Ampfing – Fern der Heimat suchten sie ihr Glück, doch die Fahrt endete in einer Katastrophe. Auf der Fahrbahn und dem angrenzenden Grünstreifen liegen Trümmer verstreut, Rettungsdecken und Reste von Verbandsmaterial. Ein demolierter Mercedes Vito liegt auf dem Dach, gestoppt von der Leitplanke. Eine Kopfstütze liegt im Gras, eine Tür ist abgerissen.
Polizisten sichern noch Stunden nach dem Unfall Spuren, der gestern in den frühen Morgenstunden sieben Menschenleben gefordert hat. Darunter ist auch ein sechsjähriges Kind.
23 Menschen im Mini-Van unterwegs
Wie die Polizei mitteilt, war Beamten der Bundespolizei am Freitag gegen 3.15 Uhr auf der Autobahn in Richtung München ein „mutmaßliches Schleuserfahrzeug“ aufgefallen. „Das Auto war massiv überbesetzt“, erklärt Maximilian Maier, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Im Raum stand der Verdacht auf Schleusung illegaler Migranten, den das Verhalten des Fahrers bekräftigt. Denn als die Beamten den Van mit österreichischem Kennzeichen kontrollieren wollen, reagiert der Fahrer nicht. Stattdessen gibt er Gas, beschleunigt auf bis zu 180 Stundenkilometer, um sich der Kontrolle zu entziehen.
An der Anschlussstelle Ampfing/Waldkraiburg verliert der Fahrer beim Ausfahren die Kontrolle, der Van gerät ins Schleudern, stößt gegen die Leitplanke. Beim mehrfachen Überschlag werden Insassen aus dem Wagen geschleudert.
23 Menschen befinden sich in dem Fahrzeug, sieben von ihnen überleben den Unfall nicht. Unter ihnen ist auch ein sechsjähriges Kind. Weitere 16 Insassen werden verletzt – zum Teil schwer. Alle werden in umliegende Krankenhäuser gebracht, einige mit dem Hubschrauber. Unter ihnen auch der mutmaßliche Schleuser und Fahrer.
Zunächst waren die Identitäten der Personen unklar, mit der Zeit wird das Bild aber deutlicher. „Bei den Insassen, den geschleusten Personen, handelt es sich allesamt um syrische und türkische Staatsangehörige“, sagt Maier vor Ort. Der Fahrer ist ein staatenloser 24-jähriger Mann mit Wohnsitz in Österreich. Beamte der Polizei haben ihm bereits im Krankenhaus die vorläufige Festnahme erklärt, die Staatsanwaltschaft wird Haftantrag stellen. Ermittelt wird wegen mutmaßlicher Schleusung und fahrlässiger Tötung. Spuren vor Ort und ein Gutachten sollen genauere Rückschlüsse geben. „Die Spurensicherung ist umfangreich und wird einige Stunden dauern“, sagte Maximilian Maier.
In Richtung München musste die Autobahn für die Dauer der Unfallaufnahme und Tatortarbeit mehrere Stunden lang komplett gesperrt werden. Eine Umleitung wurde eingerichtet, die Autobahn musste auch in Richtung Passau zeitweise gesperrt werden.
Die Beamten, die das Fahrzeug kontrollieren wollten, hatten den Unfall direkt beobachten können. „Das Fahrzeug der Bundespolizei war aber nicht direkt hinter dem verunglückten Auto. Es war keine Verfolgungsjagd, sondern der Versuch, das Auto zu kontrollieren.“
Polizisten von Seelsorger betreut
Die Polizeibeamten werden seelsorgerisch betreut. „Immer häufiger kommt es vor, dass die Fahrer mit einem rücksichtslosen Verhalten vor der Kontrolle fliehen“, erklärt Maier. Aber dass es so katastrophal endet, das kennt er nicht.
Vor Ort waren etwa 90 Helfer der Feuerwehr und rund 40 Helfer des Rettungsdienstes mit drei Notärzten und einem Kriseninterventionsteam in dem sehr belastenden Einsatz. Neben Polizeibeamten der Autobahnpolizeistation Mühldorf waren Kollegen der Zentralen Einsatzdienste, Streifenwagenbesatzungen aus Mühldorf und von umliegenden Dienststellen, die Betreuungsgruppe des Polizeipräsidiums, ein Polizeihubschrauber und die Ermittler der Kriminalpolizei Mühldorf sowie Spurensicherungsexperten im Einsatz.