Gesundheitsminister Klaus Holetschek (Mitte) nahm an der Diskussion in Flintsbach teil, zu der Elmar Stegmeier, Vorsitzender des Gesundheits- und Pflegepolitischen CSU-Arbeitskreises, und seine Stellvertreterin Eva Faltner eingeladen hatten. Foto Steffenhagen
Flintsbach/Rosenheim – Der Kreisverband des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA) hatte kürzlich zu einer Diskussionsveranstaltung geladen. Im Flintsbacher Mehrgenerationenhaus tauschte sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek mit Führungskräften aus dem Pflegebereich aus. Es ging um die Herausforderungen der ambulanten Pflege. GPA-Vorsitzender Elmar Stegmeier und seine Stellvertreterin Eva Faltner moderierten die Veranstaltung.
Mehr Plätze in
Kurzzeitpflege nötig
Fachkräftemangel, finanzielle Engpässe und ein überlastetes System sind nur einige der Probleme, mit der die Pflege zu kämpfen hat. Diskutiert wurde die Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung des Landkreises Rosenheim mit den besorgniserregenden Zahlen für den künftigen Pflegebedarf. „Ich glaube, dass die Pflege zur Schicksalsfrage der Generationen wird“, sagte der Minister in diesem Zusammenhang. Vor allem gelte es, den Fachkräftemangel zu beseitigen, das Gehalt in der Pflege anzupassen, bezahlbaren Wohnraum für Mitarbeiter zu schaffen und pflegende Angehörige zu unterstützen.
Laut dem Statistischen Bundesamt werden etwa 80 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause betreut. Dies übernehmen oft Angehörige, unterstützt von ambulanten Pflegediensten. „Dazu gibt es in Bayern rund 1000 Kurzzeitpflegeplätze. Wir brauchen aber mehr“, sagte Holetschek.
Das Programm „Pflege im sozialen Nahraum“ (PflegesoNah) fördert dies. Der Freistaat unterstützt seit 2020 ein Programm für ambulant betreute Wohngemeinschaften mit rund 4000 Pflegeplätzen mit knapp 200 Millionen Euro. Es gelte „ambulant vor stationär“, so der Minister. Kurzzeitpflege-Angebote, Tagespflege und der ambulanten Dienste seien auszubauen. Doch den Ausbau behindern hohe Auflagen, steigende Energiepreise, Fachkräftemangel und Kostensteigerungen.
Mehrfach betonte das Publikum den hohen bürokratischen Aufwand. Den verursachen nicht nur Gesetze, sondern auch eine Misstrauenskultur. Eine neue Kultur der Übernahme von Verantwortung sei zu etablieren. Gesetze seien umzusetzen, Ermessen auszuüben und rechtliche Bestimmungen anzuwenden, so der Minister. „Wie können wir Maß und Mitte in der Gesellschaft wiederfinden, damit die Hand am Kugelschreiber nicht entscheidend ist, sondern die Hand am Menschen wieder in den Mittelpunkt rückt?“, fragte er.
Zuständigkeit auf
Kommunen verlagern
Der „Drehtüreffekt“ fordert heraus: Ist häusliche Versorgung nicht gewährleistet, werden Pflegebedürftige wieder ins Krankenhaus eingewiesen. Der GPA-Kreisverband forderte sektorenübergreifendes Denken für nahtlose Übergänge zwischen Pflegebereichen.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung häuslicher Pflege wurde thematisiert, dass das 2022 eingeführte Tariftreuegesetz Träger mit Versorgungsverträgen verpflichtet, Pflegekräfte entsprechend zu entlohnen. Diese Maßnahme wurde von den Veranstaltungsteilnehmern positiv bewertet.
Jedoch führe die begrenzte Erhöhung der Ansprüche aus der Pflegeversicherung für Angehörige ab 2024 dazu, dass gestiegene Kosten für Löhne, Energie sowie Transport von Pflegebedürftigen und Angehörigen zu tragen sind. „Wir brauchen eine solide Finanzierung und dann brauchen wir flexible Möglichkeiten, in denen wir vor Ort die Pflege organisieren“, sagte Holetschek und lobte das Flintsbacher Mehrgenerationenhaus. „Wenn Sie gute Ideen haben, und wir können das umsetzen, dann bin ich der Letzte, der sagt, dass das nicht geht.“
„Wir müssen die Zuständigkeit für die Hilfe zur Pflege vom Bezirk wieder zurück auf die Kommunen verlagern“, forderte ein Teilnehmer. Er berichtete, dass er als Verantwortlicher einer Pflegeeinrichtung über acht Monate auf einen Bescheid vom Bezirk gewartet habe. Bezirksrat Sebastian Friesinger (CSU) bot an, sich des Themas anzunehmen.
Problematisch sei zudem, so ein Teilnehmer, dass immer mehr Frauen ihren Beruf aufgeben oder reduzieren, um Angehörige zu pflegen: Sie können die finanzielle Belastung nicht tragen, geeignete Pflegeeinrichtungen fehlen. Hier erarbeitete der GPA mit politischen Vertretern Reformvorschläge. 2021 wurde eine demografiefeste, generationengerechte und qualitätsorientierte Neugestaltung der Pflegeversicherung gefordert. Die Diskussion zeigte: Es braucht Geld und strukturelle Änderungen, um die Pflege nachhaltig zu sichern.