Rosenheim – Wollen die Bürgerinitiativen gegen den Brenner-Nordzulauf ihren eigenen Nordzulauf entwerfen? Es macht ganz den Anschein. In einer Mitteilung, die am gestrigen Montag an die Öffentlichkeit ging, kündigte die Vereinigung der Trassengegner, zusammengefasst im Brenner-Dialog Rosenheimer Land, eine neue Planung zum umstrittenen Jahrhundertprojekt an.
„Die Bürgerinitiativen im Raum Rosenheim reichen ihre eigene Alternative beim Eisenbahnbundesamt ein, die im Vergleich zur Planung der Bahn schneller, billiger und nachhaltiger ist.“ So heißt es in der Mitteilung der Bürgerinitiativen. Am Dienstag, 28. November, stellen die Gruppen ihren Plan vor.
Initiativen gehen Weg
durch die Instanzen
Dabei gehen die Initiativen den Weg durch die Instanzen – ganz so wie das Planungsteam der Bahn um Chefplaner Matthias Neumaier. Sie wollen demnach ihre Planungen noch im Winter beim Eisenbahn-Bundesamt einreichen. Parallel zu den konkreten Vorschlägen, Forderungen und Bedenken der Region Rosenheim, die derzeit von den Kommunen formuliert werden. Sie sollen in den nächsten Wochen als Katalog der „Kernforderungen“ beim Bundesamt eingereicht werden. Erst dann gehen die Unterlagen ans Bundesverkehrsministerium. Das letzte Wort soll 2025 der Bundestag haben.
Was die Vorschläge der Bürgerinitiativen angeht, bleibt BI-Chef Lothar Thaler zurückhaltend. Er hält die Details geheim. Erst am 28. November soll das Konzept der Trassengegner der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Bis dahin wollen wir der Bahn etwas zum Knabbern geben“, sagt Thaler auf OVB-Anfrage.
Bereits bei ihren Einladungen zu zwei Diskussionsrunden mit den Landtagskandidaten der Region Rosenheim hatten die Gruppen klargemacht, dass sie nicht gegen die Bahn an sich sind, in ihr vielmehr einen Ansatz zur Lösung der immensen Verkehrsprobleme sehen.
„Die Bürgerinitiativen befürworten eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene“, hieß es in den Einladungen zu den Diskussionsveranstaltungen. Doch sei das Projekt der Bahn zu groß dimensioniert. Das Megaprojekt der DB-Planer werde zehn Milliarden Euro an Steuergeldern für eine Fehlplanung verschlingen, die für eine tatsächliche Verlagerung auf die Schiene dann nicht mehr zur Verfügung stehen. „Deshalb fordern wir intelligente Lösungen für Region und Land.“
BI lässt Worten
Taten folgen
So schrieb seinerzeit der Brenner-Dialog. Und will jetzt Taten folgen lassen. Die Lösung der Bürgerinitiativen zeichne sich dadurch aus, dass sie rechtzeitig zur Eröffnung des Brenner-Basistunnels bis 2032 fertiggestellt sei, Steuergelder spare und „verträglich ist für Umwelt, Landwirtschaft, Tourismus und Bevölkerung“, wie es in der Mitteilung heißt, die am Montag die Runde machte.
Während die Bahn eine Fertigstellung ihres Mega-Projektes bis 2040 vorhat, ziehen die Neubau-Trassengegner eine „Lösung in Stufen“ vor, wie Lothar Thaler gegenüber dem OVB andeutet. Sicherlich wird dazu der Ausbau der Bahnlinie von München über Mühldorf nach Freilassung gehören.
Eine Umfahrung von Ortschaften soll nicht mehr zu den Vorschlägen der Initiativen gehören. Die Veregg-Rössler-Studie „sind nur erste Gedankenspiele gewesen“, sagt Thaler. Allerdings müsse man sich weiterhin überlegen, wie man mit dem Haupthindernis umgehen wolle – der Stadt Rosenheim. „Bei Bedarf muss der Knoten Rosenheim gelöst werden“, sagt Thaler.
Trassengegner hatten eben dafür schon mal eine Unterfahrung des Bahnhofs Rosenheim ins Gespräch gebracht. „Der Seeton ist jedenfalls kein Problem“, betont der Vorsitzende des Brenner-Dialogs, auf das berüchtigste Verkehrshindernis für Großprojekte aller Art im Raum Rosenheim angesprochen.
Rechnen die Bürgerinitiativen tatsächlich damit, dass zum Planen noch mehr Zeit bleibt? Es sieht ganz so aus. Die Fertigstellung des Brennerbasistunnels bis 2031 „kann man knicken“, ist sich Thaler sicher.
Verzögerungen und
Kostensteigerungen
Tatsächlich mehren sich die Nachrichten auf Verzögerungen und Kostensteigerungen bei dem Mega-Bauwerk, das nach einem Jahr mit Probe-Betrieb 2032 zunehmend Güterverkehr aufnehmen sollte. Überhaupt werde man, was die eigenen Planungen angeht, stets über die Landesgrenze schauen, verspricht Thaler. Bevorzugt nach Italien: „Wenn im Süden irgendwann mal vierspurig ausgebaut ist, kann man sich immer noch was überlegen.“