„Die Leute sind für Hilfe dankbar“

von Redaktion

Auf der Autobahn unterwegs mit den ADAC-Stauberatern

Rosenheim – Überall im Auto liegen Warnwesten, Werkzeug und Warnleuchten. Auf der linken Seite fahren Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit vorbei. Dennoch ist der Verkehr auf der A8 ruhig an diesem Samstagvormittag. Doch dann werden die vorausfahrenden Autos plötzlich langsamer. Der Verkehr beginnt zu stocken. Reinhold Gallner schaltet die Warnblinkanlage und das orange Blinklicht auf dem Dach des Autos ein. Sofort überprüft Martin Kowalski auf dem Beifahrersitz die aktuellen Unfallmeldungen. „Passiert ist nichts“, sagt Kowalski, Stauberater beim ADAC. Gemeinsam mit Gallner ist er an Wochenenden auf den Autobahnen der Region unterwegs – immer auf der Jagd nach Staus.

In ganz Südbayern
im Einsatz

Für die beiden ehemaligen Straßenwachtfahrer – das sind ausgebildete Kfz-Techniker, die Fahrzeuge bei Pannen, so gut es geht, wiederherstellen – beginnt der Dienst an diesem Samstag um 8 Uhr. Wie an jedem Morgen gibt Martin Kowalski dem Radiosender „TopFM“ erstmal eine Einschätzung zur erwarteten Verkehrslage. „Heute scheint es ein ruhiger Tag zu werden“, sagt Kowalski. Und das, obwohl in Bayern Sommerferien sind.

Dann geht es auf die Autobahn in Richtung Inntaldreieck. Mit dabei ist jetzt auch Toni Vogel, der mit dem Motorrad hinterherfährt. Kowalski erklärt, dass in jeder Schicht der Stauberater auch fünf Motorräder in Südbayern unterwegs sind. Die Fahrer seien in den Abschnitten Ingolstadt bis München Süd, der Ostumfahrung München, München Süd bis Irschenberg sowie vom Irschenberg bis zur Landesgrenze bei Salzburg und dem Inntal bis zur Landesgrenze bei Kufstein zuständig.

Die „Einsatzzentrale“ wäre aber immer im Auto, sagt Kowalski. Von dort könnten er und Gallner alle Motorradfahrer koordinieren und die Verkehrssituation im Blick behalten. Zudem haben sie regelmäßig Kontakt zu einem Flugzeugpiloten, der die Autobahnen von oben beobachtet und mögliche Staus und Pannen schneller melden kann.

Doch nicht nur die Suche nach den Staus gehört zu den Aufgaben der Stauberater. „Wir verteilen auch manchmal Getränke an die Wartenden“, sagt Kowalski. Sogar Stifte und Malbücher für Kinder haben die beiden dabei. Ist gerade mal kein Stau oder eine Panne, fahren sie auf Parkplätze wie zum Beispiel am Seehamer See und stellen sich für Fragen zur Verfügung.

Plötzlich klingelt das Telefon von Kowalski. Motorradfahrer Toni Vogel meldet in der Nähe von Frasdorf einen liegengebliebenen Wohnwagen. Mit hohem Tempo geht es über den Irschenberg zurück. Bereits einige Kilometer vor der Stelle staut sich der Verkehr. Gallner schaltet die Warnleuchte ein und macht eine Rettungsgasse vor. Wenig später fahren durch diese bereits Polizei und Abschleppwagen in Richtung der Pannenstelle. Damit ist der Einsatz von Kowalski und Gallner dort beendet.

Es geht zurück in Richtung Inntaldreieck. Auch dort staut es sich etwas. Der Stau löst sich allerdings gleich wieder auf. „Das kann passieren, wenn einer stärker abbremst und die nachfolgenden Autos auch alle bremsen müssen“, erklärt Kowalski. Einen wirklichen Grund gebe es dafür nicht immer. „Das nennen wir dann einen Geisterstau.“

Oftmals gibt es aber eindeutige Auslöser für Staus. So wie vor zwei Wochen in der Nähe von München. Dort hatte ein Wohnanhänger einen Reifen verloren. Die Stauberater zogen das Fahrzeug bei Ottobrunn von der Autobahn. Insgesamt musste die Autobahn aber für sechs Stunden von der Polizei gesichert werden. Anschließend gab Martin Kowalski den Liegengebliebenen noch Übernachtungstipps. „Man ist erst zufrieden, wenn es bei den Leuten wieder passt und sie versorgt sind“, sagt er.

Kowalski sei bereits seit 1985 als Stauberater tätig. Der Dienst findet nur an den Wochenenden und manchmal an Feiertagen statt. Jeder der Stauberater erhalte eine Aufwandsentschädigung. „Mir macht die Arbeit total Spaß, vor allem die Hilfe für andere“, sagt der Stauberater. Und dabei habe er auch einen wichtigen Ratschlag, für den Fall, wenn man einmal liegenbleibt: „Meist gibt es jeden halben Kilometer auf der Autobahn kleine Tafeln mit der Kilometeranzahl. Gibt man die am Telefon an und sagt dazu, aus welcher Richtung man kommt und wohin man will, kommen wir schnell zur Hilfe.“

Zeitpuffer
einplanen

Tipps für den Stau hat auch Bernd Emmrich, Einsatzleiter der Stauberater in Südbayern. „Immer Getränke mitnehmen und Zeitpuffer einbauen ist wichtig“, sagt er. Die schlechteste Zeit, um auf der Autobahn zu fahren oder in den Urlaub aufzubrechen, sei Freitag- und Samstagnachmittag sowie sonntags. Lieber sollten die Reisenden Randzeiten nutzen – also früh oder nachts fahren.

Vor allem, da es in der Region einige besonders staugefährdete Autobahnabschnitte gibt: der Irschenberg und Weyarn, das Inntaldreieck und der Abschnitt Chiemsee mit dem Bernauer Berg. Letzterer sei besonders aufgrund des fehlenden Pannenstreifens immer wieder schwierig, sagt Einsatzleiter Emmrich.

Und wenn doch mal etwas passiert, gilt vor allem eines: „Ruhe bewahren, denn alles andere bringt sowieso nichts.“ Eine Panne oder ein Stau seien nicht alltäglich. „Manche sind da völlig aufgeschmissen“, sagt Emmrich. Wenn die Stauberater dann aber die Betroffenen versorgen, sie beraten und Auskunft geben, nähmen die meisten das sehr gut an. „Deshalb mache ich diesen Job“, sagt der Stauberater. „Denn die Leute sind für die Hilfe dankbar.“

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