Verregnete Hochzeit: Vergleichsvorschlag

von Redaktion

Sturm beschädigt Dach von Schloss Amerang – Ist das Unwetter höhere Gewalt?

Traunstein/Amerang – Der überdachte Innenhof von Schloss Amerang im Landkreis Rosenheim ist bis heute eine begehrte Eventlocation mit idyllischer Atmosphäre. Weniger gute Erinnerungen verknüpft damit ein Paar aus dem Landkreis Traunstein, das dort am 7. August 2021 den „schönsten Tag des Lebens“ begehen wollte.

Am Abend zog ein heftiges Unwetter auf. Die Feier mit Familie und Freunden fiel buchstäblich ins Wasser – weil das Dach dem Sturm nicht standhielt. Der Fall landete vor der fünften Zivilkammer am Landgericht Traunstein. Gestern unterbreitete Richterin Melanie Bartschat einen Vergleichsvorschlag. Die Parteien haben Zeit bis 12. Januar 2024, ob sie ihn akzeptieren werden.

Die ganze Hochzeitsgesellschaft musste damals samt Musikkapelle in eine Remise flüchten, sich dort mit einer langen Tafel und Klappstühlen begnügen. Die Tischdekoration war nicht mehr zu gebrauchen. Das liebevoll ausgesuchte Hochzeitsmenü wurde zwar in die Remise geschafft, war aber kalt. Die Kläger waren damals außer sich. Die Braut weinte an jenem Abend unentwegt, wie sich der Beklagte vor Gericht erinnerte.

Das Paar erhob nach der verpatzten Feier Klage gegen den Schlossherrn als Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes und berief sich dabei auf die vertraglich vereinbarte „absolute Regensicherheit“, mit der auch auf der Homepage geworben worden war. Dieser Passus wurde übrigens zwischenzeitlich gestrichen.

Seit 1966 werden in Schloss Amerang Hochzeiten veranstaltet, auch in dem überdachten Innenhof. Probleme mit dem Dach gab es nach Worten des Beklagten seither nie.

Bei Prozessauftakt am 27. November 2023 forderten die Kläger mit Anwalt Nils Dreier aus München einen fünfstelligen Betrag. Beklagtenanwalt, Raphael Stanke aus Bruckmühl, erklärte sich namens des persönlich anwesenden Schlosseigentümers grundsätzlich bereit, einen Schadensausgleich zu leisten. In welcher Höhe jedoch – das blieb zunächst offen.

Das Problem ist: Die Haftpflichtversicherung des Beklagten will nicht für den gesamten Schaden einspringen – mit der Begründung, das Unwetter sei „höhere Gewalt“ gewesen. Den restlichen Teil müsste der Beklagte aus eigener Tasche begleichen.

Beim ersten Termin hörte das Gericht eine Reihe von Zeugen an. Feuerwehrleute bestätigten: Bei dem besagten Sturm handelte es sich um ein äußerst starkes, nur selten vorkommendes Unwetter. Man müsse jedoch auch hierzulande mit solchen Stürmen rechnen, hieß es in der mündlichen Verhandlung.

Solche Wetterereignisse würden in Zeiten des Klimawandels noch zunehmen. Kreisbrandrat Richard Schrank dazu wörtlich: „Seit 2020 müssen wir lernen, dass wir uns darauf einstellen müssen. Das Wetter wird immer unkalkulierbarer. Man sieht Wolken. Fünf bis zehn Minuten später herrscht Weltuntergang.“

Mit Verweis auf die Prozessrisiken empfahl die Richterin zum Abschluss des mündlichen Termins: „Ich finde, die Beklagtenseite müsste die Frustration der Kläger verstehen, einen gewissen Ausgleich und Wiedergutmachung leisten.“ Innerhalb der vom Gericht vorgegebenen mehrwöchigen Frist konnten die Klageparteien von sich aus keine Einigung erzielen.

Richterin Melanie Bartschat legte bei dem gestrigen Verkündungstermin einen Vergleichsvorschlag vor. Demnach soll der Beklagte dem Paar binnen vier Wochen einen Betrag in Höhe von exakt 11 552,11 Euro erstatten, dazu noch circa 720 Euro an vorgerichtlichen Kosten. Damit sollten dann sämtliche Forderungen erledigt sein. 52 Prozent der Prozesskosten sollten die Kläger tragen, 48 Prozent der Schlossherr.

Monika Kretzmer-Diepold

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