Stephanskirchen/Rohrdorf – „Einfach per Schreiben festzustellen, dass auf unserem Gemeindegebiet Probebohrungen durchgeführt werden, ohne sich vorher in dieser Sache abzustimmen – dieses Vorgehen des Landratsamtes wollen wir so nicht hinnehmen.“
Gesagt haben das nahezu wortgleich sowohl Stephanskirchens Bürgermeister Karl Mair als auch Rohrdorfs Bürgermeister Simon Hausstetter. Gut zwei Jahre ist das her. In beiden Gemeinden waren Gemeinderäte und Verwaltungsmitarbeiter sauer, dass die wasserrechtlichen Bescheide kommentarlos in der Post lagen. Zumal beide Gemeinden sich schon gegen Bohrungen auf ihrem Grund ausgesprochen hatten.
Bohrung an
sensiblen Plätzen
Und die von der Bahn gewünschten Stellen für Erkundungsbohrungen zum Teil an sensiblen Plätzen sind. In Rohrdorf-Unterimmelsberg etwa in einem Biotop. In Stephanskirchen-Innleiten an der unteren Innhangkante oberhalb von zwei Fischzuchtbetrieben. Am Ende eines Sträßchens, das gerade breit genug ist für Pkw. Nicht aber für die 40-Tonner der Bahn. „Wir klagen“, war dann auch der Tenor. Zunächst in Stephanskirchen, mit sehr großer Mehrheit. Weil die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung den Brenner-Nordzulauf, so wie er jetzt geplant ist, für falsch halten. Und für überflüssig. Und deswegen Widerstand leisten wie weiland Asterix und seine Freunde gegen die Römer. „Mit der Bezeichnung ‚gallisches Dorf‘ kann ich sehr gut leben“, sagt Mair schmunzelnd. Seinem Kollegen Hausstetter geht es ähnlich. Denn nur kurze Zeit später wurde Rohrdorf zum zweiten gallischen Dorf. Schloss sich der Stephanskirchener Klage an.
Das Verwaltungsgericht München hat nun diese Klagen der Gemeinden Stephanskirchen und Rohrdorf gegen die der Bahn vom Landratsamt erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse für Boden- und Grundwassererkundungen zur Vorbereitung der Planung für den Brenner-Nordzulauf abgewiesen. Es betrachtet die Klagen als unzulässig. Die Gemeinden hätten keine Umstände aufgezeigt, aus denen sich auch nur eine mögliche Verletzung eigener Rechte durch die vom Landratsamt Rosenheim erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse ergibt, heißt es in einer Pressemitteilung. Beide Bürgermeister kannten am Donnerstagnachmittag (23. November) das Urteil noch nicht in Gänze. „Ich nehme das zur Kenntnis, kann es aber nicht nachvollziehen“, so Hausstetter.
Die Gemeinden könnten, so das Verwaltungsgericht in München, ihre rechtlichen und tatsächlichen Bedenken gegen den Brenner-Nordzulauf nicht bereits bei den in den vorliegenden Verfahren allein streitigen wasserrechtlichen Erlaubnissen für Grundwassermessstellen geltend machen. „Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Beurteilungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamts Rosenheim bestehen fachlich gegen die Bohrungen keine Einwände“, heißt es vonseiten des Verwaltungsgerichts. Wie geht es weiter? „Wir werden auf keinen Fall aufgeben“, sagt Mair. Denn an der Auffassung, dass die Planung für den Brenner-Nordzulauf zu massiv, überflüssig und falsch ist, hätte sich nichts geändert. Dass die Gemeinden Berufung zum Verwaltungsgerichtshof einlegen, ist noch offen, aber wahrscheinlich. Da wollen sich beide Bürgermeister aber zunächst mit der gemeinsamen Anwältin kurz schließen und dann natürlich ihre Gemeinderäte befragen. Erfolgreich verzögert haben die beiden gallischen Dörfer Arbeiten am Brenner-Nordzulauf mit ihren Klagen bereits. Die Kostenschätzungen für das Mammutprojekt sind in den vergangenen zwei Jahren nicht nach unten gegangen, im Gegenteil.
Blick auf die
steigenden Kosten
Von zehn Milliarden Euro Baukosten für die Strecke von Kiefersfelden bis an den Münchner Stadtrand ist derzeit die Rede, Tendenz steigend. Ein gewisses Maß an Heiterkeit schwingt trotz der juristischen Niederlage in Mairs Stimme mit, als er mit Blick nach Berlin festhält: „Aus finanzieller Sicht spricht derzeit immer mehr gegen das Projekt.“