Wo Heino mit Hellwig pokerte

von Redaktion

Kultlokal „Kuhstall“ in Reit im Winkl steht seit rund fünf Jahren leer

Reit im Winkl – Seit rund fünf Jahren steht das Kultrestaurant „Kuhstall“ in der Ortsmitte von Reit im Winkl leer. Das aus Funk und Fernsehen bekannte Duo Maria und Margot Hellwig unterhielt die Gäste dort jahrelang mit volkstümlicher Musik. Ein Privatinvestor will dem Gebäude jetzt neues Leben einhauchen.

Die Errichtung von Ferienwohnungen und zudem die Wiederbelebung der gastronomischen Nutzung: Diese beiden Säulen beinhaltet eine Vorbescheidsanfrage eines potenziellen Käufers, zu dem sich Bürgermeister Matthias Schlechter bedeckt hält. Der Gemeinderat stand in seiner Sitzung im Dezember vergangenen Jahres allerdings auf der Bremse. Er lehnte den Antrag des Kaufinteressenten auf Vorbescheid für den Umbau des an der Brunnenstraße gelegenen Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert samt Restaurant und Milchbar zunächst einstimmig ab.

Denkmalschutz

ist der Knackpunkt

Ein Beschluss, den Bürgermeister Matthias Schlechter für richtig hält, obwohl er dem neuen Nutzungskonzept durchaus etwas abgewinnen kann. Grund: Eine wesentliche Frage ist derzeit ungeklärt. Knackpunkt ist, inwieweit Aspekte des Denkmalschutzes dem Wunsch des Investors entgegenstehen, im rückwärtigen Teil des Anwesens auf der Ost- und Westseite Quergiebel sowie im ersten Ober- und im Dachgeschoss zusätzliche Balkone zu errichten. Sollten Giebel nicht genehmigungsfähig sein, wird der Einbau großer Dachfenster gewünscht. Wie das Landratsamt Traunstein als Untere Denkmalschutzbehörde das Ansinnen beurteilt, ist im Moment unklar. Die Antwort der Behörde auf eine schriftliche Anfrage der Redaktion steht noch aus.

Der Rathauschef hofft, dass in den nächsten Wochen Klarheit über die Vorstellungen des Denkmalschutzes herrscht. Der bereitstehende Investor habe vor einiger Zeit bereits ein anderes Anwesen in Reit im Winkl gekauft und dort ebenfalls Ferienwohnungen errichtet. Dies sei ganz im Sinne der Gemeinde gewesen.

Bürgermeister hofft
auf Kompromiss

Was den „Kuhstall“ betreffe, könne man erst klarer sehen, wenn man die Vorstellungen des Denkmalschutzes kenne. „Ich würde mich freuen, wenn auch wieder eine gastronomische Nutzung des Gebäudes möglich wäre. Das wird gestalterisch sicher nicht ganz einfach. Wir müssen halt schauen, ob wir eine Kompromisslösung finden“, meint der Bürgermeister.

Pachtvertrag
seit 1964

„Wenn ich heute hier vorbeifahre, tut mir das Herz richtig weh“, sagt Margot Hellwig über das leerstehende Gebäude. 1964 habe ihre Mutter Maria Hellwig das Lokal mit ihrem Mann gepachtet und es bis zu dessen Tod im Jahr 1996 betrieben. Danach sei sie dazu altersbedingt alleine nicht mehr in der Lage gewesen, Thomas Berger habe die Nachfolge als Pächter angetreten.

Auf der Bühne des Restaurants standen Margot Hellwig und ihre Mutter auch nach Beendigung des Pachtverhältnisses noch etliche Jahre. Seinen letzten Privatauftritt hatte das Duo, das zu den Großen der volkstümlichen Musik gehörte, im September 2010 bei Thomas Berger. Wenige Monate nach ihrem 90. Geburtstag starb Maria Hellwig am 26. November 2010.

„Es war eine wunderschöne Zeit, die ich nicht missen möchte“, sagt die mittlerweile 81 Jahre alte Margot Hellwig, die heute in München lebt, über die vielen gemeinsamen Auftritte mit ihrer Mutter auf der Bühne des Lokals. Diese Bühne war auch der Grundstein für die spätere Fernsehkarriere des Duos. Mit ihren volkstümlichen Melodien und Jodlern verkauften sie nicht nur zahlreiche Tonträger, sie bescherten den beiden auch eine steile Karriere in Rundfunk und Fernsehen.

Margot Hellwig erinnert sich an viele prominente Gäste, die ihre Mutter in den mehr als 30 Jahren, in denen sie das Lokal mit ihrem Mann betrieb, in Ruhpolding begrüßen konnte. Darunter Stargeiger Helmut Zacharias oder Heino, ebenfalls ein großer Name in der Szene der volkstümlichen Musik. „Wenn Heino da war, hat er nach Lokalschluss meistens noch eine Runde mit meiner Mutter gepokert. Sie beherrschte das Pokern wirklich gut. Und der Heino hat sich dann immer auch ein Schmalzbrot von Mama gewünscht“, verrät Hellwig ein kleines Geheimnis aus dieser Zeit.

Wenn ihre letzten Auftritte in Reit im Winkl auch schon deutlich mehr als ein Jahrzehnt her sind, die Beziehung zu dem Tourismusort hat Margot Hellwig nie ganz verloren. An Allerheiligen oder zum Geburtstag ihrer Mutter am 22. Februar besucht sie regelmäßig das Elterngrab auf dem örtlichen Friedhof. Auch bei einer noch im Ort lebenden Tante, die schon über 90 Jahre alt ist, schaut sie immer wieder mal vorbei.

Treffpunkt für Gäste
und Einheimische

„Es wäre schon schön, wenn sich im Kuhstall wieder was rühren würde“, meint die ehemalige Volkssängerin. Während ihrer aktiven Zeit hat sie das Lokal in Reit im Winkl, das etwa 100 Besuchern Platz bot, immer als Treffpunkt für Gäste und Einheimische empfunden. Wenn das Anwesen in der Brunnenstraße wieder ein solche Funktion ausfüllen könnte, wäre das auch für Margot Hellwig ein ganz persönlicher Freudenmoment.

Artikel 4 von 11