Erste Hilfe und erste Liebe

von Redaktion

Wenn im Sanitätshelferkurs der Johanniter plötzlich der Puls hoch geht, muss es sich nicht zwangsweise um einen Notfall handeln. Manchmal spielen einfach nur die Hormone verrückt. So wie bei Sebastian Obermaier (26) und Lucia Herzog (25). Eine schöne Liebesgeschichte zum zweiten Advent.

Rosenheim/Mühldorf – „Bei mir hat’s auf Anhieb gefunkt“, erinnert sich Sebastian Obermaier. Es passiert Ende 2018. Der junge Zimmerer, damals 21, engagiert sich wie immer im Ausbilderteam eines Sanitätshelferkurses, den die Johanniter unter widrigen Bedingungen in ihrer auch schon damals viel zu kleinen Rettungswache durchziehen.

Wie immer kommen die Kursteilnehmer von überall her. Lucia Herzog, damals 20, das Abi ganz frisch in der Tasche, kommt aus Vogtareuth. Dort ist sie schon einige Jahre bei der Feuerwehr dabei – „und da kann ein Sanitätshelferkurs ja nicht schaden“, denkt sie sich. Die Raumnot beim Kurs in Wasserburg stört die junge Feuerwehrlerin nicht weiter, stattdessen beeindruckt sie die angenehme Atmosphäre dort: „Lauter nette Menschen.“

Einer dieser netten Menschen ist Sebastian. Bei Lucia funkt es nicht sofort, aber sie mag ihn und lernt bald vieles an dem jungen Mann schätzen, der schon bald „ihr Sebi“ sein wird – seine ruhige Art, seine soziale Ader, sein großes Engagement. So wird aus Zuneigung schnell Liebe. Im Frühjahr 2019 funkt es richtig: Erstes Händchenhalten, erster Kuss – seither sind sie ein Paar, wohnen mittlerweile in Wasserburg auch zusammen.

An der Geschichte von Sebastian und Lucia lässt sich gut festmachen, worum es bei der Weihnachtsaktion „OVB-Leser zeigen Herz“ geht: um junge Menschen wie sie, die sich ehrenamtlich und gemeinschaftlich für andere einsetzen, etwas bewegen und die Welt ein bisserl besser machen – für die vielen Menschen in der Region, die auf Unterstützung angewiesen sind. Und das tun inzwischen so viele Johanniter, dass die veraltete Dienststelle zu einem Klotz am Bein geworden ist.

Sebastian – ein Helfer
durch und durch

„Irgendwia kriang ma imma ois hi“ – auch für diesen programmatischen Satz, der ihm oft über die Lippen kommt, liebt die Lucia ihren Sebi. Aber alles hat seine Grenzen, und so freut sich Obermaier schon riesig aufs neue Johanniter-Zentrum Oberbayern Südost, das viermal größer als die jetzige Wache sein wird. Jeder Cent aus der OVB-Weihnachtsaktion fließt in das Großprojekt, das die Johanniter vorwiegend mit Spendengeldern stemmen müssen.

Obermaier ist ein Johanniter durch und durch. Die Jahr für Jahr größere Raumnot begleitet ihn seit 2010 durch den Helferalltag. So lange ist er schon dabei. Als zwölfjähriger Realschüler noch selbst Teil einer der ersten Jugendgruppen, macht er schon mit 16 die Ausbildung zum Sanitätshelfer, immerhin ein 80-stündiger Marathon. Dann lässt er sich in München alles beibringen, was man zum Jugendgruppenleiter braucht. Schließlich wird er auch noch Rettungssanitäter. Bis heute übernimmt der gelernte Zimmerer Nachtschichten, fährt First-Responder-Einsätze, betreut Jugendgruppen oder zeigt in Kursen, wie eine Herzdruckmassage geht – alles ehrenamtlich.

Filmreifes Szenario
beim ersten Einsatz

Seinen ersten Notfalleinsatz als Rettungssanitäter wird er nie vergessen: eine drohende Hausgeburt, es konnte jeden Moment losgehen – „eigentlich das Schlimmste, was einem jungen Mann wie mir passieren konnte“, fasst er sich noch heute an den Kopf.

Erschwerend hinzu kam, dass es sich um eine junge Frau aus Eritrea handelte, die im Begriff war, in einer Wasserburger Unterkunft für Asylsuchende jeden Moment ihr Kind zu Welt zu bringen. „So close“, winselte ihm die sich vor Schmerzen krümmende Frau auf Englisch zu und zeigte mit zwei Fingern, wie wenig noch fehlte – während drei andere Frauen aus Afrika ganz entspannt auf dem Sofa saßen und strickten. Eine filmreife Szene – da kann selbst eine stoisch ruhige Helferseele wie Obermaier schon mal die Balance verlieren. Doch zum Glück gab es ein Happy End: „Die Frau kam noch rechtzeitig in die Klinik und brachte ein gesundes Mädchen zur Welt.“

Keine schwere Geburt ist hingegen Sebastians privates Glück mit Lucia – auch wenn die Zweisamkeit daheim oft zu kurz kommt. Er ist schwer eingespannt mit den Johannitern und der Stadtkapelle, wo Obermaier das Baritonhorn spielt; und Lucia hat soeben erst ihr duales Studium in Sozialer Arbeit abgeschlossen, fasst gerade beruflich Fuß im Kreis Ebersberg, wo sie als verantwortliche Teamleiterin den Betrieb von zwei Wohngemeinschaften für Menschen mit geistiger Behinderung „managt“ – Schichtdienste sind auch hier die Regel. Dennoch wollen die zwei so schnell nicht kürzertreten – schon gar nicht, wenn hoffentlich bald das neue Johanniter-Zentrum kommt. Und so schweißt der ehrenamtliche Einsatz die zwei immer mehr zusammen.

Und es geht auch
ganz ohne Tinder

Lucia kennt Gleichaltrige, die im Internet Partnerbörsen-Plattformen wie Tinder abgrasen, um den Richtigen oder die Richtige zu finden. „Vielleicht wären sie da bei uns Johannitern besser aufgehoben“, lacht die 25-Jährige – wobei sie betont, dass sie nicht auf der Suche war, als bei ihr aus Erster Hilfe die erste große Liebe wurde.

„Aber Helfen verbindet halt, und sozialen Menschen zu begegnen, kann etwas sehr Anziehendes und Ansteckendes haben.“ Und wenn man so einen sozialen Mann auch noch daheim hat – umso besser.

Überweisungsträger für die
OVB-Weihnachtsaktion liegen heute bei.

Die Namen der
Spender, Seite 41

Johanniter: Einsatz für die ganze Region

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