Maitenbeth – Pfarrer Ludwig Axenböck soll während seiner Amtszeit in Maitenbeth zwischen 1949 und 1972 mindestens zwei Kinder missbraucht haben. Das hat die Erzdiözese München und Freising öffentlich erklärt. Diese Nachricht macht auch die Menschen im Ort betroffen. Lorenz Richterstetter, Maitenbether und freier Mitarbeiter der OVB-Heimatzeitungen, ist 1953 geboren und kannte Axenböck aus seiner damaligen Grundschulzeit.
Dass es damals Übergriffe gegeben habe, davon habe Richterstetter nichts gewusst, sagt er. „Als Pfarrer war Axenböck dafür bekannt, die Kinder hart zu bestrafen. Er hat uns an der Schläfe an den Haaren gepackt und hochgerissen. Das weiß ich noch gut“, berichtet der 70-Jährige. „Ich hatte schon den Eindruck, dass er uns gerne gequält hat. Wir hatten einen Heidenrespekt vor ihm.“
Angelika Deuflhart-Schreck war jahrelang in der Pfarrgemeinde Maitenbeth ehrenamtlich tätig und hat in der eigenen Familie einen Missbrauchsvorfall erleben müssen. „Ich bin hin- und hergerissen von dem, was da gerade zum Thema Missbrauch in Maitenbeth passiert. Ich kann nicht beurteilen, ob alle Missbrauchsopfer auch wirklich wollen, dass das Ganze so öffentlich behandelt wird. Einigen wird es sicherlich helfen, das Erlebte zu bewältigen, anderen wird es wahrscheinlich lieber sein, mit dem Ganzen nicht mehr konfrontiert zu werden. Sie haben damit abgeschlossen“, sagt Deuflhart-Schreck. Was sie nicht versteht, ist die Vorgehensweise der Erzdiözese. „Ich hätte mir vorgestellt, dass sich jemand von der Erzdiözese in der Kirche hinstellt und darüber berichtet, man aber nicht einen Pfarrgemeinderatsvorsitzenden vorschiebt, um das Ganze verlesen zu lassen“, beanstandet sie.
„Pfarrer Axenböck wird sicherlich auch seine guten Seiten gehabt und einiges für die Gemeinde und die Pfarrei geleistet haben, aber er hat sich dadurch eine Machtposition aufgebaut und diese Machtposition aufs Gröbste missbraucht“, so Deuflhart-Schreck.
„Die Kirche macht so viel Gutes, das durch diesen Missbrauchsvorfall aber völlig in den Hintergrund gerückt wird.“
Ein weiteres Paar aus Maitenbeth, das nicht namentlich genannt werden will, findet, dass die Erzdiözese mit dieser Stellungnahme einen ersten, wichtigen Schritt getan hat. „Die, die jetzt Verantwortung übernehmen, können das Geschehene nicht rückgängig machen. Eine Entschuldigung anzubieten, scheint zunächst die einzige Möglichkeit zu sein, den Betroffenen und der Bevölkerung das Signal zu geben: Wir wissen und wir werden reagieren.“
Einen Brief auszuhängen oder verlesen zu lassen scheine zunächst ein etwas magerer Ansatz zu sein. „Aber“, so die beiden, „was soll die Erzdiözese machen? Möglicherweise haben namentlich Bekannte ein gesondertes Schreiben bekommen. Wichtig ist aus unserer Sicht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um künftig Missbrauch zu vermeiden und dieses Vorhaben glaubwürdig zu vermitteln“, so die beiden Maitenbether.
Das Paar fragt sich, was die nächsten Schritte der Kirche sein werden. „Sollte die Kirche sich entscheiden, die Betroffenen mit finanziellen Mitteln zu entschädigen, und dafür Steuergelder einsetzen, wird der Ärger bei den Gläubigen nur größer“, glauben die beiden. Das werde die Flucht aus der Kirche forcieren.
Bürgermeister Thomas Stark hat von den Missbrauchsfällen zum ersten Mal vor einigen Wochen durch ein Schreiben des derzeitigen Pfarrers Marek Kalinka erfahren, der dieses nach dem Gottesdienst verlesen hatte. Der Name Axenböck sei danach im Raum gestanden, bestätigt habe dies jedoch erst das Schreiben des Generalvikars von vergangener Woche, erklärt Stark. „Diese Nachrichten lösen bei mir tiefe Betroffenheit und ein herzliches Mitgefühl mit den Opfern aus, auch wenn letztendlich klar ist, dass man das Leid nicht nachvollziehen kann“, so der Bürgermeister.
Lorenz Richterstetter
und Anja Leitner