Auf einmal gehen die Uhren anders

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Mitten in den heftigen Schneefällen vor Tagen ist unsere Kirchturmuhr plötzlich stehengeblieben. Mittlerweile geht sie wieder, allerdings nicht mehr ganz richtig. Der beauftragte Kundendienst einer Spezialfirma lässt noch auf sich warten. So hätte ich letzte Woche beinahe einen wichtigen Termin versemmelt, weil ich mich von meinem Schreibtisch aus auf die Turmuhr eigentlich immer verlassen kann. Momentan geht die Uhr aber anders. Allmählich gewöhne ich mich daran und denke mir, dass bei Gott schließlich auch alle Uhren anders gehen. Er kommt auf die Welt, um an der Seite der Menschen zu sein, hält sich dabei aber an keinen Zeitplan und keine Spielregeln. Die Geburt in Bethlehem kommt zur Unzeit und bringt alles durcheinander. Den Weg zur Krippe finden nur die Hirten, die keine Uhr haben, aber einen wachen Blick in den Himmel und ein offenes Herz. Sie können sich auf den Weg machen, weil sie terminlich nicht anderweitig verplant sind. „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde“, heißt es bei Schiller. Vermutlich werde ich weiterhin bemüht sein, die Termine in meinem Kalender einzuhalten und an Weihnachten in unseren Pfarrkirchen pünktlich zu den Gottesdiensten zu erscheinen. „Gottes Dienst“ an uns ist jedoch ein anderer. Weihnachten ist eine grundsätzliche Anfrage an uns, ob wir sein Ankommen in unserem Leben zulassen und seiner Liebe einen Platz geben. Nicht erst, wenn uns einmal die letzte Stunde schlägt und dann ohnehin alle Uhren für uns stehenbleiben, sondern genau jetzt im gegenwärtigen Moment.

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