Tuntenhausen/München – Der deutlich verpasste Einzug in den bayerischen Landtag. Die Gründung einer neuen Partei durch Linken-Galionsfigur Sahra Wagenknecht. Und jetzt auch noch ein vermeintlicher Skandal um Zahlungen aus der Parteikasse. Adelheid Rupp (65) aus Tuntenhausen, die gemeinsam mit Kathrin Flach Gomez der Partei „Die Linke“ in Bayern vorsteht und als Spitzenkandidatin zur bayerischen Landtagswahl angetreten war, hat politisch sicherlich schon ruhigere Tage erlebt. Wobei sie den Streit um Aufwandsentschädigungen und Honorarverträge nach eigenen Angaben „völlig entspannt“ sieht. „Das ist ein Sturm im Wasserglas“, kommentiert die 65-Jährige die Vorwürfe gegenüber dem OVB. „Diese Diskussion ist einfach absurd.“
Fünfseitiges
Schreiben
Es sind massive Vorwürfe, die mehrere Linken-Kreisverbände gegenüber dem Landesvorstand erheben: Im Mittelpunkt stehen Aufwandsentschädigungen beziehungsweise Honorarzahlungen im fünfstelligen Bereich für Adelheid Rupp und Kathrin Flach Gomez, die der sogenannte Landesfinanzrat der Partei Ende April abgesegnet hatte. In einem Schreiben Anfang Mai 2023 an den Landesvorstand bemängelten die Verfasser vor allem die Tatsache, dass die Beschlüsse über die Zahlungen vom Vorstand, nicht aber auf dem Landesparteitag beschlossen worden waren und warfen der Führungsriege vor, „hier nicht ausreichend transparent gearbeitet“ zu haben.
In einem „Infobrief: Finanzmittelverwendung im Landesverband Bayern“ informierten die Kritiker dann am 8. Oktober die Linken-Kreisverbände über diese „Vorgänge“ im Landesverband. In dem fünfseitigen Schreiben forderten die Verfasser Maximilian Arnold (Kreisverband Augsburg), Veronika Lackerbauer (Kreisverband Landshut), Dennis Neubert (Kreisverband Passau) und Kerstin Reichert (Kreisverband Schweinfurt) nicht nur die Rückzahlung der Finanzmittel seitens der beiden Sprecherinnen, sondern erneuerten auch weitere Vorwürfe, die sich bereits im Schreiben an den Landesvorstand erhoben hatten.
So bemängelten sie, dass Adelheid Rupps Rechtsanwaltskanzlei dem Landesvorstand für mehrere Monate einen „Leiharbeiter-Auszubildenden“ überlassen habe und monierten, dass Rupps Kanzlei mit der Öffentlichkeitsarbeit für den Wahlkampf betreut worden sei. „Wir sehen hier die Gefahr, dass dies den Eindruck der Vetternwirtschaft erwecken könnte, was nicht zur ohnehin schwierigen öffentlichen Wahrnehmung der Parteien beitragen wird“, so ihre Einschätzung.
Vorwürfe, die auf einer internen Facebook-Seite der Linken Bayern nach Informationen des OVB zu einem massiven verbalen Schlagabtausch zwischen Kritikern und Unterstützern der Landessprecher geführt hatten. So wird dort von Parteimitgliedern nicht nur eine „lückenlose Aufklärung“ gefordert, sondern auch ist von „Bereicherung“ die Rede. Unterstützer des Führungsduos sprechen dagegen von „Diffamierung“ und äußern Vermutungen, dass hinter den Attacken der Faktor „Neid“ eine Rolle spielen könnte. Co-Sprecherin Flach Gomez hatte sich ebenfalls in die Diskussion eingeschaltet und darauf verwiesen, dass sie die Beträge zurückgezahlt habe. „Aber nicht, weil ich denke, dass wir als Sprecher:innen für unser teils 60-Wochenstunden-Vollzeitehrenamt diese Entschädigung nicht verdienen“, stellte die Linken-Chefin in ihrem Post klar.
