Der heimische Biber schafft es bis Brüssel

von Redaktion

100 Jahre lang galt der Biber in Bayern als ausgestorben. Seit der Wiederansiedlung in den 1960er-Jahren hat die Zahl der Nager stark zugenommen – sehr zum Leidwesen vieler Landwirte. Denn die Biber verursachen mit ihren Dämmen teils erhebliche Schäden.

Pittenhart – „Der Bestand an Bibern ist gut”, sagt Andreas Feuerer aus Pittenhart. Das bestätigt auch das Landratsamt Traunstein. Auf 700 bis 800 Tiere soll sich der Bestand der Tiere im Landkreis derzeit belaufen. Aus Sicht des Naturschutzes eine gute und wünschenswerte Entwicklung, galt der Biber doch in Bayern lange als ausgestorben. Aber nicht alle sehen die Entwicklung positiv. Selbst kleine Bäche nutzt der Biber, um seine Dämme zu bauen. Diese Biberdämme, Biberburgen genannt, können erhebliche Schäden für die betroffenen Eigentümer bedeuten. Gerade in moorigen Gebieten wie am Chiemsee, der Eggstätter Seenplatte bis hinauf nach Pittenhart werden Drainagerohre benutzt, um die landwirtschaftlichen Flächen trocken zu halten. Weil das Wasser wegen den Biberburgen nicht mehr richtig abfließen kann, verstopfen diese Rohre.

Anfällig für

den Borkenkäfer

Andreas Feuerer erinnert sich an einen Zeitraum zwischen 2021 und Anfang 2022, in dem der Wasserstand eines Bachs wegen Biberdämmern sehr hoch war. Durch den Aufstau standen die Wurzeln vieler Bäume entlang des Wasserlaufs unter Wasser, was die Bäume wohl dauerhaft geschädigt und anfällig für Borkenkäfer machen würde. „In diesem Fall kann es schnell zu einer Schädlingsplage kommen, ausgehend von Biberaufstauungen”, sagt Feuerer. 

Die Entwässerungsdrainagen seien wichtig für die Landwirtschaft und Schäden daran sind nicht für Entschädigungen vorgesehen. „Kosten in Folge der verstopfen Rohre gehen schnell in die Tausende Euro“, sagt Feuerer. 

Andreas Feuerer muss schon seit Jahren Schäden durch Biber auf seinen landwirtschaftlichen Grundstücken in Pittenhart hinnehmen. Mehr als die Hälfte seiner Grünlandfläche ist vom Aufstau betroffen. Hier kommt das bayerische Bibermanagement zum Tragen. Das fußt auf vier Säulen. Beratung, Prävention, Schadenregulierung und Ausnahmegenehmigung zur Entnahme von Bibern.

Die Beratung, als erste Säule, unterliegt der unteren Naturschutzbehörde in den einzelnen Landkreisen. Dort ist unter anderem auch der landkreiseigene Biberberater tätig. Bei ihm sind Informationen rund um den Biber und auch Fördermöglichkeiten bei Schäden zu bekommen. Sieben ehrenamtliche Biberberater sind derzeit für das Landratsamt Traunstein tätig. „Ziel ist es, ein akzeptables Neben- beziehungsweise Miteinander von Mensch und Biber zu erreichen und Kompromisse zu schaffen” heißt es aus dem Landratsamt. 

Bei entstandenen Schäden durch Biber muss dieser bei der unteren Naturschutzbehörde gemeldet werden. Daraufhin begutachtet ein Biberberater den Schaden und wickelt in der Folge die Schadensregulierung ab. Dabei wird auch festgelegt, welcher Schaden in welchem Umfang kompensiert wird.

Das erfolgt „nach den aktuellen Richtlinien zum Bibermanagement und den Leitfäden zur Abwicklung von forstwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Schäden”, so das Landratsamt. 660000 Euro stellt der Freistaat jährlich für solche Schäden zur Verfügung. Anfang September sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, dass diese Ausgleichszahlungen entscheidend zur Akzeptanz des Bibers beitragen.

