Rosenheim/Traunstein/Mühldorf – Wie bereit sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, den Bürgern Rede und Antwort zu stehen? Auf der Internetplattform abgeordnetenwatch.de kann jeder Bürger den Politikern Fragen stellen. Einmal im Jahr vergibt die Plattform eine Art Zeugnis, in dem das Antwortverhalten bewertet wird. Wie sehr die Politiker auf diese Fragen auch antworten, unterscheidet sich teilweise drastisch. Bei einer Quote von bis zu 90 Prozent beantworteter Fragen gibt es die Note „hervorragend“. Bei bis zu 80 Prozent ist das Verhalten „vorbildlich“, bei bis zu 50 Prozent gilt der Abgeordnete als „engagiert“. Darunter wird keine Auszeichnung vergeben.
Zwei Abgeordnete in
bayerischen Top Ten
Das Ergebnis überrascht. 67 der 117 bayerischen Abgeordneten, und damit mehr als die Hälfte, erhielten die Auszeichnung „hervorragend“. Das weitere Ranking ergibt sich aus der Anzahl der Antworten.
So findet sich Daniela Ludwig (CSU), Bundestagsabgeordnete aus Rosenheim, auf Platz Nummer 6 wieder. Sie hat alle 41 gestellten Fragen auch beantwortet und erreichte damit 100 Prozent. „Mir ist es wichtig, dass ich als Abgeordnete gut erreichbar bin“, sagt Ludwig auf OVB-Anfrage. „Ich biete denjenigen, die Fragen oder Sorgen haben, dabei gern auf unterschiedlichsten Kanälen den Draht zu mir an.“ Es sei auch ihr Job, sich den Bürgeranliegen anzunehmen. Eine Antwort auf abgeordnetenwatch sei allerdings nur die Spitze des Eisbergs dessen, was sie täglich an Anfragen erreiche.
Einen Platz hinter Daniela Ludwig findet sich Ates Gürpinar (Die Linke), auch aus Rosenheim, wieder. Er hat alle 37 an ihn gerichteten Anliegen beantwortet. Für ihn ist das niederschwellige Angebot der Plattform eine gute Art und Weise, um mit den Bürgern in Kontakt zu treten. „In Verbindung mit der Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens lässt sich auch recht einfach nachvollziehen, ob das Abstimmungsverhalten einzelner Abgeordneter zu dem passt, was sie öffentlich von sich geben – diese Kontrollfunktion begrüße ich“, sagt Gürpinar.
Insgesamt viermal
„hervorragend“
Ebenfalls mit der Auszeichnung „hervorragend“ prämiert wurden Bärbel Kofler (SPD) aus dem Wahlkreis Traunstein und Berchtesgadener Land auf Platz elf mit 27 Fragen und Antworten sowie Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) aus dem Wahlkreis Altötting und Mühldorf. Sie hatte auf alle elf ihr gestellten Fragen reagiert, was ihr Platz 36 einbrachte.
Stephan Mayer (CSU), ebenfalls für Altötting und Mühldorf im Bundestag, ist auf Platz 88 gelandet. Ihm wurden 13 Fragen gestellt, sieben davon hat er behandelt. Eine Quote von 54 Prozent, was ihm die Auszeichnung „engagiert” eingebracht hat.
Andere Abgeordnete scheinen die Plattform zu ignorieren. Das schlägt sich dann auch auf die Bewertung von abgeordnetenwatch nieder. So findet sich beispielsweise Peter Ramsauer (CSU), Bundestagsabgeordneter für Traunstein und das Berchtesgadener Land, auf Platz 114 von 117 bayerischen Abgeordneten. 16 Fragen wurden ihm auf der Plattform gestellt, beantwortet wurde keine einzige. Er teilt sich den Platz und die Bewertung mit dem früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer aus Passau.
Plattform ersetzt nicht
persönliches Gespräch
So beliebt die Plattform abgeordnetenwatch mittlerweile auch ist, läuft der Großteil der Kommunikation zwischen Bürgern und Abgeordneten nach wie vor hauptsächlich über Telefon, E-Mail oder das persönliche Gespräch, wie Daniela Ludwig sagt. Auch Ates Gürpinar ist der Meinung, dass es den direkten Kontakt nicht ersetzen kann. „Abgeordnetenwatch leistet einen enorm wichtigen Beitrag zur Transparenz im politischen Betrieb”, sagt Gürpinar. Viele Bürger würden den Kontakt zu den Politikern vermissen. Sie fühlten sich nicht verstanden. „Mit abgeordnetenwatch steht ein Werkzeug zur Verfügung, das die Abgeordneten mit den Menschen im Land direkt verbindet.”
Insgesamt wurden den 736 Abgeordneten des Bundestags seit Beginn der Legislaturperiode 2021 mehr als 22500 Fragen gestellt, knapp 17000 davon wurden behandelt. Die Abgeordneten haben die gesamte Legislaturperiode über Zeit, um zu antworten.