Busfahrer droht lange Gefängnisstrafe

von Redaktion

Schwerer sexueller Kindesmissbrauch – Sicherungsverwahrung steht im Raum

Traunstein/Waldkraiburg – Ein Anfang 2023 zu neun Jahren Gefängnis wegen Kindesmissbrauchs von minderjährigen Buben in zwölf Fällen in den Jahren 2021/2022 verurteilter Ex-Busfahrer (57) aus Waldkraiburg muss wegen weiterer Taten in den 1990er-Jahren an drei Jungen, darunter seinem leiblichen Sohn, mit einer weiteren hohen Freiheitsstrafe rechnen. Die Staatsanwältinnen Theresa Finsterwalder und Helena Neumeier plädierten im Prozess der Jugendkammer Traunstein mit Vorsitzender Richterin Heike Will gestern auf eine Gesamtstrafe von 14 Jahren sowie anschließende Sicherungsverwahrung.

Der erste Prozess der gleichen Kammer hatte im Oktober 2022 begonnen. Die Berichterstattung darüber ermutigte den Sohn, sein Schweigen zu brechen und seinen Vater wegen vergleichbarer Missbrauchstaten in der eigenen Kindheit anzuzeigen. Zwei weitere mutmaßliche Geschädigte, Jugendfreunde des Sohnes, entschieden daraufhin, ebenfalls zur Polizei zu gehen. Als die zwischen 25 und 30 Jahre zurückliegenden Taten an den drei Männern im Kindesalter offenbar wurden, startete die Kripo Mühldorf weitere Ermittlungen, die in dem jetzigen Prozess mündeten.

Das erste Urteil mit den neun Jahren Haft wurde Ende August 2023 rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hatte die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Die Staatsanwältinnen sahen alle Vorwürfe als in der Beweisaufnahme bestätigt an. Der 57-Jährige sei wegen zahlreicher Missbrauchsdelikte und weiterer schwerer Taten wie vielfacher Vergewaltigung der Kinder zu verurteilen.

Angeklagter wirkte
teils desinteressiert

Bei der eindringlichen Darstellung der Vorwürfe durch die Anklägerinnen wirkte der Ex-Busfahrer nur bedingt interessiert. Er verzog keine Miene, auch nicht beim Thema Sicherungsverwahrung. Diese Maßregel bedeutet: Ein Straftäter gelangt nach Verbüßen seiner Strafe erst dann in Freiheit, wenn von ihm keine Gefahr erheblicher Taten mehr ausgeht. Nach Überzeugung der Staatsanwältinnen liegen die formellen Voraussetzungen für Sicherungsverwahrung vor, wie ein „Hang“, den der Angeklagte aber weder einsieht noch behandeln lassen will, sowie eine hohe Wiederholungsgefahr. Der 57-Jährige habe raffinierte Strategien entwickelt, um nicht entdeckt zu werden. Er habe Drohszenarien geschaffen, um Kinder einzuschüchtern und sexuell massiv zu missbrauchen. Die Sicherungsverwahrung sei „das schärfste Schwert des Strafrechts“, unterstrich Theresa Finsterwalder. Und weiter: „Aber dieser Prozess hat gezeigt, dass Kinder vor dem Angeklagten geschützt werden müssen.“

Das Leid der Opfer hob Nebenklagevertreter Jörg Zürner aus Mühldorf heraus. Ihr Motiv, zur Polizei zu gehen, sei einzig im Verhalten des Angeklagten gelegen, der im ersten Verfahren von „Lügen“ und „Komplott“ gesprochen habe. Zürner wörtlich: „Das war dem Sohn und den anderen Geschädigten zu viel. Wir haben kein Komplott, keine Lügenmärchen, sondern die reine Wahrheit.“ Die Opfer der Lüge zu bezichtigen, sei ein weiterer Missbrauch. Der 57-Jährige habe die Buben zum „billigen Objekt seiner eigenen Lust“ gemacht, dafür ein „perfides System entwickelt“.

Die Verteidiger Axel Reiter aus Mühldorf und Dr. Markus Frank aus Rosenheim hingegen beantragten Freispruch zu Lasten der Staatskasse – „weil ein Tatnachweis nicht geführt werden kann“. Eine Sicherungsverwahrung komme nicht in Betracht. Das Verteidigungsverhalten mit Schweigen dürfe ihrem Mandanten nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Verteidiger bezweifeln Glaubwürdigkeit

Für den Fall einer Verurteilung führten die Anwälte zahlreiche Strafmilderungsaspekte an beziehungsweise äußerten sie Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschädigten. Alle Beteiligten seien miteinander verbunden. Die Verteidiger stellten Falschaussagen und finanzielle Motive wie eine Erbschaft in den Raum. Nach dem Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ sei der 57-Jährige freizusprechen. Dieser verzichtete auf ein „letztes Wort“. Das Urteil wird am 13. November verkündet. Monika Kretzmer-Diepold

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