Rosenheim – „Sonderbudget Lehrerdienstgeräte“ (SoLD) heißt ein Förderprogramm des Landes Bayern. Mit Mitteln aus diesem Topf bezuschusst der Freistaat den Kauf von digitalen Arbeitsmitteln für Pädagogen. Jetzt gibt es Streit um die Übernahme der Reparaturkosten.
Knackpunkt ist nach Auskunft von Landrat Otto Lederer (CSU) in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses die Frage, ob solch ein gefördertes Endgerät dem Sachaufwand für die Schule zugerechnet oder als Arbeitsmittel für den Lehrer gesehen wird. Kosten für den Sachaufwand müsste der Landkreis für alle Schulen in seinem Zuständigkeitsbereich übernehmen, die mit Arbeitsmitteln verbundenen Ausgaben hätte der Freistaat zu tragen.
Schwierige
Verhandlungen
Wer künftig bezahlen soll, darüber gibt es laut Lederer seit Monaten keine Einigung in einem Arbeitskreis, der sich auf Landesebene mit dieser Fragestellung befasst, in dem auch die Kommunalen Spitzenverbände vertreten sind. „Es ist ein echtes Dilemma“, betonte der Landrat in der Sitzung des Gremiums.
Schwierig gestalten sich die Verhandlungen auch deshalb, weil die Förderrichtlinie laut Landratsamt „ohne Anerkennung von Rechtspflichten des Freistaates oder der kommunalen Sachaufwandsträger“ erlassen wurde. Die Grundsatzfrage, ob bei Nachfolgekosten das Land oder die Kommunen zahlen müssten, sei bei Erlass der Richtlinie schlichtweg „ausgeklammert“ worden, so die Kreisverwaltung.
Landrat
äußert Wunsch
„Ich würde mir vom Freistaat wünschen, dass er für die Kosten aufkommt, die die Endgeräte verursachen, welche er an seine Beamten ausgibt“, formulierte der Landrat seine Haltung unmissverständlich. Auch angesichts der Tatsache, dass bereits erste Reparaturkosten im Landkreis angefallen sind und die Gewährleistungszeiten der Hersteller nicht unbegrenzt laufen, warnte Lederer davor, dass Kommunen die Rechnungen vorschnell auf freiwilliger Basis begleichen.
„Je öfter dies der Fall ist, desto weniger Rückhalt haben die Kommunalen Spitzenverbände bei ihren Verhandlungen mit dem Land“, so seine Überzeugung. Die Stadt Rosenheim bezahle momentan keine Reparaturkosten und stelle auch kein Geld für Ersatzbeschaffungen zur Verfügung, berichtete Lederer.
Mit Blick auf das Handeln in den Nachbarlandkreisen zeichne sich wegen der unklaren Rechtslage noch keine einheitliche Praxis ab, beschrieb er das Ergebnis einer Nachfrage der Verwaltung. Egal, wie der Streit um die Kosten endet, eines ist für den Landrat klar: „Wir brauchen eine landesweite Regelung, sonst wird das ein Flickerlteppich.“
Dass eine Lösung des Problems dringend erforderlich ist, verdeutlichte Svenja Bouß den Ausschussmitgliedern. Bouß ist Gruppenleiterin für den Bereich „Schulangelegenheiten, Medienzentrum und Schulhausmeister“ sowie stellvertretende Sachgebietsleiterin für den Bereich „Schulwesen, ÖPNV“ im Landratsamt.
Bisher seien nur wenige Schäden an Geräten aufgetreten, die nicht von der Garantie gedeckt gewesen seien. Die Kosten seien im Einzelfall von den Versicherungen der Lehrer oder den Geräteherstellern übernommen worden. Eine Verlautbarung des Kultusministeriums vom Juli vergangenen Jahres habe die Sachlage jedoch verändert, so Bouß.
Versicherung ist
nicht „wirtschaftlich“
Das Ministerium habe klargestellt, dass bei einem Gerätedefekt die anfallenden Kosten für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht den Lehrern aufgebürdet werden könnten und die Bereitstellung eines solchen Gerätes auch nicht vom Abschluss einer Versicherung durch den Nutzer abhängig gemacht werden dürfe. Folge: Die Bereitschaft der Lehrer, etwaige Reparaturkosten ihrer Versicherung zu melden, ist seitdem nicht mehr hoch.
Der Abschluss einer Elektronikversicherung für Lehrerdienstgeräte habe sich als „nicht wirtschaftlich“ für den Kreis erwiesen, andererseits sei dieser rechtlich zur Sicherstellung des Unterrichts in Schulgebäuden verpflichtet.
