Schechen – „Hat denn kein Mensch mehr Respekt vor sakralen Räumen?“, habe er sich gefragt, sagt Schechens Pfarrer Herbert Aneder im exklusiven Gespräch mit dem OVB. Und noch heute, fast anderthalb Jahre nach dem Schäferstündchen auf dem Marienberger Altar, ist die Empörung nicht zu überhören. „Ich fahre doch auch nicht nach Herrenchiemsee und lege mich ins Himmelbett von König Ludwig“, sagt er.
Was Aneder ein wenig ärgert: Der 39-jährige Rosenheimer, der sich auf und am Altar mit seiner 26-jährigen Frau vergnügte und dabei fotografierte und filmte, ist wegen Betrugs in diversen Fällen, wegen häuslicher Gewalt, Freiheitsberaubung, Bedrohung und anderen unschönen Dingen angeklagt. Die ganze öffentliche Aufmerksamkeit konzentriere sich aber auf den Nebenanklagepunkt „beschimpfenden Unfug“ in der Kirche, wie es in der Anklageschrift heißt. „Ja, Sex in der Kirche ist eine strafbare Handlung“, sagt Aneder, „aber ist alles andere schon so alltäglich, dass es kaum noch beachtet wird?“
Im Pfarrverband Pfaffenhofen sei die Stimmung durchwachsen, berichtet Aneder. Das alles beherrschende Thema sei das Schäferstündchen in der Kirche nicht.
Ein Teil der Gemeindemitglieder betone, dass in der Kirche eben nicht nur unter den Priestern, sondern auch bei den Gläubigen Dinge geschehen, die alles andere als in Ordnung sind. Der Großteil habe das Thema aber längst abgehakt. Bürgermeister Stefan Adam hat ebenfalls festgestellt, dass das Schäferstündchen im Altarraum die Schechener nur mäßig beschäftigt. Und kaum jemanden aufwühlt. Wenn, dann werde das Thema eher erheitert kommentiert.
Das habe er vor Kurzem auch in einer größeren privaten Runde festgestellt. „Da kamen eher lockere Sprüche oder Schmunzeln“, so der Bürgermeister. Es gebe andere Dinge, die die Gemeindebürger mehr beschäftigten.
Pfarrer Aneder vermutet, dass der Altarraum der Marienberger Kirche neu geweiht wird. Denn als ein Friedensaktivist in diesem Sommer nackt den Altar des Petersdoms in Rom erklomm, habe es auch einen Buß-Ritus wegen der „Schändung“ gegeben. Die Entscheidung liege aber beim erzbischöflichen Ordinariat. Wer die Weihe dann vornehme, entscheide der Generalvikar.
Im Strafgesetzbuch gibt es einen eigenen Paragrafen zur Störung der Religionsausübung. Die Norm sei sicher schon älter, kommentiert Stefan Tillmann, Pressesprecher des Rosenheimer Amtsgerichts, die Formulierung „beschimpfenden Unfug“, die darin enthalten ist. „Ein Schäferstündchen auf dem Altar dürfte ziemlich sicher darunter fallen.“ Sylvia Hampel