Arbeiten am Netz der Zukunft

von Redaktion

Gut acht Milliarden Euro – das ist die Summe, die von 14 Staaten aus der EU in die Entwicklung neuer 6G-Technologie fließen soll. Ein Teil davon geht nach Rosenheim – an die Firma Ericsson. Für den Wirtschaftsstandort sind das gute Nachrichten.

Rosenheim – Wer die Buchstabenreihe „IPCEI-ME/CT“ liest, wird vermutlich erst einmal relativ wenig damit anfangen können. Diese kryptische Abkürzung steht für „Important Project of Common European Interest on Microelectronics and Communication Technologies“. Immer noch ratlos? Vereinfacht ausgedrückt steckt hinter der Bezeichnung eines der europaweit größten Forschungsprojekte. Das Ziel: die sechste Generation des Mobilfunks salonfähig machen und damit eine schnellere sowie stabilere Verbindung als beim aktuell vorherrschenden 5G erreichen. 

Ericsson gehört zu
Vorreitern bei 6G

 „Eine der größten Herausforderungen besteht darin, den Netzdurchsatz und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen und gleichzeitig den Energieverbrauch des Netzes zu senken und das Management der entstehenden Wärme in den hochintegrierten Komponenten zu verbessern“, erklärt Markus Feld, Geschäftsführer von Ericsson Antenna Technology Germany.

Um diese Herausforderung anzugehen, startet der Antennenspezialist in Rosenheim nun das Projekt „European Microelectronics and Communication Technologies for 6G“. Dieses wird nicht nur vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert, sondern ist zudem ein Teil des „IPCEI-ME/CT“.

Als eines von 56 europäischen Unternehmen wird Ericsson damit zum Vorreiter beim Thema 6G und bringt einen Teil der gut acht Milliarden Euro an Fördergeldern nach Rosenheim. Aber was genau passiert nun im Rosenheimer Werk? „Das Ziel ist die Entwicklung von Mikrochips für neue Antennensysteme, die auf fortschrittlichen Silizium- und Galliumnitrid-Halbleitertechnologien basieren“, erklärt Geschäftsführer Feld.

Diese speziellen Chips sollen später beispielsweise in einem Smartphone eingebaut werden und die Signale von speziell für 6G entwickelten Antennen verarbeiten. Wieder vereinfacht ausgedrückt geht es also darum, die künftigen Computer so zu bauen, dass sie die höhere Datenrate und die damit schnellere Verbindung überhaupt aufnehmen können.

Zum Vergleich: Laut aktuellen Studien des Fraunhofer Instituts liegt die Spitzendatenrate von 5G bei circa 20 Gigabit pro Sekunde. Beim 6G-Netz werden bis zu 1000 Gigabit erwartet.

Um die Geräte künftig dafür herzurichten, wird nun in Rosenheim geforscht. Fünf Jahre lang soll das Projekt laufen, bevor die Ergebnisse präsentiert werden. „Die Planung und technische Umsetzung hat mit einem kleinen Expertenteam bereits begonnen“, sagt Feld. Die ersten rund 50 Ingenieure wurden demnach schon rekrutiert. 

„Adelsprädikat“ für
die Stadt Rosenheim

„Als Schlüsseltechnologie spielt die Mikroelektronik eine zentrale Rolle für Klimaschutz, Energieeffizienz und Wirtschaftswachstum“, sagte Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, mit Blick auf das Rosenheimer Projekt. Ein unabhängiger Zugang zu Mikroelektronik- Komponenten sei dementsprechend wichtiger denn je für die Transformation der Wirtschaft. Dass diese Transformation nun in Rosenheim angestoßen wird, freut auch die Stadtverwaltung.

„Diese Entscheidung ist für die Stadt Rosenheim in zweifacher Hinsicht ein Adelsprädikat“, meint Christian Schwalm, Pressesprecher der Stadt Rosenheim. Erstens sei die Stadt im Bereich des Mobilfunks und der Antennentechnologie damit weiterhin einer der führenden Entwicklungsstandorte Deutschlands. „Zweitens zeigt diese Entscheidung eines Global Players, welches Know-how im Bereich der Spitzentechnologie in der Region Rosenheim vorhanden ist.“ Sowohl Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März als auch Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl seien daher im regen Austausch mit der Firma Ericsson.

Durch das europäische Spitzenprodukt und die damit zusammenhängenden hoch qualifizierten Arbeitsplätze sowie die damit einhergehende Kaufkraft erhofft man sich laut Schwalm einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Rosenheim. 

Bis die sechste Generation des Mobilfunks wirklich im alltäglichen Leben Einzug hält, wird es laut Ericssons Geschäftsführer Feld jedoch noch etwas dauern. „Es ist noch zu früh, um eine detaillierte Roadmap für 6G zu definieren“, meint er. Etwa 2030 sei ein realistischer Zeitrahmen für den Start der ersten 6G-Netze. Rund zwei Jahre vorher soll dann auch das Forschungsprojekt in Rosenheim beendet sein.  

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