Rosenheim – Noch 13 Jahre nach der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Albanern und Serben im Kosovo herrscht in der Diaspora besonders bei bildungsfernen Bevölkerungsgruppen Ablehnung bis hin zu blindem Hass.
Das musste eine serbische Mutter von vier Kindern erleben, die nach einer Trennung vom bisherigen Partner eine neue Beziehung mit einem in Deutschland lebenden Albaner einging.
Ausgerechnet am Geburtstag eines der vier Kinder kam ihre jüngere Schwester (27) zusammen mit ihrer beider Mutter, um sie deshalb zur Rede zu stellen.
Kaum öffnete die Ältere die Türe, drang ihre Schwester mit dem Messer auf sie ein. Sich verzweifelt wehrend, kam sie mit der linken Hand an das Messer, wobei sie dort heftige Stich- und Schnittverletzungen erlitt.
Daraufhin suchten die unwillkommenen Besucherinnen das Weite. Im April dieses Jahres kam die Anklage vor das Schöffengericht Rosenheim (wir berichteten).
Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die Ermittler versäumt hatten, ein Messer, das nach der Tat bei der Angeklagten aufgefunden worden war – und welches sie selber als das Messer bezeichnete, das sie mitgeführt hatte –, auf mögliche DNA-Spuren untersuchen zu lassen. Denn nur so hätte sich möglicherweise zweifelsfrei beweisen lassen, ob das Tatopfer mit dieser Waffe verletzt worden war. Das Verfahren wurde aus diesem Grunde ausgesetzt und nun, mit dem erfolgten Gutachten, erneut durchgeführt.
Vor einer völlig neuen Schöffengerichtsbesetzung unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert kam der gesamte Ablauf des Geschehens wiederum zur Sprache, wobei sich die Angeklagte überhaupt nicht äußerte – was ihr gutes Recht ist.
Wortreich schilderte das Tatopfer erneut die Vorgänge jenes Nachmittags, wobei auch ein tiefgreifendes Zerwürfnis innerhalb dieser Familie offenkundig wurde.
Deutlich wurde die Schuld der Angeklagten, als die Gutachterin Dr. Christine Schäfer vom Landeskriminalamt in München darlegte, dass sich an dem Messer ohne jeden vernünftigen Zweifel DNA-Spuren der Verletzten befanden, die nur im Zuge des Angriffs dorthin gelangt sein konnten.
Der Staatsanwalt hielt fest, dass dieses Verhalten der Angeklagten durchaus auch als Tötungsabsicht hätte gewertet werden können. Nur die Tatsache, dass die Angeklagte ihren ursprünglichen Angriff von sich aus abgebrochen habe, verhinderte, dass diese Anklage vor dem Schwurgericht in Traunstein gelandet ist. Dann hätte die Staatsanwaltschaft nämlich eine weit höhere Straferwartung gesehen. Aber auch so hat es sich fraglos um eine geplante, gefährliche Körperverletzung gehandelt.
Eine Gefängnisstrafe sei hier unvermeidlich, die er mit drei Jahren und sechs Monaten beantragte. Der Wahl-Verteidiger Rechtsanwalt Peter Krauß verwies auf den freiwilligen Rücktritt von der Tat und behauptete einen nicht völlig aufgeklärten Tathergang.
Auch eine Todesdrohung sei in diesen Kreisen keineswegs immer ernst gemeint. Er bestritt zwar nicht die erfolgte Körperverletzung, hielt aber eine Haftstrafe von acht Monaten für hinreichend, die man auch zur Bewährung aussetzen könne, zumal seine Mandantin überhaupt nicht vorbestraft sei.
Die Pflichtverteidigerin schloss sich naturgemäß ihrem Vorredner an. Das Gericht sah die Beweisführung als schlüssig, die Todesdrohung für bewiesen und hielt die Todesangst des Tatopfers fraglos für gegeben. Alleine das Mitführen eines Messers zum Zwecke einer „Aussprache“ sei wenig glaubhaft gewesen.
Schlussendlich würde die DNA am Messer jeglichen Zweifel beseitigen. Das Schöffengericht fand eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten für Tat und Schuld angemessen.