizer Bandknoten übergeben – allerdings vergeblich. Der Serbe telefonierte laut Anklageschrift mit jemandem. Dann wurde ein Lokal als neuer Treffpunkt genannt. Statt der „Tochter des indischen Investors“ erschien nur der 34-jährige Serbe mit einem Unbekannten. Der 63-Jährige hatte ein Prüfgerät mitgebracht: „Jede der Banknoten war echt. Wie der Austausch geschah, das kann ich mir bis heute nicht erklären.“

Letztlich verschwanden die Täter „im Laufschritt“ mit dem echten Geld. Erst zu Hause bemerkte der 63-Jährige, dass oben auf in der Schachtel eine schlechte Kopie einer Banknote lag, darunter lauter Falschgeld, teils mit dem Aufdruck „Faksimile“. Die 64-Jährige meinte damals auf seine Frage: „Das ist dein Problem.“ Der „indische Investor“ rief den Geschädigten unter einer britischen Nummer an und teilte mit, er sei selbst betrogen worden. Er wolle die Sache „in Ordnung bringen“, ward aber nie mehr gesehen oder telefonisch zu erreichen.

„Ich habe den Leuten
vertraut“

Auf die Frage von Vorsitzendem Richter Volker Ziegler, warum er derart hereingelegt werden konnte, erwiderte der 63-jährige Zeuge: „Ich habe den Leuten vertraut.“ Und er habe den Sportvereinen helfen wollen. Die 64-Jährige machte gestern vor der Zweiten Strafkammer von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch – um sich bei einer wahrheitsgemäßen Aussage nicht selbst belasten zu müssen. Wie Ziegler mitteilte, wurde sie zwischenzeitlich zusammen mit dem anderen Mann vom Amtsgericht Rosenheim zu einer eineinhalbjährigen Strafe mit Bewährung verurteilt – wegen eines späteren Betrugs nach dem gleichen Muster, aber an einem anderen Geschädigten.

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