Raketen auf Partnerschaftsstadt Beer Sheva

von Redaktion

Seit über vier Jahrzehnten organisiert der Kreisjugendring Treffen mit der Stadt Beer Sheva. Jetzt gehen Raketen auf die israelische Großstadt nahe des Gazastreifens nieder: Die Sorge in der Region um Freunde und Bekannte ist groß.

Rosenheim/Beer Sheva – Seit dem Großangriff der Hamas am Samstag herrscht in Israel Ausnahmezustand. Tag und Nacht heulen Sirenen und warnen vor Raketenangriffen. Das israelische Militär attackiert den Gazastreifen als Antwort auf den Anschlag. Die Hamas reagiert erneut mit schwerem Beschuss der umliegenden Region. Auch die israelische Stadt Beer Sheva – sie ist nur 50 Kilometer vom Gazastreifen entfernt – wurde Ziel von Angriffen. Seit Samstag wird sie immer wieder mit Raketen beschossen, berichten Medien und Augenzeugen.

„Die Nachricht der Angriffe hat uns alle entsetzt und uns mit Trauer erfüllt“, erklärt Jörg Giesler, Geschäftsführer des Kreisjugendrings Rosenheim. Der Landkreis pflegt eine langjährige Freundschaft mit der Stadt Beer Sheva. Denn seit über 40 Jahren organisiert der Kreisjugendring einen regelmäßigen Jugendaustausch.

Die Mitglieder sorgen sich um ihre Freunde in Israel. „Wir haben Kontakt zu unseren Partnern in der Region, die um ihr Leben fürchten müssen“, sagt Giesler. Bei der letzten Kontaktaufnahme seien noch alle wohlauf gewesen. „Wir sind mit unseren Gedanken bei unseren Freunden und Partnern und hoffen, dass die militärische Auseinandersetzung bald ein Ende findet.“

Auch Landrat Otto Lederer sorgt sich um die Menschen in Israel. Er war schon mehrfach in Israel und hat dem Bürgermeister der Stadt Beer Sheva bereits die Solidarität des Landkreises zugesichert. Lederer betont, „dass unser aller Gedanken in diesen schweren Stunden der Not bei den zahlreichen Opfern sowie ihren Angehörigen weilen“. Sein Mitgefühl gelte in besonderem Maße auch den langjährigen Freunden des Kreisjugendrings. Der Landrat verurteilt den „verachtenswerten wie unmenschlichen Angriff“ aufs Schärfste. Lederer will die Kontakte nach Beer Sheva, die über das Schüleraustauschprogramm entstanden sind, aufrechterhalten.

Das Ziel der Jugendbegegnungen ist es, Verständnis zwischen jungen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen zu fördern und die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die letzte Begegnung zwischen deutschen und israelischen Jugendlichen fand 2019 statt. Meist verbringen zehn bis 20 Jugendliche während der Besuche zehn Tage bei den Familien ihrer Austauschpartner. „Die Freundschaften, die zwischen den Menschen aufgrund des Programms geknüpft werden, halten oft viele Jahre“, sagt Jörg Giesler. Umso schlimmer sei es, die Freunde nun in Gefahr zu sehen.

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder vor, dass israelische Jugendliche aufgrund des Militärdienstes nicht nach Deutschland reisen konnten. Giesler geht davon aus, dass viele der Jugendlichen, die den Landkreis besucht haben, jetzt als Reservisten eingezogen werden. „Das, was die jungen Menschen dort erleben, ist für uns unvorstellbar. Man möchte das niemandem zumuten“, sagt er. Bei Gieslers Besuchen in Beer Sheva wurde er stets auf die nächstgelegenen Luftschutzbunker aufmerksam gemacht. „Es ist eine beklemmende Vorstellung, dass jederzeit etwas passieren kann.“

Trotzdem behält der Geschäftsführer des Kreisjugendrings seine Aufenthalte in Beer Sheva in sehr guter Erinnerung: „Es ist eine schöne, gastfreundschaftliche und aufstrebende Stadt am Rande der Wüste. Sozusagen das Silicon Valley Israels.“ Im Juli traf eine Delegation aus Beer Sheva in Rosenheim ein, um Details für den geplanten Jugendaustausch im kommenden Jahr zu besprechen. Der Leiter der israelischen Delegation, Shlomir Numa, betonte bei dem Besuch die Bedeutung dieser Verbindung und die Hoffnung, dass sie auch in Zukunft fortbestehen kann.

Ursprünglich war geplant, dass auch eine Delegation aus Rosenheim im Dezember nach Israel reist, um die Voraussetzungen für einen weiteren Austausch zu schaffen. Dies wurde jetzt aufgrund der aktuellen Lage vor Ort abgesagt, während die Reise der deutschen Jugendlichen nach Beer Sheva in den Pfingstferien vorerst noch aufrechterhalten wird – in der Hoffnung, dass sich die Situation verbessert.

Die Pandemie hatte den Austausch bereits für einige Jahre zum Erliegen gebracht – und diese erzwungene Pause könnte sich aufgrund des Konflikts nun möglicherweise fortsetzen. Aufgrund der Jugendbegegnungen wurde bereits im Jahr 2000 ein Freundschaftsabkommen zwischen dem Landkreis Rosenheim und der Stadt Beer Sheva geschlossen. Jörg Giesler hofft, seine Freude und Kollegen in Israel bald wieder sehen zu können.

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