Traunstein – In den eigenen vier Wänden sollte man sich bei einem Unwetter eigentlich am sichersten fühlen. Doch genau dort war ein Ehepaar aus Kammer am Samstagnachmittag in höchster Gefahr.
Ein knapp 40 Meter hoher Baukran wurde vom Sturm erfasst und fiel mit voller Wucht auf ihr Haus am Hopfengartenweg. „Es war ein dumpfer Schlag. Wie wenn eine Brücke zusammenbricht“, erzählt die Bewohnerin, die in der Zeitung nicht namentlich genannt werden möchte.
Als der Kran fiel, war
Paar im Erdgeschoss
Das Ehepaar hatte wahrlich Glück im Unglück: Unverletzt und mit einem Schrecken kamen die beiden davon. Das Ehepaar hielt sich gerade im Erdgeschoss auf. „Ich hab’ danach nur noch gezittert. Wir hätten schließlich tot sein können, wenn der Kran etwas anders gefallen wäre“, sagt sie. Östlich der Grundschule in Kammer, an der der Kran aufgestellt war, ist das ganze Chaos zu Wochenbeginn noch immer sichtbar: Der gelbe Kran liegt schrottreif und verbogen am Boden. Am Wohnhaus wurde der Balkon heruntergerissen. Trümmerteile sind überall im Garten verstreut, der ebenfalls arg in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Getroffen wurden auch das Auto eines Nachbarn und eine Garage. Für die Einsatzkräfte galt es in der Nacht von Samstag auf Sonntag, die schlimmsten Schäden möglichst schnell zu beheben: Zuerst wurde der Baukran mit Trennschleifern und Schneidbrennern in zwei Teile zerlegt und dann mithilfe eines Schwerlastkrans vom Dach des Einfamilienhauses heruntergehoben. Allein dafür brauchten Technisches Hilfswerk (THW) und Feuerwehren drei Stunden. Auch die Photovoltaikanlage musste noch sicher entfernt werden, dann dichtete ein örtlicher Zimmerer das Dach ab.
Einsatzkräfte zehn
Stunden eingespannt
Die Nacht auf Sonntag konnte das Ehepaar aus Kammer freilich nicht zu Hause verbringen. Inzwischen ist man aber wieder zurückgekehrt – der Wohnbereich im Haus kann praktisch normal genutzt werden. Doch jetzt gilt es, abgesehen von der Zusammenarbeit mit den Versicherungen, Handwerker zu finden: „Wir hoffen, dass wir das Dach noch vor dem Winter fertigbringen.“
Der Kran wurde zwar etwas vom Grundstück des Ehepaars weggehievt, blieb aber vorerst noch nahe der Baustelle liegen. Ein Gutachter muss ihn noch genauer unter die Lupe nehmen.
Für die Einsatzkräfte dauerte der Einsatz von Samstag auf Sonntag satte zehn Stunden. Auch ihnen bot sich in Kammer anfangs ein „unübersichtliches“ Bild, wie es vonseiten des Kreisfeuerwehrverbandes heißt. Überhaupt mussten die Traunsteiner Stadtwerke zuerst bestätigen, dass am Kran keine elektrische Spannung mehr anliegt, bevor die Feuerwehren tätig werden konnten. Rund 100 Menschen waren am Einsatz beteiligt, der erst um 4 Uhr früh am Sonntag beendet werden konnte.
„Ich bin froh und glücklich, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind und keine Verletzten oder gar Tote zu beklagen haben“, so der Kammerer Feuerwehrkommandant Alois Wimmer: „Trotz der vielen zeitgleichen Einsätze in der Region ist es den Helfern vor Ort gelungen, den Schaden zu begrenzen und in einer großartigen Gemeinschaftsaktion zwischen den Firmen, der Stadt Traunstein, den Nachbarn und den Rettungskräften das Beste aus diesem Unglücksfall zu machen“. In einer ersten Einschätzung ging die Polizei von einem Schaden im höheren sechsstelligen Bereich aus.
Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer machte sich am Montag, direkt nach der Rückkehr aus seinem Urlaub, ein Bild von der Unglücksstelle und bedankte sich bei den Einsatzkräften. Zudem machte er deutlich, dass den geschädigten Anwohnern nun schnell und unbürokratisch geholfen werden müsse.
Xaver Eichstädter