Kolbermoor – Das hätte sich der 29-jährige Rosenheimer vermutlich nicht träumen lassen. Nachdem er im Herto-Park einen Audi mit Berliner Kennzeichen mit Absicht gerammt und den Vorfall bei der Polizei in Rosenheim angezeigt hat, ist er im Moment der einzige vermeintliche Täter. Gegen ihn wird wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und versuchter gefährlicher Körperverletzung ermittelt: Den Beweis liefert das Video, das er selbst gedreht, ins Netz gestellt und der Polizei übergeben hat.
Vorsätzlich anderes
Auto gerammt
Am Sonntag hatte der 29-Jährige gegen 14 Uhr im Herto-Park in Kolbermoor mit voller Wucht einen Audi gerammt, alles gefilmt und die Aufnahmen in seiner zweiten Muttersprache kommentiert. Dann wechselte er ins gebrochene Deutsch, um verständlich zu machen, dass er sich „von der Mafia bedroht“ fühle.
„Der Mann wurde 1996 in Rosenheim geboren und hat Wurzeln in Südosteuropa, vermutlich in den Balkanstaaten“, erklärt Johanna Heil von der Pressestelle der Polizeiinspektion Rosenheim. Ob er Serbisch, Bosnisch oder Albanisch gesprochen habe, werde sich im Laufe der Ermittlungen herausstellen.
Und die richten sich gegen den 29-jährigen Anzeigeerstatter selbst. Die Polizei vermutet, dass er das Video bewusst gedreht habe, um Beweismittel zu sammeln. „Der Treff im Herto-Park war nach Angaben des Rosenheimers vereinbart, da man sich angeblich aussprechen wollte“, gibt Heil die Darstellungen des Mannes wieder.
Demnach soll es sich um eine bereits länger andauernde private Fehde zwischen dem 29-jährigen Rosenheimer und den Fahrern des Berliner Audi handeln. Zu deren Identität und dem Grund der Streitigkeiten machte er keine Angaben. Diese sind nun Bestandteil der Ermittlungen.
Dann wird sich vermutlich auch herausstellen, welche Absicht der Fahrer mit dem Video verfolgte. Denn das ist aktuell das einzige Beweismittel, und dieses belastet ihn selbst. Das Video – durch die Windschutzscheibe gefilmt – dokumentiert, wie der Fahrer dem Berliner Audi folgt. Schließlich kommen beiden Autos zum Stehen. Aus dem Audi springen mehrere Personen und versuchen vergeblich, die Beifahrertür des filmenden Fahrzeugs zu öffnen. Darauf setzt der Wagen mit hohem Tempo zurück, fährt wieder vorwärts an und rammt anschließend den Audi in voller Absicht und mit Wucht.
„Das ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“, erklärt die Polizeikommissarin. Da sich am Fahrzeug zudem drei Männer aufhielten, werde gegen den Fahrer auch wegen versuchter schwerer Körperverletzung ermittelt. „Es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung“, betont Heil. Spekulationen, dass in der Region Bandenstrukturen aufgebaut würden oder bereits existierten, kann sie entkräften.
„Davon sind wir weit entfernt“, bestätigt auch Bernd Heller, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Bad Aibling. Zu deren Bereich gehört auch Kolbermoor. „Der Herto-Park wird an den Wochenenden und in den Abendstunden stärker bestreift“, erklärt Heller: „Dabei geht es um Autoposer, also junge Erwachsene, die ihre Autos zur Schau stellen und dabei mächtig übertreiben.“
Sie treffen sich vor allem am Herto-Park und an der Staatsstraße. Heulende Motoren störten die Ruhe. Überhöhte Geschwindigkeiten seien Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung. „Strafrechtlich relevant könnte aber auch der Hausfriedensbruch sein, da das in Privatbesitz befindliche Gelände des Herto-Parks zweckentfremdet wird“, so Heller.
Autoposerszene
hat sich „beruhigt“
„Vor zwei, drei Jahren hatten wir mit Autoposern wirklich arge Probleme“, informiert Thomas Rothmayr, Ordnungsamtschef der Stadt Kolbermoor. Das sei möglicherweise aber auch der Corona-Pandemie geschuldet gewesen, in der keinerlei Treffpunkte mehr geöffnet waren, man sich aber im eigenen Auto aufhalten durfte. Für die jungen Erwachsenen, so vermutet Rothmayer, sei das möglicherweise die einzige Chance gewesen, sich trotz aller Beschränkungen zu treffen. „Aktuell sind Autoposer in Kolbermoor kein Sicherheitsproblem mehr“, betont er. Er sei in regelmäßigem Kontakt mit der Herto-Gruppe. Von den Betreibern des Einkaufsparks gebe es keine Beschwerden, ebenso so wenig wie von der Bevölkerung. „Das hat die Polizei gut in den Griff bekommen.“