Albaching – Sebastian Friesinger (CSU) ist, man kann es kaum glauben, Debütant. Ergraut, mit stattlichem grauen Bart, 62 Jahre alt, in der Region Rosenheim so bekannt, dass man das Gefühl hat, er sei schon immer da gewesen, aber – er ist wahrhaftig ein Debütant. Denn Friesinger hat schon vieles gemacht in seinem Leben. Nikolaus war er, FC-Bayern-Fanclub-Vorsitzender, Vorsitzender vom Bayernbund und, und, und. Einfach atemberaubend viel. Abgeordneter des Bayerischen Landtages ist er aber zum allerersten Mal.
Der Innenminister
kennt Friesinger ewig
Eine Tatsache, die offenbar auch erfahrene Akteure der Politik durcheinanderbringt. „Lieber Friesinger Wast, du läufst bei uns als wiedergewählt, so lange kennen wir uns schon.“ Das habe Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zu ihm gesagt, erzählt Sebastian Friesinger dem OVB-Reporter beim Treffen in der Gaststätte des Landtags. Und er ist ein bisserl stolz darauf, dass er für einen Veteranen wie Joachim Herrmann so etwas ist: eine vertraute Größe. Trotz seines Erst-Einzugs ins Maximilianeum.
Sebastian Friesinger ist aber auch schwer zu übersehen. Ein stämmiger Typ, Parade-Oberbayer, ein richtiges Mannsbild, munter, umtriebig, gesegnet mit gewinnender guter Laune. Ganz gut beschreibt ihn ein selbst schon etwas ergrautes Wort: Leutseligkeit. Friesinger ist einer, der gern unter Leuten ist. Tatsächlich bringt er Menschen sogar zusammen. Oder vielmehr brachte: Er ist tausendfach als Hochzeitslader aufgetreten.
Dass er das seit vergangenem Jahr nicht mehr ist, dass auch einiges andere nicht mehr im gewohnten Umfang geht, schon wegen all der neuen Termine, findet er „schade“. Aber er lacht dabei. Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass Friesinger selten mit gerunzelter Stirn zu sehen ist. Man darf daraus aber vermutlich nicht den Schluss ziehen, dass er Politik spaßig findet. Friesinger ist kein Gaudibursch. „Das ist der, der keine Bäume umarmt.“ Das habe der Ministerpräsident über ihn gesagt, erzählt Friesinger und lacht, diesmal scheinbar ein bisserl grimmiger.
Seit 15 Jahren ist Friesinger Bezirksrat, seit 1990 sitzt er im Gemeinderat. Er ist Wiederbegründer des CSU-Ortsverbands von Albaching und seit der Wiederbegründung auch dessen Vorsitzender. „Ich werde ernstgenommen wegen meiner Erfahrung, die ich in kommunalpolitischer Hinsicht habe“, meint er. Da will er auch dranbleiben, zumindest so weit wie möglich. Der neuen Pflicht als Landtagsabgeordneter sei er sich „sehr bewusst, ich muss abwägen, wie‘s mit der politischen Arbeit zu Hause aussieht“.
Zum Landtagskandidaten habe er sich aufstellen lassen, „weil ich eine neue Herausforderung gesucht hab“. Dass es dabei nicht ohne Widerstände ging, nötigt Friesinger nur ein Schulterzucken ab. „Mei“, sagt er, er habe halt die Aufstellungsversammlung für sich entscheiden können. Nicht jeder CSU-Grande soll sich gleich von Beginn an über seine Kandidatur gefreut haben. Klaus Stöttner zum Beispiel, damals noch Landtagsabgeordneter. „Der Klaus ist halt der Klaus“, sagt Friesinger und hebt beschwichtigend die Hand, nein, da trage er niemandem etwas nach.
Das sagt einer, der noch ganz neu ist und eben doch ein alter Hase. Er weiß auch, wie wichtig Trommeln fürs politische Geschäft ist. Dem Reporter des OVB sagt er daher gerne, was er vor hat und in welchen Ausschüssen er mitarbeitet. Das wäre erstens der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen, das wäre zweitens Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus.
Kämpfen will er gegen den „Wahnsinn des Bundesgesundheitsministers“ mit der Krankenhausreform, aber auch gegen die Anwesenheit von Bär und Wolf in der Region. „Keine Chance“ sieht er für die Groß-Raubtiere, nicht „in unserm eng besiedelten Raum“. Starkmachen will er sich für die kleinteilig strukturierte einheimische Landwirtschaft. Und für eine niedrige Mehrwertsteuer für die Gastronomie. Weil die in Südostoberbayern auch mit den österreichischen Nachbarn konkurrieren muss, die ganz anders aufgestellt sind.
Demut und
Selbstbewusstsein
Der OVB-Reporter hat‘s notiert. Aber eigentlich hatten wir ja wissen wollen, wie‘s ihm so geht als Debütant. Wie der Landtag sein Leben verändert. Sebastian Friesinger lässt sich bitten. Schließlich sagt er, dass er bis Oktober 2023 ein „Freigeist“ gewesen sei, der alle seine Termine selber organisiert habe. Schön, aber sonst? Ist da nichts von der Ergriffenheit, die andere Neulinge so verspüren? Doch, doch, sagt Friesinger. „Ich hab schon Demut. Immer.“ Aber: „Selbstbewusstsein sollte man schon auch haben, wenn man seine Politik machen will.“