Yildirim entschuldigt sich für sein Video

von Redaktion

Der Imbissbesitzer aus Kolbermoor hat mit seinen Äußerungen zur Präsidentschaftswahl den Unmut vieler Türken auf sich gezogen. Das türkische Generalkonsulat äußert sich indes zu Gerüchten – und die Kripo ermittelt.

Kolbermoor/München – Zwei Arbeiter sitzen an den weißen zum Imbiss gehörenden Plastiktischen, während sich ein weiterer Kunde gerade von Mehmet Yildirim (44), Inhaber von „Rania Kebap“ im Kolbermoorer Netto-Markt an der Georg-Müller-Straße, einen Döner zubereiten lässt. Nichts deutet an diesem Montagmittag darauf hin, dass sich der 44-Jährige vor wenigen Tagen aufgrund eines Videos den Unmut Tausender Türken zugezogen hat. Es entwickelte sich ein heftiger Shitstorm, der mittlerweile sogar die Kriminalpolizei, Kommissariat Staatsschutz, beschäftigt.

Beleidigungen
und Obszönitäten

Kurz nach Bekanntwerden der Ergebnisse bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei hatte sich Yildirim, der seit 2014 in Deutschland lebt, per Video auf Social-Media-Kanälen darüber ausgelassen, wie Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan gerade in den Erdbebengebieten so viele Stimmen bekommen konnte, wo doch die Hilfe seitens des Staates seiner Meinung nach großteils ausgeblieben sei. Sein Video, in dem er auch eine mögliche Wahlmanipulation thematisierte, strotze dabei vor beleidigenden Ausdrücken, Schimpfwörtern und Obszönitäten.

In der Folge sah sich Yildirim nicht nur Tausenden Hasskommentaren auf seinen Social-Media-Kanälen und am Telefon ausgesetzt. Auch zahlreiche Morddrohungen waren darunter, weshalb der 44-Jährige die Polizei einschaltete.

„Morddrohungen gehen natürlich überhaupt nicht“, sagt Hava Gül (46), Busfahrerin aus Rosenheim, die Yildirim „seit 18 Jahren persönlich“ kennt. Sie hatte sich nach der ersten Berichterstattung an das OVB gewandt, um als Deutsche mit türkischen Wurzeln ihre Sicht der Dinge zu schildern. Die 46-Jährige findet, dass der 44-Jährige die heftigen Reaktionen seitens der türkischen Community zum Teil selbst heraufbeschworen hat. Gül: „Das war schon sehr beleidigend und hat viele Menschen, die beispielsweise bei den schweren Erdbeben Angehörige verloren haben, sehr verletzt.“ Yildirim sei zwar ein „wunderbarer Familienmensch“, habe aber ein großes Problem: „Er schießt bereits, bevor er die Zielscheibe sieht“, sagt Gül und meint damit, dass er oft Sätze raushaue, ohne im Vorfeld darüber nachzudenken.

Eine Behauptung, der Yildirim teilweise sogar zustimmt. Er sagt aber auch: „Dass die Menschen, die oftmals Hunger leiden müssen oder im Erdbebengebiet keine Hilfe bekommen haben, trotzdem Erdogan ihre Stimme geben, bleibt auch beim längeren Nachdenken für mich nicht nachvollziehbar.“ Dennoch hat er sich in weiteren Videos, die er jüngst veröffentlicht hat, die mittlerweile neben zahlreichen anderen Videos wieder gelöscht sind, für sein Schmäh-Video nach der Wahl entschuldigt. Vor allem wegen seiner Wortwahl. „Das war nicht in Ordnung“, gibt er sich selbstkritisch. „Ich wollte damit auf keinen Fall irgendwelche Menschen beleidigen und habe mich daher auch für das Video entschuldigt.“

Gerüchte über
einen Haftbefehl

Das Video schlug auch in türkischen Medien hohe Wellen. So war in der türkischen Tageszeitung Sabah zu lesen, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul gegen den 44-Jährigen wegen „Aufstachelung oder Beleidigung zu Hass und Feindseligkeit“ ermittle. Auch Gerüchte über einen Haftbefehl gegen Yildirim oder ein Einreiseverbot in die Türkei machten die Runde. Gerüchte, die das türkische Generalkonsulat in München nicht bestätigen konnte. Zu diesen Gerüchten lägen dem Konsulat „keine Informationen“ vor, so die schriftliche Antwort eines Sprechers der Auslandsvertretung.

Auch die Behauptung Yildirims, ein Mitarbeiter des Konsulats habe Kontakt mit dem Kolbermoorer aufgenommen und ihn gewarnt oder gar mit einer Verhaftung gedroht, dementierte das Konsulat. „Es gab keinen direkten Kontakt, weder telefonisch noch persönlich, zwischen Angestellten/Vertretern unseres Generalkonsulates und Herrn Yildirim“, teilte ein Sprecher gegenüber dem OVB mit. Grundsätzlich hätten alle türkischen Staatsbürger „das Recht, ihre Meinung über die sozialen Medien mitzuteilen“, kommentierte der Vertreter des Konsulats den Wirbel um das Video und fügte weiter an: „Ob das Thema eine rechtliche Dimension hat, liegt im Ermessen und der Einschätzung der Justizbehörden.“

Imbiss-Kunden
halten zu Yildirim

Mehmet Yildirim hofft, dass durch seine Entschuldigung wieder mehr Ruhe in sein Leben einkehrt. Denn aufgrund der Beleidigungen und Drohgebärden auf seinen Social-Media-Kanälen hat er nicht nur die Facebook-Seite seines Imbisses sperren müssen. Auch seine Mutter und seine Schwester, die beide in der Türkei leben, seien auf ihn angesprochen worden. Freunde hätten ihm zudem geraten, seinen Imbiss eine Zeit lang zuzusperren. Doch das will Yildirim auf keinen Fall tun, denn: „Meine Kunden, die sowieso hauptsächlich aus Deutschland kommen, halten zu mir.“

Die Ermittlungen

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