Bären-Angst in der Region

von Redaktion

Große Aufregung in den Bergen in Inntal, Chiemgau und Berchtesgadener Land: Im April 2023 stapfte ein Braunbär durchs Grenzgebiet und riss mehrere Tiere. Es folgten täglich neue Grusel-Bilder, Spekulationen und Diskussionen – bis die Geschichte ein jähes Ende fand.

Die Rückkehr von Beutegreifern wie Bär und Wolf macht den Landwirten in der Region Sorgen. Foto dpa

Rosenheim/Oberaudorf – Es waren zunächst nur ein paar – wenn auch riesengroße – Spuren im Schnee und ein Büschel Haare. Am Wochenende um den 15. und 16. April tauchten in einem Schneefeld in der Nähe von Kiefersfelden erstmals Tatzenabdrücke auf. Der Verdacht: ein Bär.

Kurz nachdem das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) die Pranken-Spuren zweifelsfrei dem „Verdächtigen“ zuordnen konnte, machte eine Almbäuerin in den Morgenstunden des 19. Aprils eine grausame Entdeckung: Zwei Schafe lagen auf das Übelste zugerichtet tot auf einer Almwiese. Ganz in der Nähe des Bichlersees bei Oberaudorf an einer Bergflanke des Wildbarrens. Ein weiteres Tier fand die Bäuerin mit einer klaffenden Wunde am Hals.

Landwirte und Jäger in Alarmbereitschaft

Der Fund versetzte Landwirte, Almbauern und Jäger in der Gegend in Alarmbereitschaft. Nachdem in den Jahren zuvor der Wolf ein ums andere Mal durch die Region gezogen war, fürchteten sie erneut um ihre Tiere auf den Almen. Vor allem, weil der Frühling und damit die Weidesaison vor der Tür standen. Jedoch schien auch in der Bevölkerung im Inntal die Verunsicherung zu wachsen – erst ein paar Wochen zuvor hatte ein Braunbär in Norditalien einen Jogger im Wald getötet.

Vom scheuen Oberaudorfer Bär fehlte zunächst aber jede Spur. Gekommen war dieser in die Region Rosenheim – wie sich erst Monate später herausstellte – über das Mangfallgebirge aus dem Landkreis Miesbach. Obwohl von Meister Petz nach den Rissen am Bichlersee mehrere Tage nichts zu sehen war, machten täglich neue Gerüchte die Runde. Der Bär sei dort entlang, der Bär sei hier entlang. Immer wieder wurden Fotos von vermeintlichen Spuren aufgenommen und grausam zugerichtete Rehe gemeldet. Dennoch kehrte in den Bergen im Inntal etwas Ruhe ein.

Nach dem Bär
kam der Wolf

Bis zum Wochenende um den 21. und 22. April: Wieder wurden in der Nähe des Bichlersees Schafe gerissen. Der Bär soll es allerdings nicht gewesen sein, der stapfte zu der Zeit in Richtung Sudelfeld. Tourengeher fanden dort mehrere Tatzenabdrücke des Raubtieres im Schnee. Schnell war für viele klar: Es muss der Wolf gewesen sein. Inzwischen bestätigte das LfU, dass es in diesen Tagen im Landkreis Rosenheim Risse durch einen weiblichen Wolf gab.

Die Kombination der beiden großen Beutegreifer rief auch die Politik auf den Plan. Wenige Tage nach den erneuten Grusel-Funden versammelten sich mehrere Politiker – darunter Ministerpräsident Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger – am Bichlersee und sprachen mit den Landwirten und Almbauern der getöteten Tiere.

Raubtiere zogen weiter gen Osten

Den Raubtieren schien die Aufregung im Inntal hingegen zu viel zu sein, sie zogen weiter – vermutlich in Richtung Osten. Während sich die Spur der Wölfin verlor, tappte der Bär Anfang Mai bei Meisau in eine Fotofalle und hinterließ bei Siegsdorf ganz in der Nähe einer Siedlung Spuren.

Bei Schneizlreuth gab es zudem weitere Schafsrisse. Aufgrund der großen Entfernung zwischen den Fundorten der Spuren und der Fotofalle, war auch kurze Zeit die Rede von zwei Bären in der Region. Beweisen ließ sich das jedoch nicht.

Den Beweis, dass es sich wohl die ganze Zeit um denselben Bären handelte, der durch die Region streifte, gab es erst Ende Mai. Allerdings auf traurige Weise: In Schwarzach im Salzburger Land erfasste ein Zug auf freier Strecke einen Braunbären, der den Zusammenprall nicht überlebte. Der Kadaver des Tieres wies den österreichischen Behörden zufolge schwere Verletzungen auf, so wurde dem Bären zum Beispiel die linke Hinterpranke komplett abgetrennt.

Wurde Bär bereits tot auf Gleise gelegt?

Gerüchte, wonach der Bär erst erschossen und dann auf die Gleise gelegt wurde, konnten nicht bestätigt werden. Das LfU bestätigte hingegen im Juli, dass die DNA des toten Bären mit höchster Wahrscheinlichkeit zu der des Bären passt, der im April in Oberaudorf seine Spuren hinterließ. Inzwischen ist der rund 110 Kilogramm schwere Braunbär, der die Region in Angst versetzte, präpariert und wird als Lehrmittel im Landesjagdzentrum der Salzburger Jägerschaft ausgestellt.

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