Geistlicher Rat Anton Pfäffl sprach beim Trauerakt das Schluss- wort. Hadersbeck
Bad Aibling/Gerlos – „Worte versagen, wenn es um das Letzte geht.“ Ein ergreifender Satz von Landrat Georg Knott bei der Trauerfeier für die Toten des Lawinenunglücks in Gerlos am 4. Februar 1973. Zehn Särge zeugten in der neuen Bad Aiblinger Turnhalle von dem schrecklichen Geschehen, auf das die Trauerredner nochmals eingingen. Die Särge waren mit Latschengebinden bedeckt, in denen je eine kleine rote Rose steckte. Zehn Latschenkränze schmückten zudem die Stirnwand der Halle. Vor den Särgen lagen Kränze der Angehörigen, von Alpenvereinssektionen sowie von Freunden und Bekannten der Opfer.
Mannshoher Latschenkranz
Vertreter der Tiroler Bergrettung brachten aus Gerlos einen mannshohen Latschenkranz mit. „Ewig liebe ich meine Berge, bis ich einst in ihnen sterbe“, stand auf der Schleife zu lesen. So schrieb der Mangfallbote einen Tag später über diese Feier, die er als „eindrucksvoll und würdig“ bezeichnete. Umrahmt wurde sie von der Kurkapelle der Stadt mit dem „Ave verum“ von Wolfgang Amadeus Mozart.
Die Reihe der Trauerredner eröffnete Max Staudt, der Vorsitzende der Alpenvereinssektion Bad Aibling. Er erinnerte daran, dass das Lawinendrama das schwerste Bergunglück in der Geschichte des Deutschen Alpenvereins sei. „Geleiten wir die Toten mit heißem Herzen auf den letzten Metern ihres Erdenweges“, sagte Staudt. „Ihre Namen werden für immer in unseren Herzen sein, bis auch wir die Augen schließen“, schloss er seine Ausführungen.
Bürgermeister dankt Rettungskräften
Bürgermeister Hans Falter versicherte den Angehörigen die tiefe Anteilnahme der Stadt an ihrem Leid. Er rief dazu auf, nicht nach dem Sinn des Unglücks zu fragen, da er von Menschen nicht zu ergründen sei. Falter dankte im Beisein von Anton Kammerlander, seinem Amtskollegen aus Gerlos, den Rettungskräften für ihren Einsatz.
„Worte versagen, wenn es um das Letzte geht“, betonte Landrat Georg Knott in seiner Traueransprache. Deshalb wolle er über das Wie und Warum der Katastrophe nicht sprechen. Dr. Hans Domcke, der Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins, attestierte der Bad Aiblinger Sektion, dass sie ihre Touren stets mit Sorgfalt geplant habe. Er spielte damit auf zu diesem Zeitpunkt bereits kursierende Vorwürfe an, denenzufolge Leichtsinn zu dem Drama geführt habe. „Am Berg gibt es keine absolute Sicherheit“, sagte Domcke. Ein Verzicht auf Bergtouren wäre gleichbedeutend mit Kapitulation und dem Verzicht auf Freiheit.
Schlusswort vom
Geistlichen Rat
Das Schlusswort sprach im Auftrag der drei Aiblinger Pfarreien Geistlicher Rat Anton Pfäffl, Stadtpfarrer von Mariä Himmelfahrt. „Wir beugen uns in Demut vor Gottes heiligem Willen“, betonte der Geistliche, der auch das Beileid von Kardinal Julius Döpfner überbrachte, dem Oberhirten der Erzdiözese München und Freising.
Einen Tag später wurden fünf der aus Bad Aibling stammenden Lawinenopfer auf dem städtischen Friedhof zur letzten Ruhe gebettet. Tourenleiter Helmut Maier wurde feuerbestattet, seine Urne wurde zu einem späteren Zeitpunkt in aller Stille beigesetzt. Die restlichen vier Lawinenopfer wurden in ihren Heimatorten beerdigt.
Geistlicher Rat Anton Pfäffl nahm im Beisein von seinem Amtsbruder Johannes Güngerich, dem Pfarrer von St. Georg, sowie Kirchenrat Heinrich Renner von der evangelischen Pfarrgemeinde die Aussegnung der Särge vor. „Wir tragen an dem Leid der Hinterbliebenen mit. Als Christen aber wissen wir, dass der Tod nicht das Ende, sondern Beginn eines neuen Lebens ist“, sagte der Geistliche. Güngerich nannte die Berge „mächtige Zeugen der Schöpfung“ und betete um Gottes Hilfe für die Hinterbliebenen. „Unsere Hilfe kommt allein vom Herrn, der Himmel und Erde, also auch die Berge, geschaffen hat“, so der Pfarrer.
„Wir haben kein Wort, das unseren Schmerz wegnehmen und unsere Verworrenheit erhellen kann. Was wir geben können, ist Mitgefühl und Anteilnahme, die Versicherung, dass wir die Leidtragenden nicht allein lassen und ihnen Hilfe leisten.“ Mit diesen Worten wandte sich Kirchenrat Heinrich Renner an die Trauergemeinde. Die Kraft, die den Menschen befähige, die ihm aufgebürdete schwere Last zu tragen, gebe allein der Heiland. Und weiter: „Dort, wo wir Sterben und Tod sehen, glauben wir auch an das Leben. In dem Unheil unserer Tage kann auch das Heil verborgen sein.“
Gedenktafel
beim Elbacher Kreuz
Im Verlauf des Sommers brachte die DAV-Sektion Bad Aibling dann eine Gedenktafel am Elbacher Kreuz an. Es steht beim sogenannten „Türkenköpfl“, das zwischen Wendelstein und Schweinsberg liegt. Dort finden sich heute auch Marterl für andere Mitglieder der Sektion, die in den Bergen ihr Leben verloren. „Wir haben diesen Ort für das Gedenken gewählt, weil man ihn wunderbar von unserer Sektionshütte aus sieht“, sagt Werner Weinbacher, der von 1976 bis 2011 an der Spitze des Bad Aiblinger Alpenvereins stand. Zwei Tage, bevor das schreckliche Unglück geschah, wurde er zum Schriftführer des Vereins gewählt.
In den „50. Mitteilungen 2021/2022“ der Sektion geht Weinbacher in einem Beitrag nochmals kurz auf das Geschehen ein und lässt erkennen, wie tief ihn der Tod der Vereinsmitglieder bewegt hat. „Es waren welche, mit denen ich noch am Freitag gemütlich bei einem Gläschen Bier beisammengesessen war (Anmerkung der Redaktion: An diesem Abend fand die Jahreshauptversammlung des Vereins statt, bei der er zum Schriftführer gewählt und die Tour vorbesprochen wurde). Und nun plötzlich aus, für immer.“
Bergmesse für verstorbenen Bruder
Bereits einen Tag nach dem Unglück fuhr eine Delegation aus Au bei Bad Aibling nach Gerlos. Aus diesem Ort stammte Richard Albrecht, der bei dem Unglück ebenfalls sein Leben verlor. Die Auer klärten die Voraussetzungen, um eine Bergmesse für ihren verstorbenen Freund lesen zu lassen. Etwa ein halbes Jahr später bestand dann die Möglichkeit dazu.
Zelebrant des Gottesdienstes war Conrad Albrecht, ein Bruder des Verstorbenen. Der Auer Chor umrahmte die kirchliche Feier mit der Bauernmesse von Annette Thoma. Bei dieser Gelegenheit segnete der Geistliche auch ein Marterl, das an seinen verstorbenen Bruder erinnert.