Wasserburg – Gerüchte wabern seit einigen Tagen durch Wasserburg: Die Chefärztin der Geburtshilfe an der Romed-Klinik Wasserburg habe das Krankenhaus verlassen – als Grund werden aus gut unterrichteten Kreisen „Unstimmigkeiten“ aufgrund des Führungsstils und Meinungsverschiedenheiten bei medizinischen Entscheidungen genannt. Romed erklärt auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen, dass die Ärztin, die die Redaktion für eine Stellungnahme nicht erreichen konnte, nicht mehr in Wasserburg, sondern jetzt in Rosenheim tätig sei. „Dies wurde einvernehmlich mit ihr entschieden“, heißt es vonseiten des Klinikverbunds. Die Vertretung in Wasserburg habe die Leitende Oberärztin übernommen.
Ungewöhnlich
viele Kündigungen?
Weitere Informationen zum Fall gibt es jedoch nicht. Die Pressestelle der Romed-Kliniken verweist auf den Datenschutz, der konkrete Äußerungen nicht möglich mache. Unterschiedliche Meinungen über medizinische Entscheidungen sollen der Hauptgrund für die Unruhe beim Personal sein, so das Stadtgespräch.
Es habe ungewöhnlich viele Kündigungen gegeben, heißt es in Wasserburg. Romed erklärt auf Anfrage, in den vergangenen zwölf Monaten hätten in der Geburtsklinik sechs Pflegekräfte und vier Ärzte gekündigt. Die Gründe hierfür seien „vielfältig, individuell verschieden und vertraulich“. Doch es gibt noch ein weiteres Problem: bei der personellen Besetzung der kinderärztlichen Versorgung. Hierfür war eine seit 2021 in Wasserburg arbeitende und im Bereich Kinderheilkunde erfahrene Medizinerin aus Bosnien vorgesehen. Ihre Zulassung als Ärztin in Deutschland sei jetzt da, die Facharztanerkennung stehe jedoch noch aus, bedauert der Klinikverbund. Romed unterstütze die Fachkraft, eine erfahrene Neonatologin, bei dem Verfahren. „Es besteht die Hoffnung, dass die Anerkennung in den nächsten Monaten erfolgt“, teilt der Klinikverbund mit. Als anerkannte Kinderärztin könne sie dann in Wasserburg die tägliche Versorgung der Neugeborenen sicherstellen.
Trotz dieser guten Aussichten ist es eine ungewöhnliche Situation für die Geburtsklinik in Wasserburg. Denn sie hatte in den vergangenen Jahren eine Sonderstellung, was auch zu ihrem guten Ruf führte: Dr. Martin Heindl, bis 2020 Chefarzt der Geburtshilfe, hat eine doppelte Facharztqualifikation.
Er ist Frauen- und auch Kinderarzt. „Deshalb war quasi immer der Kinderarzt im Haus, wenn der Chefarzt da war“, so Romed. Der Klinikverbund spricht von einer „besonders privilegierten“ Situation.
Schon zur Zeit des Vorgängers der jetzigen Chefärztin übernahmen seine niedergelassenen Kollegen Dr. Michael Stürmlinger und Dr. Marko Senjor die kinderärztliche Versorgung, wenn Heindl nicht im Dienst war, so Romed.
Dieses Modell sei auch nach der Übergabe der Chefarztposition an die Nachfolgerin von Heindl weiter gepflegt worden. „So hatte Wasserburg auch in den vergangenen drei Jahren ein herausragendes Angebot der Neugeborenenversorgung, das so für eine Geburtsklinik gar nicht üblich ist.“ Auch heute würden die Kinderärzte die Klinik dankenswerterweise noch unterstützen. Man sei sich jedoch bewusst, dass dies altersbedingt und aufgrund der Arbeitsbelastung in den kinderärztlichen Praxen in einigen Monaten nur noch eingeschränkt möglich sein werde. Romed Wasserburg bemüht sich jedoch schon seit einiger Zeit, neue Kinderärzte für den Standort zu gewinnen, teilt der Klinikverbund mit.
Wie geht es nun weiter? Gibt es einen Plan B? Mit den Kollegen der Kinderklinik in Rosenheim sei besprochen, dass diese das Haus in Wasserburg bei Bedarf mit ihrer kinderärztlichen Expertise unterstützen würden. „Ein entsprechendes Modell wird im Moment zusammen mit dem Chefarzt der Kinderklinik in Rosenheim entwickelt“, kündigt der Klinikverbund an. Doch er verweist auch darauf, dass der Standort Wasserburg mit der jetzt angestrebten Versorgung der Neugeborenen dem gesetzlich vorgeschriebenen Standard von Geburtskliniken des Level IV voll entspreche. Etwa zwei Drittel aller geburtshilflichen Einrichtungen in Bayern seien Geburtskliniken wie jene in Wasserburg.
Dieses Angebot sei somit der Normalfall. Genau wie alle anderen Geburtskliniken habe Romed Wasserburg keine eigene Kinderklinik. Diese werde nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erst ab der nächsten Stufe, Level III, angeboten.
Tatsache ist: Die Geburtsklinik Wasserburg ist seit Jahren auf Wachstumskurs: 2022 kamen hier 909 Kinder auf die Welt, ein Rekord. Für 2023 werde mit einer ähnlich hohen Geburtenzahl gerechnet. Die Aufwärtsentwicklung ist auch eine Folge der Schließungen der Geburtsstationen in Mühldorf und Bad Aibling, zu Beginn sei dies spürbar gewesen, „mittlerweile hat sich das relativiert“, so der Romed-Klinikverbund. Den guten Ruf verdankt der Standort Wasserburg wohl auch der Tatsache, dass die Klinik als sehr hebammenfreundlich gilt.
Enge Zusammenarbeit
mit Hebammenhaus
Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Hebammenhaus. Der Umzug in das neue gemeinsame Großklinikum von Romed und kbo-Inn-Salzach-Klinikum, das laut Gesundheitsminister Klaus Holetschek als top ausgestattet gilt, sollte die Aufwärtsentwicklung weiter manifestieren. Die neue Geburtshilfe verfügt über drei Kreißsäle, einer davon mit Gebärwanne. In der Regel ist das Ein-Bett-Zimmer üblich, wenn gewünscht, kann der Partner übernachten.
Es gibt laut Klinikverbund ein Kinderzimmer mit Stilloase für junge Mütter, ein extra Untersuchungszimmer mit gynäkologischer Ausstattung. Optimale Voraussetzungen – wenn es nicht die personellen Problematiken gäbe.