Rosenheim – Mit einem Gutschein in Höhe von 50 Euro unterstützt die Bayerische Staatsregierung auch in diesem Schuljahr wieder Erstklässler und Vorschulkinder, die das „Seepferdchen“ erwerben wollen. Es attestiert ihnen erste Schwimmkenntnisse.
Das Förderprogramm ist in der Region begehrt und wird vom Landessportverband und dem Landratsamt Rosenheim unterstützt. Auf dessen Website finden Interessenten einen Vordruck für die Antragstellung.
Acht Einheiten
zu je 45 Minuten
„Wir haben bei unseren Kursangeboten immer wieder Kinder dabei, die mit acht Jahren das erste Mal ein Hallenbad von innen sehen“, berichtet Stefan Anzer aus Erfahrung. Er betreibt zusammen mit seiner Frau Birgit die Schwimmschule „B&S Chiemsee Schwimmkurse“ mit Sitz in Prien. Im Programm hat das Ehepaar auch den vorbereitenden Unterricht für die Abnahme des „Seepferdchens“.
Acht Einheiten mit jeweils 45 Minuten umfasst ein solcher Kurs. Wenn ihn ein Schwimmlehrer alleine hält, ist die Teilnehmerzahl auf maximal sechs Kinder begrenzt. „Bei uns steht die Sicherheit an erster Stelle, wir wollen kein Risiko eingehen. Außerdem kann man sich bei einer überschaubaren Teilnehmerzahl den Kindern viel besser widmen“, sagt Anzer.
Er führt zwar keine Statistik darüber, wie viele solcher Gutscheine bisher bei ihm seit Beginn der Aktion eingelöst wurden, doch sein Fazit ist eindeutig: „Das wird gut angenommen.“ Vor allem für sozial schwächere Familien sei die finanzielle Unterstützung der Staatsregierung eine wertvolle Hilfe. 130 Euro, inklusive der Kosten für den Schwimmbad-Eintritt, das Abzeichen und die Urkunde nach bestandener Prüfung, kostet so ein Kurs in Anzers Schwimmschule.
Er habe vor Corona schon etliche solcher Gutscheine eingelöst und rechne auch heuer wieder mit einer großen Resonanz auf das Angebot, sagt er. Ein Hinweis ist Anzer wichtig. „Die Prüfung für das Abzeichen schaffen viele Kinder, aber nicht alle. Der Kurs bietet keine Garantie hierfür.“
Anzers Ehefrau ist nicht nur in der Schwimmschule aktiv, sie ist beim Kreisverband Rosenheim des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) auch für die Schwimmausbildung zuständig, die von den Ortsgruppen der Wasserwacht angeboten wird. In Wasserburg habe die Wasserwacht im vergangenen Jahr sechs solcher Kurse mit jeweils zwölf Teilnehmern abgehalten, heuer seien es bisher vier gewesen. Die Aiblinger Wasserwacht biete laufend solche Kurse an, die Warteliste der Interessenten sei lang.
DLRG bietet drei bis
vier Kurse pro Jahr
Die Gutscheine der Staatsregierung erfreuen sich laut Birgit Anzer großer Beliebtheit. In Wasserburg seien im vergangenen Jahr und im Zeitraum bis September dieses Jahre 63 eingelöst worden. Die Ortsgruppe Bernau der Wasserwacht habe beispielsweise im gleichen Zeitraum 20 angenommen.
Etwa drei bis vier solcher Kurse pro Jahr bietet die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in Bad Aibling laut Anna Seibeck an. Sie ist stellvertretende technische Leiterin für den Bereich Ausbildung beim dortigen DLRG-Ortsverband. Kurse würden ausschließlich von Ehrenamtlichen geleitet und fänden in verschiedenen Schwimmbädern in Bad Aibling und Umgebung statt. Im Frühjahr biete man zudem einen Kurs im Hallenbad des Medical Parks in Bad Feilnbach an.
Seibeck nennt das Angebot der Staatsregierung „ein tolles Projekt für Kinder“. Leider sei für die DLRG mit der Abrechnung der Gutscheine auch Verwaltungsaufwand verbunden. Den nehme man der guten Sache wegen aber gerne in Kauf.
Zehn Termine à 45 Minuten umfasst ein Kurs bei der DLRG, die Kosten belaufen sich auf 140 Euro. Die sogenannte „Wasserbewältigung“ stehe am Anfang eines jeden Kurses. „Es ist wichtig, dass wir den Kindern erst einmal die Angst vor dem Wasser nehmen“, so Seibeck.
Mit etwa 100 Teilnehmern pro Jahr rechne der Ortsverband. Man müsse aber klar sagen, dass der Erwerb des „Seepferdchens“ auf keinen Fall ein Nachweis für sicheres Schwimmen sei. Der sei erst erbracht, wenn ein Kind das Schwimmabzeichen in Bronze, Silber oder Gold erhalte.
Angebot ist
„sehr wertvoll“
Anja Zeller, die Leiterin der Kindertagesstätte in Reitmehring, hat bereits für alle 30 Kinder Gutscheine bestellt, die in der von ihr geführten Einrichtung als Empfänger infrage kommen. „Ich halte das Angebot für sehr wertvoll“, sagt sie und betont, es sei auch in der Vergangenheit von den Eltern gut angenommen worden.
Leider habe die Corona-Pandemie für eine Unterbrechung gesorgt, so Zeller. Sie hofft darauf, dass auch in diesem Schuljahr viele Eltern das Angebot annehmen. In Reitmehring gebe es ideale Voraussetzungen, da sich Schule und Schwimmbad in unmittelbarer Nachbarschaft der Kindertagesstätte befänden.
Exakt 3238 Gutscheine wurden nach Angaben des Staatlichen Schulamtes heuer am ersten Schultag an die Erstklässler in der Stadt und im Landkreis Rosenheim ausgegeben. „Wir begrüßen diese Initiative sehr, viele Kinder könnten bei Schulbeginn nicht schwimmen“, weiß Schulamtsdirektor Herbert Unterreiner, der in der Behörde für den Bereich Sport zuständig ist.
Welch hohen Stellenwert die Verbesserung der Schwimmkenntnisse von Schülern im Freistaat genießt, zeigt sich laut Unterreiner auch an der Tatsache, dass die Regierung von Oberbayern verpflichtende Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer anbietet, die Schwimmunterricht erteilen.
Dem Trend
entgegensteuern
Dass die Staatsregierung ihr Förderprogramm unter dem Motto „Mach mit – Tauch auf!“ fortführt, begründet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit dem „erschreckend hohen Anteil“ an Kindern, die nicht sicher schwimmen können.
Mit der Gutschein-Aktion wolle man diesem „besorgniserregenden Trend“ wirkungsvoll entgegensteuern.