Eine Aussage, der sich Rupp anschließt. „Ich habe schließlich eine Kanzlei mit Angestellten, die ich bezahlen muss“, sagt die Tuntenhausenerin, die von 2003 bis 2013 für die SPD im Bayerischen Landtag Politik gemacht hatte. „Letztlich ist das ein Ausgleich für Monate, in denen ich aufgrund der Parteiaufgaben nicht arbeiten konnte.“ Die Höhe der Zahlungen, die im „Infobrief“ an die Kreisverbände mit „schätzungsweise um fast 50000 Euro“ alleine für Rupp angegeben worden war, weist die 65-Jährige indes vehement zurück. Sie habe die Summe zwar nicht genau im Kopf, schätzt diese aber auf rund 30000 Euro. Sie wolle den Betrag zwar nicht kleinreden, sagt aber auch: „Im Verhältnis zu anderen Parteien ist das ein Klacks.“ Dass sie das Geld, wie im Schreiben gefordert, zurückzahlen werde, stehe für sie nicht zur Debatte. Und die anderen erhobenen Vorwürfe? Auch diese entbehren ihrer Meinung nach „juristisch und moralisch“ jeder Grundlage. So habe der Auszubildende ihrer Kanzlei, der einige Monate für den Landesvorstand gearbeitet habe, die Ausbildung für diesen Zeitraum unterbrochen und werde diese nun bei ihr fortsetzen. Auch habe ihre Kanzlei nicht die Pressearbeit, sondern aufgrund einer Vakanz in der Linken-Pressestelle lediglich den Aufbau eines Presseverteilers übernommen. Ihre Vermutung: Rund um die Vorwürfe sei einfach „Neid im Spiel“, zudem hätten die Kritiker „Freude an Destruktion“. „Wenn wir in den Landtag eingezogen wären, wäre das jetzt überhaupt kein Thema“, glaubt die 65-Jährige, die das Ergebnis der Linken, die bei der Landtagswahl auf nur 1,5 Prozent gekommen waren, selbst als „ein Desaster, eine Katastrophe“ bezeichnet. Ates Gürpinar, der den Raum Rosenheim für die Linke im Bundestag vertritt und selbst vor einigen Jahren dem Landesverband Bayern vorgestanden hatte, sieht den Streit um die Zahlungen an die beiden Landessprecherinnen „weit entfernt von einem Skandal“. Er selbst hätte sich zwar nach eigenen Angaben eine Entscheidung in einem größeren Kreis gewünscht, betont aber auch: „Es ist nichts Verwerfliches daran. Andere Parteien gehen genauso vor.“ Dass die Zahlungen für die Sprecherinnen grundsätzlich „völlig in Ordnung“ seien, stehe für ihn hingegen außer Frage.
Doch wie soll es nun weitergehen? Nach Angaben von Martin Bauhof, Pressesprecher des Linken-Landesverbandes, sollen die Vorwürfe am Samstag, 18. November, innerhalb eines sogenannten Schiedsverfahrens geklärt werden. Wobei Bauhof aber darauf verweist, dass durch den Austritt einiger Mitglieder, die für die Schiedsanträge verantwortlichen gewesen seien, zunächst noch geklärt werden müsse, inwieweit die Anträge überhaupt noch Gültigkeit hätten.
Personenkult
„ist suspekt“
Rupp jedenfalls glaubt, dass durch den Austritt einiger Kritiker „wieder mehr Ruhe“ in die Partei einkehre und der Fokus nun wieder darauf liegen könne, „Politik für die Menschen als außerparlamentarische Opposition“ zu machen. Es sei für sie weiterhin „ein großes Vergnügen, im Landesvorstand zu arbeiten“. Auf die Frage, ob sie auch in Zukunft Sprecherin der Linken bleiben wolle, möchte sie jedoch gegenüber dem OVB „jetzt keine Antwort geben.“ Was für die 65-Jährige jedenfalls keine Option ist: Ein Übertritt in die Partei, die Sahra Wagenknecht gründen möchte. Rupp: „Nicht nur einige politische Ansichten, auch der Personenkult, der da betrieben wird, ist mir suspekt.“