Ein Beschluss wurde im Ausschuss zwar nicht gefasst, dennoch herrschte auch ohne formale Abstimmung Übereinstimmung mit der Schlussfolgerung des Landrats und der Kreisverwaltung. Wenn der Freistaat auch künftig die Kostenübernahme ablehnt, muss der Landkreis die Ausgaben als freiwillige Leistung tragen oder für die Lehrer wieder einen stationären PC beziehungsweise ein schulgebundenes mobiles Endgerät beschaffen, das nur im Schulgebäude benutzt werden darf. Die Folge einer solchen Entscheidung: Sie könnten den Unterricht mit dem Gerät des Landkreises nicht mehr daheim vorbereiten oder durchführen.
Am Gymnasium Bad Aibling sind solche vom Freistaat geförderten Geräte im Einsatz, mit einem Problem bei der Finanzierung von Reparaturkosten war Schulleiter Michael Beer nach eigenen Angaben aber noch nicht konfrontiert. Da wegen der Reduzierung des Lehrpersonals aufgrund eines leichten Schülerrückgangs ein paar Geräte derzeit nicht benötigt würden, habe die Schule im Bedarfsfall „eine kleine Reserve“.
Schulleiter sagt:
„Spannende Frage“
„Eine dauerhaft tragfähige Lösung ist das natürlich nicht“, sagt Beer. Die Zuständigkeit für die Finanzierung nennt der Schulleiter „eine spannende Frage“. Er wagt angesichts der Tatsache, dass auch über die Ausstattung der Schüler mit solchen Geräten diskutiert werde, einen Blick in die Zukunft. „Da stellt sich dann hinsichtlich der Kostenübernahme dieselbe Frage.“
Auch an der Realschule in Prien sind Lehrerdienstgeräte im Einsatz, die aus dem Förderprogramm finanziert wurden. Bisher sei die Schule noch nicht mit Reparaturbedarf oder einer Ersatzbeschaffung konfrontiert worden, berichtet Schulleiterin Andrea Dorsch.
In einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen verweist das Bayerische Kultusministerium darauf, dass die Vollausstattung aller im Freistaat tätigen Lehrkräfte mit einem mobilen Endgerät erst im Schuljahr 2022/23 abgeschlossen worden und somit ein solider Grundstock für die nächsten Jahre gelegt worden sei. Da die Geräte erfahrungsgemäß drei bis fünf Jahre funktionsfähig seien, erkenne das Ministerium im Moment keinen „akuten Klärungsbedarf“. Das Sonderbudget sieht es als „ein großes Erfolgsmodell“.
Mit den offenen Finanzierungsfragen befasse sich die „Grundsatzkommission Schulische Digitalinfrastruktur“, die mit Vertretern aus dem Kultus- und Finanzministerium sowie den Kommunalen Spitzenverbänden besetzt sei. In die Gespräche miteinbezogen werden müsse auch eine mögliche Förderung aus Bundesmitteln, die im Digitalpakt Schule 2.0 der Bundesregierung zur Verfügung stünden.
Förderung begründet
keinerlei Ansprüche
Die Ausstattung von Schülern und Lehrkräften mit mobilen Endgeräten spiele in den andauernden Verhandlungen mit dem Bund eine zentrale Rolle. Die grundsätzliche Frage der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeit für Lehrerdienstgeräte sei bewusst aus der Mittelverwendung des Sonderbudgets ausgeklammert worden.
Die Förderrichtlinie begründe keine über ihren Grund hinausreichenden Rechtspflichten, „insbesondere keine Ansprüche auf Ausstattung aller Lehrkräfte, die Bereitstellung bestimmter Geräte und Ersatzbeschaffungen über bestehende Leistungsansprüche aus Garantien oder Versicherungen hinaus“, heißt es aus dem Ministerium.
Die Beschaffung mobiler Endgeräte stehe bei der weiteren Arbeit der Grundsatzkommission und in den Verhandlungen zum Digitalpakt Schule 2.0 „ganz oben auf der Prioritätenliste“. Das Bayerische Kultusministerium verweist auf „sich schwierig gestaltende Verhandlungen der Länder mit dem Bundesbildungsministerium“ und sieht sich deshalb im Moment außerstande, eine Aussage über den Zeitpunkt einer Einigung zu treffen.
Ab 2025
eine Perspektive
Zumindest eine Perspektive ab 2025 deutet das Kultusministerium an. Ab diesem Zeitpunkt soll es einen Zuschuss für Wartung und Pflege solcher Geräte geben. So werden „die Zusage einer dauerhaften Unterstützung der Schulaufwandsträger in der IT-Administration eingelöst und damit eine seit langer Zeit offene Frage durch eine verlässliche staatliche Mitfinanzierung abschließend gelöst“, schreibt es in seiner Antwort auf die OVB-Anfrage.