Prozess um Sterilisation junger Männer

von Redaktion

Ehepaar aus dem Landkreis vor Gericht

München/Rosenheim – Für die Sterilisation geistig behinderter Menschen gelten in Deutschland hohe gesetzliche Hürden. Wollte ein Elternpaar aus dem Landkreis Rosenheim diese beim Sohn illegal umgehen? In München hat gestern ein Prozess unter anderem gegen ein Ehepaar aus dem Landkreis Rosenheim begonnen.

Die 66-jährige Mutter sagte aus, ihr Sohn habe die Sterilisation gewollt. „Nein, Mama, das kann ich nicht. Ich habe genug mit mir selber zu tun“, habe er gesagt. „Ich kann nicht für ein Kind sorgen.“ Darum sei es in seinem Sinne gewesen, als sie einen Chirurgen aus Grünwald bei München bat, ihrem heute 31 Jahre alten, geistig behinderten Sohn 2016 bei einer Leistenoperation auch gleich den Samenleiter durchzuschneiden. Seitdem ist der junge Mann zeugungsunfähig.

Dass dazu eine gerichtliche Genehmigung nötig ist, habe sie nicht gewusst, sagte die Frau bei der Verhandlung. Sie habe gedacht, es reiche, wenn sie und ihr Mann als Betreuer ihres Sohnes die Einwilligungserklärung unterschreiben. Und dass dann strafrechtliche Vorwürfe gegen das Ehepaar erhoben wurden, das habe sie geschockt: „Ich war wie vom Blitz getroffen, denn ich war mir keiner Schuld bewusst.“

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 66-Jährige und ihr Ehemann gesetzliche Hürden bei der Sterilisation ihres geistig behinderten Sohnes ganz gezielt umgehen wollten. Laut Anklage informierte die Ehefrau sich sogar vorher noch beim zuständigen Amtsgericht über die rechtliche Lage. Das Gespräch sei aber „diffus“ gewesen und „nicht sehr erhellend“, sagte die Frau vor Gericht.

Die Eltern stehen nun wegen Anstiftung zur schweren Körperverletzung vor dem Landgericht München I. Auch der Arzt, der „den Schnipp“ durchführte, wie der 31-jährige Patient nach Angaben seiner Mutter die Sterilisation genannt habe, steht vor Gericht. Der 53 Jahre alte Chirurg ist wegen schwerer Körperverletzung angeklagt – und zwar in zwei Fällen. Denn er soll laut Anklage auch einen damals 17-Jährigen bei einer Leisten-OP sterilisiert haben.

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