Gewittersturm um Mitternacht

von Redaktion

Schwere Gewitter haben in der Nacht auf Mittwoch, 12. Juli, für Chaos in der Region gesorgt. Feuerwehren und Rettungskräfte waren seit Mitternacht im Dauereinsatz. Die erste Bilanz: keine Verletzten, aber hohe Sachschäden.

Rosenheim – Umgestürzte Bäume, schwer beschädigte Autos und Stromausfälle – das Unwetter in der Nacht auf Mittwoch, 12. Juli, hat in der Region eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. „Zum Glück kamen keine Menschen zu Schaden”, sagt Richard Schrank, Kreisbrandrat für Rosenheim. Die Schäden werden sich aber dennoch in den Hunderttausenden bis Millionen bewegen, sagt Schrank.

Rund 600 Einsätze im Landkreis Rosenheim

Vor allem Autos seien durch herabfallende Äste beschädigt worden. Hinzu kämen jede Menge umgestürzte und entwurzelte Bäume. Im Bereich Prien und Bernau seien zudem Bauzäune umgefallen, in Bad Aibling wurden mehrere Häuser wegen abgedeckter Dächer beschädigt. „In der Nacht wurden im Landkreis Rosenheim rund 600 Einsätze gefahren”, berichtet Schrank. Noch am Vormittag hätten weitere Einsätze durchgeführt und Nacharbeiten erledigt werden müssen. „Der Schwerpunkt war aber gegen 5 Uhr abgearbeitet.” Die genauen Schäden könnten Schrank zufolge aber erst in ein paar Tagen komplett erfasst sein.

Allerdings kam es nicht nur zu massiven Schäden, sondern auch zu Stromausfällen, die noch bis in den Vormittag hinein Tausende Haushalte im Dunkeln sitzen ließen. Betroffen war davon hauptsächlich das Netz der Bayernwerk Netz GmbH. Die Wiederversorgung der Haushalte gehe aber zügig voran, teilte ein Sprecher mit. Blitzeinschläge in mehreren Umspannwerken hatten das Netz zusammenbrechen lassen. Diese konnten aber mittlerweile wieder ans Netz genommen werden. Betroffen von den Stromausfällen war auch das OVB Druckzentrum in der Aisinger Wies. Die Druckmaschinen waren ausgefallen, was dazu führte, dass das Oberbayerische Volksblatt, der Mangfall-Bote und die Chiemgau-Zeitung nicht gedruckt und ausgeliefert werden konnten. Die wichtigsten Nachrichten werden in diesen drei Ausgaben heute, Donnerstag, nachgeliefert.

Besonders heftig schlug das Unwetter im Chiemgau zu. Von Aschau über das nordöstliche Chiemseeufer bis zum Waginger See wurden Stromausfälle gemeldet. Ebenso die Gemeinden Rohrdorf, Riedering und Vogtareuth waren betroffen. Dort sei auch die Klinik betroffen gewesen. Nach Informationen von rosenheim24 konnte der Betrieb allerdings mithilfe von Notstromaggregaten reibungslos am Laufen gehalten werden.

Auch wer mit dem Zug unterwegs war, musste am gestrigen Mittwoch etwas mehr Zeit einplanen. Noch am Vormittag war das Chaos bei der Bayerischen Regiobahn (BRB) groß. Es sei zu Zugausfällen infolge des Unwetters gekommen. Die Lage „ändere sich jedoch alle zehn Minuten”, teilte eine Pressesprecherin der BRB gegen Mittag mit. Im Bereich der Südostbayernbahn hatte sich die Lage zu diesem Zeitpunkt bereits wieder beruhigt. „Nur auf der Strecke Garching-Freilassing kommt es noch zu Einschränkungen”, sagte Bahn-Sprecherin Kathrin Kratzer dem OVB.

250-mal hat das Unwetter die freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Traunstein auf den Plan gerufen. So der aktuelle Stand (Mittwoch, 12. Juli, 14 Uhr) laut Hubert Hobmaier, Fach-Kreisbrandmeister und Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbands Traunstein. Dabei seien von den 80 Feuerwehren im Landkreis rund die Hälfte im Einsatz gewesen. Wie Christof Grundner, Kreisbrandrat für Traunstein, berichtet, sei der erste Alarm gegen 0.35 Uhr eingegangen. Dabei handelte es sich um einen umgestürzten Baum in Übersee, der die Fahrbahn blockierte. Im weiteren Verlauf der Nacht wurden einige Brandmeldeanlagen durch den Wind ausgelöst. „Das ist aber nichts Ungewöhnliches“, so Grundner, das passiere zum Beispiel durch aufgewirbelten Staub. Die Feuerwehren im Landkreis Traunstein hatten es dann auch noch mit einer Suchaktion in Seebruck zu tun. Dort wurde eine Stand-Up-Paddlerin als vermisst gemeldet. Hier gab es aber ein Happy End, denn die Vermisste konnte kurze Zeit später aufgefunden werden. Dass das Unwetter in der Nacht auf Mittwoch, 12. Juli, zu den stärkeren in diesem Jahr zählte, bestätigt Reik Schaab, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst. Es sei eine „massiv ausgeprägte“ Gewitterzelle gewesen, die aus westlicher Richtung nach Bayern gezogen ist. Die ungünstige Konstellation sei entstanden, da sich „über Frankreich gleich mehrere Gewitter auf ein Date verabredet haben“, erklärt Schaab. Vor allem die starken Windböen seien dabei auffällig gewesen, die vielerorts „vor der eigentlichen Zelle heranrollten.“ Dem Meteorologen zufolge wurden die Spitzengeschwindigkeiten in Chieming mit 120, in Frasdorf mit 113 und in Vogtareuth mit 97 Kilometer pro Stunde gemessen. „So starke Böen während eines Gewitters entstehen dann, wenn die Luft in der Atmosphäre sehr trocken ist“, sagt Schaab.

Nichts an
Kraft verloren

Allerdings sei es eher ungewöhnlich, dass es zu solchen Unwettern in der Nacht kommt. „Gewitter brauchen Energie in Form von Sonneneinstrahlung“, sagt der Meteorologe. Deshalb sei man beim Deutschen Wetterdienst zunächst auch davon ausgegangen, dass sich das Gewitter auf seinem Weg über Bayern „totläuft“ und schwächer wird. „Es hatte aber so viel Energie, dass es einfach weitergezogen ist“, berichtet Schaab. Das habe auch die Vorwarnungen schwierig gemacht. Schaab vergleicht die Prognose mit einem kochenden Wassertopf. „Man weiß, dass es irgendwann kocht und die Blasen hochsteigen, aber nicht genau an welcher Stelle im Topf.“

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