Rosenheim – Etwa 3000 autobegeisterte Tuner versammelten sich am Samstag auf einem Parkplatz im Aicherpark in Rosenheim.
Waren es zunächst nur Auto-Fans, die sich austauschten und ihre Fahrzeuge gegenseitig bewunderten, so wurde die Situation auch durch das Zünden von Böllern und weiterer Pyrotechnik schnell unübersichtlich. Nachdem die Polizei bereits bei einer ersten Ansammlung von rund 70 Tunern in Traunstein Kontrollen durchgeführt hatte, rückte sie schließlich in Rosenheim mit rund 100 Beamten an und räumte den Platz. „Aus unserer Sicht war der Einsatz sehr unerwartet, das Treffen war nicht angekündigt und es war eine plötzliche Ansammlung von sehr vielen Menschen“, erklärt Stefan Sonntag von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
Szenen wie
„aus dem Lehrvideo“
Über die Geschehnisse des Abends spalten sich allerdings die Meinungen. Das Vorgehen der Polizei wird von Beteiligten als zu grob angesehen. Sonntag sagt allerdings: „Das sind Szenen wie aus dem Lehrvideo. So sieht es aus, wenn man eine Person in Gewahrsam nimmt, wie man es in der Ausbildung gelernt hat.“ Zudem ist der Polizei bisher nichts von Verletzungen bei den Besuchern des Tuning-Treffens bekannt.
Anders schildert Umutcan Kiris die Situation. Er ist Manager von „Blacklist München“. Die Gruppierung trifft sich regelmäßig im kleinen, aber auch im größeren Kreis, wie es am 16. Dezember der Fall war. Laut Kiris gab es bei dem großen Treffen in Rosenheim durchaus Verletzte.
„Zwei von uns liegen im Krankenhaus“, erklärt er im Gespräch mit dem OVB. Einer der Betroffenen habe große Wunden an den Beinen, berichtet er. Die Polizisten seien „aggressiv“ gewesen und hätten mehrere Personen umgerempelt, sagt Kiris, der selbst nicht vor Ort war, aber über die Geschehnisse der Nacht im Bilde ist. Ein weiterer Tuner, der allerdings anonym bleiben möchte, erzählt, dass das Treffen ruhig gelaufen sei. „Bis zu dem Zeitpunkt, als die Polizei mit Hundertschaften angekommen ist, und angefangen hat, Zuschauer von hinten durch die Gegend zu schubsen.“
Dass die Polizei noch nichts von den Verletzungen weiß, könne auch daran liegen, dass die „Blacklist“-Mitglieder die Vorfälle noch nicht gemeldet haben. „Wir haben ärztliche Atteste von Krankenhausaufenthalten vom selben Abend. Wir haben Fotos und Videos“, erzählt Kiris. Die Angelegenheit würde nun an einen Anwalt weitergegeben.
Zudem hat ein Beteiligter nach dem Aufruhr am Samstagabend eine Online-Petition mit dem Titel: „Polizeigewalt gegenüber Autoliebhaber, -tuner (Dienstaufsichtsbeschwerde)“ gestartet. Inzwischen wurde diese von gut 3000 Personen unterzeichnet. Sonntag hat hierzu eine klare Position: „Jeder kann eine Petition starten, das entbindet uns aber nicht von unserem Auftrag, solche Treffen zu begleiten“, macht er deutlich.
Gruppe sieht „nicht
normales“ Verhalten
Kiris könne das Verhalten der Polizisten nicht nachvollziehen. „Da geht ein Junge ganz nah am Auto entlang, weil auf einmal zehn Beamte an ihm vorbeilaufen. Dann rempelt ihn ein Polizist grob an, er will weitergehen und dann kommt der zweite Polizist und macht dasselbe“, schildert Kiris die Szenen aus einem Video des Abends. „Das ist nicht normal.“
Von einer Schreckschusspistole wusste er bisher nichts. „Wäre ich vor Ort gewesen, hätte ich den weggeschickt“, erklärt der „Blacklist“-Manager. Die Gruppe distanziert sich von jeglichen illegalen Aktivitäten. „Es waren keine illegalen Böller und es waren keine illegalen Bengalos oder Raketen. Wir achten da wirklich drauf, dass wir niemanden verletzen und wir wirklich nur legale Sachen machen.“ Das einzig Illegale seien die großen Versammlungen, die eigentlich angemeldet werden müssten.
Anders sieht das jedoch die Polizei. Die Bilanz vom Tuner-Treffen am vergangenen Samstag: Drei Fahrzeuge wurden aufgrund erheblicher technischer Mängel sichergestellt. Die Fahrer müssen mit einem Bußgeld, sowie Punkten in Flensburg rechnen. Gegen neun Personen wurde ein Verfahren nach dem Sprengstoffgesetz eingeleitet, da sie verbotswidrig pyrotechnische Gegenstände in Besitz hatten beziehungsweise zündeten.
Mehrere
Ermittlungsverfahren
Es wurden mehrere Ermittlungsverfahren wegen verbotswidriger Kraftfahrzeuge gegen Mitglieder der Szene eingeleitet – auch hier wurden die Fahrzeuge der Beteiligten sichergestellt. Zudem kam es noch während der Durchsetzung von Platzverweisen zu Beleidigungen gegen die Einsatzkräfte und einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte.
„Wenn die Szene sagt, man hat sich absolut korrekt verhalten, müssen wir dem widersprechen. Wir haben eine ganze Reihe von Strafanzeigen erstellt“, erklärt Polizeisprecher Sonntag. Die „Blacklist“-Mitglieder möchten sich ganz deutlich von den Autoposern distanzieren, die sich vermehrt im illegalen Bereich bewegen. Kiris ist es wichtig, die Tuner-Gemeinschaft wieder ins richtige Licht zu rücken. „Bei uns ist jede Art von Menschen vertreten. Da ist der Multimillionär, da ist der Rentner mit seinem Oldtimer und der 18-Jährige mit seinem Golf.“ Die Menschen würden sich bei den „Blacklist“-Treffen nur gemeinsam über ihre Autos austauschen und „einen chilligen Abend haben“ wollen.
„Da kann jeder
Idiot kommen“
Ganz anders als Poser, die mit aufheulenden Motoren durch die Städte rasen. Wer dies tut, ist bei der Gruppe nicht willkommen, macht er deutlich. Wer sich danebenbenimmt, wird nach Hause geschickt. Nur sei dies bei den großen Treffen schwer zu kontrollieren. „Da kann jeder Idiot kommen.“