Rosenheim – „Mit neuen Heizungen muss die Wärmewende jetzt beginnen“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck anlässlich des Beschlusses der Bundesregierung, das Gebäudeenergiegesetz zu reformieren. Das Gesetz sieht vor, dass ab dem Jahr 2024 alle neuen Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Heizungen, die mit Öl oder Gas betrieben werden, dürfen dann nicht mehr neu verbaut werden. Zu den erneuerbaren Energien im Sinne der Heizung zählen Solarthermie, Holz, Biogas sowie sonstige Biomasse und Wärmepumpen.
Bundespläne stoßen
auf wenig Gegenliebe
Ein Plan der Bundesregierung, der in der heimischen Wirtschaft auf wenig Gegenliebe stößt. „Meine persönliche Meinung ist, dass wir in Deutschland komplett über das Ziel hinausschießen“, sagt Gerhard Hardrath, Obermeister der Innung Spengler-, Sanitär- und Heizungstechnik (SHK) in Rosenheim. „Wir opfern gerade unsere Wirtschaft – siehe Viessmann, die Deutschland den Rücken kehren – und wir meinen immer noch, wir leben auf der Insel der Glückseligen.“
Eine generelle Pflicht zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen sieht das Gesetz vorerst nicht vor. Zumindest solange sie einwandfrei funktionieren. Sollte die Heizung defekt und nicht mehr wirtschaftlich reparabel sein, muss sie durch eine klimafreundliche Variante ersetzt werden. Hier gelten aber Übergangsfristen.
Allerdings gibt es eine Obergrenze für alte Heizungen. Ab dem Jahr 2045 dürfen nach dem Willen der Gesetzgeber Heizungen nicht mehr mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas betrieben werden. „Die Doppelmoral dieser Regierung ist für mich hanebüchen. Wenn Sie zur Miete wohnen und irgendwann muss der Vermieter eine Heizung neu installieren, die zu 65 Prozent regenerativ ist, und statt 30000 muss er nun 100000 Euro investieren. Wer wird dann wohl zahlen?”, fragt Hardrath.
„Wir haben
schon viel erreicht”
Eventuelle Förderungen stehen mit dem Gesetzesentwurf noch nicht fest. Fachverbände wie der Deutsche Pelletfachverband oder die Waldbauernvereinigung würden laut Hardrath derzeit übergreifend gegen das Gesetz Sturm laufen. „Das Thema ist in keinster Weise ausgegoren. Wir haben eine grüne Ideologie und das ist absolut wichtig und richtig. Auch dass wir als Industrieland etwas für den Klimaschutz tun“, sagt Hardrath bestimmt. „Es wird aber gerade so getan, als ob wir alle die letzten 30 Jahre geschlafen hätten. Wir haben schon sehr viel gemacht. Und das ohne Druck.“
Dieser Meinung ist auch Josef Pflügl, Obermeister der SHK-Innung in Traunstein. Das neue Gesetz sei „höchst unsozial und in ganz vielen Fällen des Häuserbestandes sowie im Neubau nicht durchsetzbar.“ Pflügl hatte in einem Brandbrief an regionale und überregionale Politiker geschrieben, in dem er auf die schweren Folgen und Nachteile hingewiesen hat, die das Gesetz für das Handwerk und auch für Hauseigentümer habe, und wirft den Regierungsverantwortlichen daneben schwere Fehleinschätzungen in Sachen Klimaschutz vor.
Auch Bayern nicht mit
Gesetz einverstanden
Das neue Energiegebäudegesetz stößt, so wie es derzeit geplant ist, auch bei der bayerischen Staatsregierung auf scharfe Kritik. Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger bezeichnete das Gesetz als eigentumsfeindlich und sozial ungerecht. „Es setzt ideologisch einseitig auf die Wärmepumpe, ignoriert die Chancen von Wasserstoff und diskriminiert Brennholz“, so der Minister. „Viele werden sich den teuren Heizungstausch trotz der versprochenen Förderungen nicht leisten können.“
Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung sind insgesamt 13 Milliarden Euro als Förderung vorgesehen.
Umsetzung derzeit
quasi nicht möglich
„Die Pläne der Regierung sind einfach derzeit nicht umsetzbar. Sowohl von der Manpower her, als auch bei der Beschaffung“, sagt Hardrath. Alleine in diesem Jahr hat sein Betrieb so viele Ölheizungen ausgebaut wie in den 15 Jahren zuvor. Eine Umstellung dauert eben ihre Zeit, da ist er sich sicher.
Bis das Gesetz beschlossen ist und klar ist, wie hoch mögliche Förderungen ausfallen könnten, herrscht eine große Unsicherheit. „Vor fünf Jahren hätte ich jedem empfohlen ‚mach das so oder so‘. Aber heute? Wie sieht es mit den Förderungen aus? Kommt dieses Gesetz in dieser Form? Wo geht der politische Wille hin? Das ist alles eine große Glaskugel.“
Wolle man zum jetzigen Zeitpunkt eine neue Heizung, müsse man bis mindestens 2024 warten. Die Nachfrage ist derzeit zu hoch, so dass die Handwerkerschaft und die Industrie sie nur sehr schwer befriedigen können. „Ich sehe da keine Chance, dass das umsetzbar ist“, sagt Hardrath.