Traunstein/Traunreut – Für Schlagzeilen sorgte vor zwei Jahren eine groß angelegte Durchsuchungsaktion im Kampf gegen illegale Prostitution im Raum Traunstein/ Traunreut. Nun mussten sich in diesem Zusammenhang drei Beteiligte, alle aus einer Familie, wegen „Ausbeutung von Prostituierten“ vor dem Amtsgericht Traunstein mit Richterin Sandra Sauer verantworten. Geldstrafen von jeweils einigen Tausend Euro waren das Ergebnis. Die geständigen Angeklagten hatten gemeinsam eine Pension im Raum Traunreut betrieben und von Sexarbeiterinnen Wuchermieten verlangt.
Ermittlungen im
Rotlichtmilieu
Die Ermittlungsgruppe „Traun“ der Kripo Traunstein hatte vor der Durchsuchung bereits monatelang im Rotlichtmilieu Verdachtsmomente und Indizien gegen Frauen und deren Hintermänner, die illegal der Prostitution nachgehen beziehungsweise Frauen zur Ausübung der Prostitution zwingen, zusammengetragen.
Mehr als 80 Polizeibeamte verschiedener Dienststellen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, darunter Trostberg, Traunreut und Traunstein, der Operativen Ergänzungsdienste und der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben, aber auch Vertreter des Landratsamts Traunstein, der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft Traunstein waren beteiligt.
Zeitgleich tauchten sie am Abend in sieben Beherbergungsbetrieben und Privatwohnungen auf, in denen offensichtlich Frauen illegal der Prostitution nachgingen. Sieben rumänische Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, die ihre Dienste im Internet auf einschlägigen Seiten offeriert hatten, wurden vorläufig festgenommen, wie das Polizeipräsidium damals mitteilte.
Auf die Spur gekommen war man den Damen durch „Scheinfreier“, also Polizeibeamte, die vorgeblich Liebesdienste gebucht hatten. Besonders interessierten sich die Ermittler für etwaige Hintermänner, die die Frauen zu ihrer illegalen Tätigkeit gezwungen haben könnten. Wegen „Beihilfe“ wurden Verfahren gegen Betreiber von Beherbergungsbetrieben eingeleitet, die den Rumäninnen Zimmer für ihre Arbeit bereitgestellt hatten.
In das Visier geraten war unter anderem ein Hotel im Gebiet von Traunreut. Drei Angeklagte, ein 58 und 53 Jahre altes Ehepaar sowie ihr 27-jähriger Sohn, erhielten Strafbefehle in nicht bekannter Höhe, allerdings nicht wegen Beihilfetaten, sondern wegen extrem hoher Mieten für zwei Liebesdienerinnen. Inhaberin des Hotels war die 53-Jährige. Die Männer standen ihr zur Seite.
Die Sexarbeiterinnen mussten laut ihren Mietverträgen vom Februar 2021 für eine Wohnung mit 65 Quadratmetern 1000 Euro zahlen – pro Woche. Das lag gemäß Anklage von Oberstaatsanwalt Dr. Martin Freudling weit über den in Traunreut üblichen Mietpreisen.
1000 Euro Miete
pro Woche verlangt
Dadurch habe sich die ohnehin nicht rosige wirtschaftliche Lage der Rumäninnen noch wesentlich verschlechtert. Gegenstand der Anklage waren jeweils zwei Fälle der „Ausbeutung von Prostituierten“. Bei dem 58-Jährigen kam noch ein Waffendelikt hinzu, das das Gericht gestern auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Blick auf die anderen Taten einstellte.
Die Prozessbeteiligten baten um ein Rechtsgespräch zur Höhe der Strafen im Gegenzug für eine Beschränkung ihrer Rechtsmittel auf die Anzahl der Tagessätze. Die Höhe der Tagessätze aus den Strafbefehlen sei jedoch zutreffend, erklärten die Anwälte. Mit der von allen akzeptierten Beschränkung wurden gleichzeitig die Schuldsprüche rechtskräftig. Daraufhin entließ das Gericht alle neun geladenen Zeugen. Somit wurden aber auch keine weiteren Einzelheiten zu den Taten bekannt. Die Angeklagten selbst sagten nichts dazu.
Die drei Verteidiger und der Oberstaatsanwalt blieben in den Plädoyers in den vom Gericht vorgeschlagenen Strafspannen. Einigkeit herrschte bezüglich des Wertersatzes, also den einzuziehenden Gewinn aus den strafbaren Handlungen. Die drei Angeklagten müssen zusammen 10000 Euro zahlen. Das Gericht gewährte Ratenzahlung mit 200 Euro pro Monat. Wer für wie viel der 10000 Euro aufkommt, überließ die Vorsitzende der Familie.
Geständnisse
von hohem Wert
Richterin Sandra Sauer hob im Urteil den hohen Wert der Geständnisse heraus. Durch die nicht notwendige Anhörung der vielen Zeugen könnten die Tagessatzzahlen gesenkt werden. Gegen den 58-Jährigen verhängte das Amtsgericht 90 Tagessätze zu je 50 Euro, insgesamt 4500 Euro. Die Inhaberin der Pension erhielt 90 Tagessätze à 40 Euro, somit 3600 Euro. Der Junior bekam mit 60 Tagessätzen zu je 40 Euro eine Geldstrafe von 2400 Euro.