Rosenheim/Traunstein/Mühldorf – Mit einer Grundsatzerklärung hat Papst Franziskus am 18. Dezember die Segnung homosexueller Paare erlaubt. So reagieren die Pfarrer in der Region auf die Entscheidung. Pfarrer Michael Witti aus Feichten im Landkreis Altötting wurde von der Entscheidung des Papstes überrascht. „Das war abenteuerlich. Ich war gerade beim Einkaufen und wollte nach Hause fahren, als ich die Meldung im Radio hörte“, erzählt er im Interview und lacht dabei. „Beinahe hätte ich einen Verkehrsunfall gebaut.“ Schnellstmöglich habe er beim Domdekan in Passau angerufen, die praktische Umsetzung der Neuerungen müsse besprochen werden.
Fokus liegt auf
dem Positiven
„Was mich an dem doch recht langen Schriftstück besonders begeistert: Es wird viel Wert auf das Positive gelegt, auf das, was es in jedem Leben und in jeder Beziehung an Gutem gibt. Wir sind alle Sünder, heißt es nach Paulus. Da muss sich niemand besser vorkommen, als andere.“
Dennoch gelte es nun zu klären, wie das praktisch aussehen kann, so Pfarrer Witti weiter, der als Mitglied der Bischöflichen Kommission für Liturgie und Kirchenmusik direkt an der Klärung beteiligt sein wird. Sein Fazit: „Ich habe mich sehr gefreut und hätte nicht gedacht, dass ich das noch erleben darf.“
„Ich begrüße die Entscheidung des Vatikans, es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Pfarrer Franz Eisenmann aus Neumarkt-St. Veit. Für ihn ist es ein Zeichen, dass man den Menschen entgegenkommt und ihnen signalisiert „Ihr seid uns wichtig“.
Er nennt die Entscheidung, die ja schon länger diskutiert worden sei, wohlüberlegt. Er sagt aber auch, dass die Segnung nicht mit der Eheschließung verwechselt werden darf. Gleichzeitig ist er froh, dass der synodale Prozess auch ein Ergebnis gebracht habe. Pfarrer Eisenmann hofft, dass dies nicht das Ende ist. „Die Kirche muss sich auf den Weg machen.“
Pfarrer Sebastian Heindl von der Stadtteilkirche Rosenheim Am Zug findet die Entscheidung überfällig aber auch nicht überraschend. „Es ist einfach ein Unterschied, ob ein einzelner Pfarrer Segnungen gutheißt oder ob das der Papst macht.“
Er finde es mutig, dass der Papst diesen Schritt auf die homosexuellen Menschen zumacht, da es in vielen Ländern noch die Todesstrafe auf Homosexualität gibt. Heindl habe bereits Segnungen für homosexuelle Paare ausgesprochen. „Es ist wichtig, zu vermitteln, dass man keinen Ekel vor zwei Liebenden verspüren, sondern sie als Menschen würdigen soll“, sagt er.
Froh über die Entscheidung des Vatikans ist auch Pfarrer Dr. Thomas Frauenlob aus Berchtesgaden. „In der Praxis wurden diese Segnungen immer wieder praktiziert“, erzählt er. Durch diese Entscheidung geschehe dies aber nicht mehr „illegal“, man sei endlich der Theorie nachgekommen. Frauenlob: „Ich weiß, dass es schon lange in der katholischen Kirche rumort hat und darüber nachgedacht wurde. Jetzt hat man eine gute, vernünftige und praktikable Lösung gefunden.“
Ihm sei nur die Differenzierung wichtig, also dass es sich nicht um die kirchliche Auffassung von Ehe handelt. „Aber wenn sich zwei Menschen lieben, füreinander da sind und Gutes tun: Dann spricht doch überhaupt nichts gegen eine Segnung“, findet der Pfarrer.
Pfarrer Martin Gehringer, Leiter des Pfarrverbandes Raubling hält die Entscheidung des Vatikans für „den Versuch eines Kompromisses.“ Einerseits werde ein Schritt auf die Homosexuellen zugegangen, andererseits nicht so wirklich, da es keine eheähnliche Handlung sein darf. Gehringer sieht darin einen Versuch, die Gegnerseite zu beschwichtigen. „Das ist blöd für all die Betroffenen, die an der Ehesegnung interessiert sind“, sagt er.
„Dieses neue Papier aus Rom ändert nichts an der bisher gelebten Praxis, es öffnet ein kleines Türchen nur ein bisschen weiter“ sagt Diakon Dr. Marc Stegherr von der Mühldorfer Stadtkirche. Schon bisher hätten einige Pfarrer homosexuelle Paare gesegnet. Es stehe auch ihm als Diakon frei, ob er es mache oder nicht. „Eine Pflicht es zu tun, lässt sich aus dieser neuen Erklärung nicht ableiten.“ Er sei in seiner Tätigkeit noch nicht von einem homosexuellen Paar um den Segen der Kirche gebeten worden.
Die Veröffentlichung aus dem Vatikan kam für Traunsteins Stadtpfarrer Konrad Roider überraschend. „Damit hatte jetzt wohl niemand gerechnet“, sagt er. Konkret wirke es, als sei es etwas Neues. Im Detail sei aber keine große Überraschung dabei.
Man müsse unterscheiden zwischen Dingen, die schon vorhanden waren und was bereits geschehen ist. „Es bekommt jetzt einen anderen, sicherlich offiziellen Rahmen, nachdem es vom Vatikan anerkannt worden ist.”
Allerdings begrüße Roider die Aufregung, die um diese Entscheidungen gemacht wird, nicht. „Da wird das Ganze wieder zu politisch.“ Er glaubt nicht, dass sich viel verändern wird, weder in der Anzahl der Segnungen oder der Leute, die in die Kirche gehen.
„Grauzone kann verlassen werden“
Auch Bad Aiblings Stadtpfarrer Philipp Kielbassa sehe die Neuigkeit nüchtern. Schließlich würden manche Pfarrer die Segnungen bereits aussprechen. „Wichtig ist aber, dass hierbei keine Verwechslung mit dem Ehesakrament entsteht“, sagt er. Es sei wichtig, dass für alle Beteiligten eine gute Lösung gefunden werde. Dabei wäre die Segnung genau so wichtig wie die theologische Absicht.
„Durch das Dokument herrscht mehr Klarheit und die Grauzone kann verlassen werden.“