Rosenheim – Das berühmteste Wrack der Geschichte liegt in der ewigen Nacht der Tiefsee, über 300 Meilen südlich von Neufundland. Die „Titanic“ ist seit ihrem Untergang in der Nacht auf den 15. April 1912 ein Mythos. Ein Monument für die Hybris des Menschen. Ein riesiges Grab: 1500 Menschen starben im eiskalten Wasser des Atlantiks, nur wenige wurden geborgen.
Aus Liebe zum
Vater ins U-Boot
Seit dem Juni 2023 ruhen dort in 3800 Metern Tiefe auch Shahzada (48) und Suleman Dawood (19), Mann und Sohn der Rosenheimerin Christine Dawood (48). Sie starben an Bord das Tauchboots „Titan“, das Kurs zur „Titanic“ genommen hatte. Die beiden waren als Tiefsee-Touristen unterwegs – für eine Viertelmillion Dollar pro Kopf. Suleman, so sagte es später eine Tante, habe sich eigentlich gefürchtet, sei aber aus Liebe zu seinem Vater ins U-Boot eingestiegen. Es gab 2023 wohl keine andere Tragödie, bei der so viele Menschen auf dem gesamten Erdball mitfieberten. Am Morgen des 18. Juni 2023 verlor das Mutterschiff den Kontakt zur „Titan“, die sich eindreiviertel Stunden zuvor auf die lange Reise hinab zur Titanic gemacht hatte. Vier Tage lang suchten die kanadische Küstenwache , die US Coast Guard, die US Navy, die Royal Canadian Air Force und die US Air National Guard, mit Flugzeugen, modernster Ortungstechnik, Tauchfahrzeugen.
Fachleute rechneten vor, wie lange den fünf Eingeschlossenen die Atemluft reichen würde – es war dieser grausige Countdown vor der Kulisse der legendären „Titanic“, der das Drama erst recht zum Mega-Medienereignis machte.
Am 22. Juni dann traurige Gewissheit: Ein ferngesteuertes Tauchfahrzeug entdeckte Trümmer am Boden des Atlantiks – nur 500 Meter vom Bug der „Titanic“ entfernt. Der Tod hatte die Besatzung der „Titan“ in Bruchteilen von Millisekunden ereilt: Das Tauchboot implodierte unter dem ungeheuren Druck von Tausenden Metern Wasser.
Experten äußerten die Gewissheit, dass die Menschen an Bord nicht mal mehr Zeit hatten, sich vor dem Tod zu fürchten.
Vermutlich hatte sich das Unglück bereits am Tag des Aufbruchs ereignet, als das Mutterschiff den Kontakt verlor. Auch in Rosenheim hatten viele Menschen um das U-Boot und seine fünf Passagiere gebangt. Und so war auch in der Region die Bestürzung groß, als klar wurde, dass Christine Dawood Mann und Sohn verloren hatte. Zum Beispiel Richard Teichner, Vorsitzender des Trachtenvereins Alt Rosenheim. Christine Dawood ist Mitglied dort, der Verein schickte sogar eine Abordnung nach London, als Christine 2001 dort ihren Shahzada heiratete.
Eine glückliche
Beziehung
Eine glückliche Beziehung, ein Traumpaar. Da waren sich alle einig. „Die beiden passten super zusammen“, sagte Teichner, der den Milliardär Shahzada Dawood und seine Familie wegen seiner Freundlichkeit und Bescheidenheit in guter Erinnerung behalten wird. „Wir sind ab und zu beim Grillen zusammengesessen, mit einem Glaserl Wein oder Bier. Als wenn der Nachbar zu Besuch wär.“ Gleich nach der Katastrophe wurde Kritik laut, vor allem am Veranstalter Ocean Gate. Fachleute kritisierten, dass der Druckkörper der „Titan“ eine Fehlkonstruktion gewesen sei. Schon bei Fahrten zuvor waren Probleme aufgetaucht, 2021 hatte eine Mission sogar abgebrochen werden müssen. Anders als bei der „Titanic“: Das als unsinkbar gepriesene Schiff sank gleich bei seiner Jungfernfahrt.