Da der Fond in den vergangenen Jahren nicht für alle gemeldeten Biberschäden in Bayern ausreichte, hat der Landkreis Traunstein im vergangenen Jahr beschlossen, die gekürzten Ausgleichszahlungen auf freiwilliger Basis aus dem Kreishaushalt zu decken und an die Betroffenen zu leisten.

Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, für Kleinschäden von Privatpersonen einen Pauschalbetrag von 50 Euro pro Schadensfall zu zahlen. Im Jahr 2022 erfolgten 27 Schadensregulierungen mit einer Entschädigungssumme von insgesamt 17522 Euro.

„Meiner Meinung nach wird der Schaden von seitens der Behörden ziemlich kleingerechnet. Wenn ein Schaden begutachtet wird, sind die zuständigen Personen meist eher zugunsten der Biber eingestellt” sagt Andreas Feuerer und ersucht nun auf politischer Ebene Hilfe. Er hat bereits mehrere Petitionen auf den Weg gebracht.

Zwei davon gingen an den Bayerischen Landtag. Dabei ging es auch um das Thema Entschädigungen. Grund waren Aussagen gegenüber Feuerer, dass nur Schäden für eine Entschädigung berücksichtigt werden könnten, die bereits eingetreten sind.

In einem Antwortschreiben von Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), das auch der OVB-Redaktion vorliegt, heißt es dann, dass grundsätzlich auch die in Zukunft zu erwartenden Schäden Grundlagen für Ausnahmen darstellen. Andreas Feuerer erklärt das mit einem Beispiel aus eigener Erfahrung. Für eine Baumaßnahme hatte er sich eine Ausgleichsfläche auf seinem Grund ausgesucht. Dieses Grundstück liegt an einem Bachlauf der wegen Biberbauten aufgestaut wurde. Dadurch sinkt der Wert als Ausgleichsfläche, „da geht es um die bayerische Kompensationsverordnung“, sagt Feuerer. „In der Folge muss ich mehr Fläche als Ausgleich verwenden. Das ist ein massiver Schaden.“ Eine weitere und aktuelle Petition wurde erst im Januar im Europaparlament in Brüssel diskutiert und an die entsprechenden Ausschüsse weitergegeben. 

„Ich erhoffe mir, dass der Schutzstatus gesenkt oder angepasst wird”, meint Feuerer. Der Schutzstatus des Bibers wurde 1992 durch eine FFH-Richtlinie eingeführt. Dieser gehöre neu bewertet. Damit mehr Biber entnommen werden können. „Sinnvoller wäre es auch, dass der Biber ins Jagdrecht aufgenommen wird. Damit würde sich ein Gleichgewicht einstellen.”

Auch bei Wild gilt nach dem ersten Artikel des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG) der Grundsatz „Wald vor Wild”. Dabei geht es in erster Linie um den Erhalt der Wälder, auch in Hinblick darauf, „die Schutzfähigkeit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Waldes dauerhaft zu sichern und zu stärken.”

Keine langfristige
Wirkung

Die Entnahme von Bibern und deren Lebensstätten ist gesetzlich geregelt und darf nur in Ausnahmefällen genehmigt werden. Im Landkreis Traunstein wurden nach Angaben des Landratsamtes in den vergangenen Jahren circa 50 Biber durch Ausnahmegenehmigungen entnommen.

„Das entspricht etwa sechs bis sieben Prozent des geschätzten Bestandes und liegt etwas unter der Reproduktionsrate der Tierart”, heißt es aus dem Landratsamt. Eine Entnahme habe aber in vielen Fällen keine langfristige Wirkung, da Biber sogenannte Revierverteidiger sind. Freiwerdende Reviere werden von zur Abwanderung gezwungenen Jungtieren meist schnell nachbesetzt.

Auch Traunsteins Landrat Siegfried Walch war im April 2022 der Meinung, dass der Biber wieder in das Jagdrecht aufgenommen werden sollte. Erst in dieser Woche wurde auch beim Deutschen Bundestag eine Petition ins Leben gerufen, damit der Schutzstatus für Biber aufgehoben werden soll.

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