Rosenheim – Mitte August ist in Bayern das Güterichtermodell am Amtsgericht flächendeckend eingeführt worden. Aus zunächst zwei Güterichtern wurden mittlerweile fünf Richter, die in Rosenheim in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten interessengerechte Lösungen vermitteln.
Als die ersten zwei Güterichter Ende 2013 ihre Tätigkeit aufnahmen, war das Güterichterverfahren am Amtsgericht noch Neuland. Die Richter Gisbert Teubner und Marco Bühl hatten es daher bis Ende 2014 nur mit elf Verfahren zu tun. „Offensichtlich waren wir dabei aber erfolgreich und es ist uns gelungen, Werbung für das Güterichtermodell zu machen“, so Richter Teubner.
Denn bis Ende 2022 waren bei den mittlerweile fünf Rosenheimer Güterichtern 194 Verfahren anhängig. In 102 Verfahren gelang eine Einigung. Weitere 38 Verfahren wurden miterledigt, ohne dass diese überhaupt an einen Güterichter verwiesen wurden.
Besonders häufig entschieden sich die Beteiligten demnach in Nachbarschaftssachen, in Familiensachen und in Streitigkeiten innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft für den Gang zum Güterichter. Geeignet sind aber letztlich alle Streitigkeiten, in denen die Beteiligten über den Streit hinaus miteinander verbunden sind und gemeinsam eine einvernehmliche Lösung für die Zukunft erzielen wollen.
Anders als in normalen Gerichtsverfahren geht es beim Güterichter nicht darum, Ansprüche zu beweisen. Stattdessen wird in einem ersten Schritt herausgearbeitet, welche Probleme die Beteiligten miteinander haben, also „wo sie der Schuh drückt“ und welche Aspekte bei der Lösung dieser Themen für jeden Beteiligten wichtig sind.
Ausgehend von diesen Interessen werden dann Auswegsmöglichkeiten erarbeitet und davon diejenige ausgewählt, die den wechselseitigen Interessen bestmöglich entspricht. Dabei ist das gesamte Verfahren freiwillig und vertraulich. Alle Beteiligten können es jederzeit beenden. Das Ausgangsverfahren wird dann beim Streitrichter fortgesetzt. Wenn eine Einigung zustande kommt, ist diese für die Beteiligten aber genauso bindend, wie jeder andere gerichtliche Vergleich.
„Die Suche nach solchen Lösungen ist natürlich zeitaufwendig“, erklärt Richter Marco Bühl. „Aber wenn es gelingt, eine solche Lösung zu vermitteln, dann hat sich die Arbeit für alle Beteiligten gelohnt.“ Und selbst wenn das Güterichterverfahren scheitert, kommt es in vielen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt doch noch zu einem Vergleich.