God happens!

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Als Dorothee Sölle 1960 den jüdischen Philosophen Martin Buber in Israel besuchte, stellte sie sich ihm als „Theologin“ vor. Sie erzählte später, dass Martin Buber erst einmal lange schwieg und dann die Frage stellte: „Sie haben also Theologie studiert? Wie geht denn das?“ Diese Reaktion war für die junge Dorothee Sölle damals eine spirituelle Offenbarung und ist es für mich bis heute. So verstanden ist Gott nicht Gegenstand einer Wissenschaft. Er lässt sich nicht in ein Lehrgebäude dogmatisch richtiger Sätze einsperren, sondern lebt aus der Beziehung. Die Bibel ist geradezu ein Schatz von Erzählungen, wie Menschen im Lauf der Geschichte Gott erfahren haben. Es geht nicht darum, Gott beweisen zu wollen, sondern, um es in der Sprache junger Menschen zu sagen: „God happens!“. Das heißt: Gott ereignet sich! Auch heute noch, jeden Tag! Martin Buber hat das mit einfachen Worten sagen können: „Der Glaube beginnt mit einem Herzen, das voll Sehnsucht ist. Gott brauchen, ist keine Einbahnstraße. Du brauchst Gott, um zu sein. Und Gott braucht dich eben zu dem, was der Sinn deines Lebens ist.“ Unser Gottesbild bleibt damit wie die Geschichte der Menschen immer in Bewegung. Als „studierte Theologin“ kann ich zum Verständnis biblischer Texte beitragen und Zusammenhänge erschließen, „weiß“ aber von Gott nicht mehr als andere. Einen Hinweis gibt mir zumindest der Johannesbrief: „Wer nicht liebt, hat von Gott nichts verstanden, denn Gott ist die Liebe.“ Das macht demütig und das würde ich mir auch von manchen strengen Glaubenshütern wünschen.

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