Lebenswerk des Padre wirkt weiter

von Redaktion

Zwei Brüder, eine Mission: Jahrzehntelang stießen Sebastian und Hans Obermaier aus Rosenheim in Bolivien ein Hilfsprojekt nach dem anderen an. Jetzt sind beide tot. Doch das Lebenswerk des „Padre“ Obermaier wirkt weiter.

Rosenheim/La Paz – „El Padre“, deutsch „der Vater“: So haben die vielen mittellosen und verarmten Aymara-Indígenas im Hochland über La Paz Sebastian Obermaier anerkennend-respektvoll genannt. Worum es sich auch drehte, der Rosenheimer Pfarrer – Vaterfigur für Zehntausende – hatte immer eine Idee.

Und eine Idee umzusetzen, ihr Taten folgen zu lassen, so schnell wie nur möglich – darin war Obermaier ein wahrer Meister. Exemplarisch stehen dafür die zehn Schulen, die er dank der Spendenbereitschaft unserer Leserinnen und Leser im Zuge der OVB-Weihnachtsaktion 2002 bauen ließ. Kaum war die Aktion Anfang 2003 beendet, waren die Schulen auch schon fertig – typisch Obermaier.

Man müsste sein Leben verfilmen

Obermaier, 1934 in seinem Elternhaus am Rosenheimer Ludwigsplatz geboren und 1978 als Missionar nach Bolivien gekommen, war mehr als ein Seelsorger. Eigentlich müsste man sein Leben verfilmen.

Lebensretter, Arzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Sozialarbeiter, Baumeister, Straßenplaner, Staubekämpfer, Spielzeugsammler, Fernsehmoderator, Friedensstifter im Bürgerkrieg, Filmschauspieler, Comicfigur, Gitarrenspieler: Wenn der Zweck die Mittel heiligte, war Obermaier – Macher, Hoffnungsträger und sicher einer der außergewöhnlichsten Pfarrer der Welt – jede Rolle recht.

Obermaier predigte Wasser – und trank Wasser, keinen Wein. Dazu gab es trockenes Brot.

Er lebte spartanisch, schlief jahrzehntelang in einem Zimmer, in dem gerade einmal sein Bett Platz hatte, kämpfte unermüdlich gegen die Armut und für den Glauben.

Als 2003 der Bürgerkrieg tobte, holte er mit seiner improvisierten Mini-Ambulanz Verwundete aus Schützengräben. Bolivien wählte den Oberbayern zum „Mann des Jahres“.

Doch im August 2016, beim Morgengebet um 6 Uhr früh, Obermaier war gerade auf dem Sprung zur Frühmesse in seiner Pfarrei „Cuerpo de Cristo“ in der Millionenstadt El Alto, blieb das Herz des fast 82-Jährigen stehen, den das Ordinariat längst in den Ruhestand hatte schicken wollen. Sein Tod war ein Herzinfarkt für seine komplette Pfarrei, ja für ganz El Alto.

Nach dem Tod des Padre war nun sein Bruder, Hans Obermaier, mehr denn je gefragt. Wie es nun weiter- gehen musste mit den Bildungs- und Sozialprojekten des Padre, mit seinen Kirchen, Schulen und Kindergärten und dem großen Altenheim – das wusste keiner besser als er. Schließlich hatte Hans Obermaier zahlreiche Entwicklungen in El Alto von Rosenheim aus mitangestoßen, begleitet und für Spendennachschub gesorgt.

Umso schmerzlicher war der Verlust, der den Verein „Stiftung Bolivienhilfe Padre Obermaier“ Ende 2023 traf. Nach langer Krankheit starb im Alter von 85 Jahren auch Hans Obermaier, sieben Jahre nach dem Tod des Bruders – liebevoll gepflegt von seiner Frau Carola, in den eigenen vier Wänden in Rosenheim-Oberwöhr. Das Requiem, das in der Kirche St. Josef der Arbeiter in Oberwöhr stattfand – gestaltete ein weiterer Bruder: Prälat Josef Obermaier.

Nicht nach Südamerika, sondern nach Niederbayern hat es den Pädagogen Hans Obermaier gezogen. Viele Jahre hat er als Direktor das Johann-Nepomuk-Gymnasium in Rohr im Kreis Kelheim geleitet. Schon von dort aus hat er sich aufopferungsvoll für die Bolivienhilfe eingesetzt. Für sein soziales Engagement in Schule und Kirche erhielt der Oberstudiendirektor eine hohe Auszeichnung: Träger des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

In 38 Jahren hat Obermaier von Rohr und Rosenheim aus rund 120 Rundbriefe des Padre aus El Alto verfasst, erst nur an einen kleinen Kreis von Freunden und Unterstützern, dann an ein immer größeres Netzwerk in ganz Bayern und darüber hinaus. Die Rundbriefe öffneten Sebastian viele Türen – und verhalfen ihm zu zahlreichen Spenden.

Ein würdevolles Dasein bis zum Schluss – darum ging es beim Bau eines großen Altenheims für die Pfarrei „Cuerpo de Cristo“. Das Herkulesprojekt mit zwei Geschossen und einer Gebäudelänge von 120 Metern war für Hans Obermaier eine Herzenssache. Die Baupläne und die Entwürfe für den Aufzug ins Obergeschoss hat er selbst gezeichnet, bei der Einweihung des neuen St.-Martin-Heimes – „San Martín“ – 2007 ist er selbst dabei gewesen.

Aber wie geht es jetzt weiter? „Das Vermächtnis des Padre ist gewaltig“, sagt Georg Liegl aus Söchtenau, „aber unser Hans Obermaier hat alle Weichen für eine optimale Fortführung der Mission gestellt.“

Als deren Vorstand ist Liegl seit Jahren ebenfalls eine treibende Kraft der „Stiftung Bolivienhilfe“. Dank einer engen Zusammenarbeit mit Adveniat in Essen, detailliert ausgestalteten Statuten der Stiftung „Cuerpo de Cristo“ und guten, zuverlässigen Leuten in der Pfarrei könne der Verein weiterhin garantieren, dass „jede Unterstützung zuverlässig in der Pfarrei in El Alto verwendet wird.“

Das neueste Projekt: eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Altenheims – eine vielversprechende Sache angesichts der gewaltigen Sonnenkraft auf 4000 Metern Höhe und der Gebäudelänge von 120 Metern. Hierfür wurden soeben erste Weichen gestellt, erst per Videokonferenz: hier Georg Liegl mit zwei Rosenheimer Mitstreitern in der Bolivienhilfe, Wilhelm Hermann und Dr. Manfred Griehl, dort Thomas Wieland von Adveniat.

Hühnerschar und Gemüse wachsen

Jetzt fehlt nur noch das Geld. Liegl glaubt fest daran, „dass uns unsere treuen Wegbegleiter weiter unterstützen.“ Zumal rund ums Altenheim die Hühnerschar und das Gemüse wachsen und gedeiht.

Die Botschaft ist klar: Es geht weiter in El Alto. Die Saat, die Sebastian und Hans Obermaier gelegt haben, geht auf.

Bolivienhilfe, Kontakt: Georg Liegl, 08038-1607. Spendenkonto, „Stiftung Bolivienhilfe Padre Obermaier“: VR-Bank, IBAN DE 59 7116 0000 0000 8006 00.

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