Aschau/München – Das Urteil ist da. Der Bund Naturschutz ist zufrieden, alle anderen sind es nicht. Denn das Verwaltungsgericht München hat der Klage des Bund Naturschutz stattgegeben und den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes Rosenheim zum Neubau der Kampenwandseilbahn gekippt.
Die Genehmigung von 2022 ist nach Ansicht der zuständigen Kammer unbestimmt und damit rechtswidrig. Aus dem Genehmigungsbescheid und aus Unterlagen lasse sich „nicht eindeutig entnehmen, welche Bäume für die Aufweitung der Trasse gefällt werden dürfen“. Es könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts, dass für den Neubau der Kampenwandseilbahn Baumfällungen im Naturwald erforderlich werden: „Die Fällung von Bäumen im Naturwald zur Ermöglichung des Betriebs der neuen Bahn ist aber unzulässig.“
Bund Naturschutz
erleichtert
Zwar könnten Bäume im Naturwald zur Verkehrssicherung ausnahmsweise gefällt werden, aber: „Die vorgesehenen Baumfällungen zur Erweiterung der Trasse würden keine Verkehrssicherungsmaßnahmen darstellen, sondern das Neubauprojekt erst ermöglichen.“ So die Ansicht des Gerichts. Rainer Auer, der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, ist froh, „dass es der Kampenwand erspart bleibt, dass sie von Leuten überschwemmt wird“. Es zeige sich, dass das Thema „Bäume“ schon so durchschlagend sei, dass alle anderen Argumente – wie der Schutz des Birkwildes – gar nicht mehr berücksichtigt werden mussten. Der Bund Naturschutz befürchtete unter anderem, dass die geplanten Kapazitätserweiterungen und die Nachtfahrten in dem ohnehin schon stark genutzten Gebiet mit hohem Freizeitdruck die Population des vom Aussterben bedrohten Birkhuhns einbrechen lassen könnten. „Ich hoffe, dass nun auch keine Nachtfahrten stattfinden“, so Auer. Denn diese, so die Auffassung des Gerichts, waren im gültigen Bescheid von 2017 nicht enthalten. Und damit dürfen sie nicht stattfinden. Bei Seilbahngenehmigungen ist prinzipiell alles verboten – außer dem, was ausdrücklich erlaubt ist.
Die Klage des Bund Naturschutz hatte sich gegen einen Änderungsbescheid des Landratsamtes Rosenheim von 2022 im Zusammenhang mit der bereits 2017 genehmigten Modernisierung der Anlage aus den 1950er-Jahren gerichtet. Ob Modernisierung oder Neubau: Die neue Kampenwandseilbahn hätte wesentlich höhere Kapazitäten, Personen auf den Berg hinauf- und wieder hinunterzubefördern, denn die historischen Viererkabinen sollen Achterkabinen weichen, in denen dann auch Kinderwagen oder Rollstuhl Platz hätten.
Der Bund Naturschutz bezweifelte unter anderem, dass es sich dabei wirklich nur um eine Änderung statt um eine völlig neue Genehmigung handelt. Das Landratsamt Rosenheim konnte und wollte sich am Mittwoch, 22. November, zu der Angelegenheit nicht weiter äußern. Denn während die Pressemitteilung des Gerichts schon im Internet stand, lag dem Landratsamt laut Sprecher Michael Fischer das Urteil noch nicht vor.
Wenn es dunkel wird, dann ist die Kampenwandseilbahn bis ganz hinauf in den Norden des Landkreises Rosenheim, ja bis weit in den Landkreis Mühldorf und die nördlichsten Zipfel des Landkreises Traunstein zu sehen. Sie ist „ein Markenzeichen in unserer touristischen Arbeit und unserem Angebot“, bringt es Tourismus-Chef Herbert Reiter auf den Punkt. „Die Kampenwandseilbahn sehe ich auch als zentralen Motor für die Besucherstromlenkung, als ein gebündeltes besonderes Bergerlebnis für Gäste, für Menschen aus der Region und der ganzen Welt.“ Er finde es toll, so Reiter, dass ein privater Unternehmer so ein Angebot mache. Dieser private Unternehmer ist Eric Zbil. Er hält auch nach dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichts an den Plänen zur Erneuerung der Bahn fest. „Das Gericht sieht die angegriffene Genehmigung des Landratsamtes Rosenheim zwar im forstrechtlichen Teil als zu unbestimmt an, hat das Vorhaben der Erneuerung der Kampenwandseilbahn aber nicht gänzlich infrage gestellt. Die festgestellte Unschärfe der neuen Genehmigung kann und muss nunmehr beseitigt werden“, so Zbil in einer Pressemitteilung.
Die Lage und Länge der Trasse der neuen Seilbahn sei identisch mit der bestehenden, so Zbil weiter, jedoch benötige die neue Seilbahn eine um beidseits jeweils etwa 2,5 Meter breitere Trasse als die bestehende. Diese Trassenverbreiterung war bereits 2017 genehmigt worden.
„Die Kampenwandseilbahn kann belegen, dass die mit verbindlichem Lageplan vom 22. April 2016 dargestellte künftige Seilbahntrasse auf ihrer ganzen Länge keinen 2020 ausgewiesenen Naturwald berührt“, so Zbil. „Damit lässt sich auch diese Hürde erfolgreich aus dem Weg räumen.“ Dem Betreiber stehe es offen, erneut eine Tektur zur bestandskräftigen Genehmigung aus dem Jahr 2017 zu beantragen, heißt e
Betreiberfamilie
analysiert Urteil
Die Betreiberfamilie der Kampenwandseilbahn wird, heißt es in der Pressemitteilung, die schriftliche Urteilsbegründung und die Stellungnahme des beklagten Landratsamtes nunmehr analysieren, um mit dem Landratsamt die nächsten Schritte abzuwägen.
Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragen. Sollte Familie Zbil das tun, bleibt der Bund Naturschutz dran. „Davon können Sie ausgehen“, bestätigt Auer.