Rosenheim/St. Anton am Arlberg – Wird das Verkehrschaos im Inntal diesen Sommer noch einmal heftiger als bisher an Tagen mit Blockabfertigung? Mehrere Monate lang sperrt die österreichische Infrastruktur-Gesellschaft Asfinag den Arlbergtunnel, den längsten Straßentunnel der Alpenrepublik. Grund dafür sind umfangreiche Sanierungsarbeiten. Eine der offiziellen Ausweichrouten führt über die A93 und A8 und damit mitten durch das bayerische Inntal und die Region Rosenheim.
Vorerst sechs
Monate Bauzeit
Fast 14 Kilometer liegen zwischen dem West- und dem Ostportal des Bauwerks. Damit ist der Arlberg-Straßentunnel der längste seiner Art in Österreich. Eine Fahrt mit dem Pkw kostet elf Euro. Doch ab Ende April bestimmen vor allem Bauarbeiter, Maschinen und schweres Gerät das Bild in der Röhre. Weil der Fahrbahnbelag noch aus den 1970er-Jahren stammt, lässt ihn die Asfinag erneuern. Eigentlich hätte die Maßnahme schon im vergangenen Jahr über die Bühne gehen und damit noch in ein von der Pandemie geprägtes Jahr fallen sollen.
Doch die Marktlage, Lieferschwierigkeiten bei Materialien sowie Personalmangel verzögerten das Projekt. Die Zeit wurde zu knapp. Im Winter muss der Tunnel durchgehend in Betrieb sein, damit tausende Skifahrer und Snowboarder an ihr Ziel kommen. Die Röhre ist Teil der Schnellstraße S16, also der Fortsetzung der Inntalautobahn A12 Richtung Westen, etliche Wintersportorte sind damit erreichbar.
Los geht es am 24. April, eine Woche nach Ende der bayerischen Osterferien. „Alternativlos“ nennen die Österreicher das Großprojekt. Die Sicherheitselektronik und die Entlüftung schalten Techniker während der Arbeiten aus. Rund fünf Monate lang darf kein Verkehr rollen. Das war zuletzt 2015 beziehungsweise 2017 der Fall. Zudem werden die Tunnelbeschichtung saniert und die Entwässerung verbessert. „Die Sanierung ist wesentlich und notwendig, damit wir im längsten Straßentunnel Österreichs die Verkehrssicherheit gewährleisten“, so Stefan Siegele, der Geschäftsführer der Asfinag-Alpenstraßen GmbH. Und es geht weiter: Weil die Sperrpause in diesem Jahr nicht ausreicht, setzen die beauftragten Unternehmen die Arbeiten im April 2024 fort. Nochmal sechs Monate kurven keine Fahrzeuge durch den Arlberg-tunnel. Kosten: 75 Millionen Euro.
Doch wo soll der Verkehr dann hin? Ein Teil davon wird während der Sperrung über den parallel verlaufenden, knapp 1800 Meter hohen Arlbergpass umgeleitet. Das bedeutet laut Asfinag mindestens 30 Minuten mehr Zeit, noch mehr Geduld und für jeden Autofahrer volle Konzentration. Zusätzlich stellt die Gesellschaft Mittel zur Verfügung, damit die Passstrecke als regionale Umleitung rechtzeitig „fit“ gemacht wird. So wird sogar in eine Fußgänger- und Radwegüberführung investiert, um direkte Wege für schwächere Verkehrsteilnehmer zu ermöglichen. Schwere Gespanne und Wohnmobile sind am Pass – zumindest am Wochenende – jedoch nicht erlaubt. Die Verantwortlichen befinden sich noch in der Abstimmung einer intensiven Informationskampagne. Fest steht aber bereits: Wer kann, sollte lieber auf die Bahn umsteigen oder eine großräumige Ausweichroute nutzen. „Diese führen etwa über Rosenheim und München, über Gotthard und San Bernardino (Schweiz) oder über den Fernpass, sofern die dort geltenden Verkehrsregelungen erfüllt werden“, so Alexander Holzedl, Asfinag-Sprecher für Tirol und Vorarlberg.
Klar ist, dass an Spitzentagen mehr als 20000 Pkw den Arlbergtunnel passieren. Wenn der zu ist, werden sich die Verkehrsströme in Tirol, Vorarlberg und Oberbayern völlig anders verteilen. Und: Lkw dürfen die Umleitungsstrecke über den Arlbergpass nur dann befahren, wenn ihre Ziele in der näheren Umgebung liegen.
Großräumige Ausweichrouten
Der überregionale Lkw-Verkehr muss daher ohnehin großräumig ausweichen. Darauf weist der ADAC schon jetzt hin. Was genau die Mega-Sperrungen für das ohnehin schwer belastete bayerische Inntal bedeuten, lässt sich zwar im Detail noch nicht vorhersagen. Es könnte jedenfalls eine neue Zerreißprobe werden.