Rott – Es ist ein spannender Beruf, der mit einer immensen Verantwortung verbunden ist: Lokführer. In Rott lebt Alfred Zimpel, der diesen Job mit großer Leidenschaft ausübt. Der 41-Jährige weiß, was es heißt, mit einem 12000-PS-starken ICE durchs Land zu rasen.
Lokführer: Das war und ist noch heute eine Tätigkeit, die fasziniert – für viele sogar ein Kindheitstraum. Doch derzeit sorgt der Berufsstand eher für Verärgerung bei den Fahrgästen: Denn die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) hat ab dem heutigen Mittwoch, 2 Uhr, zum Streik aufgerufen. Mal wieder. Zu recht?
„Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass sich die Frage nach einer berechtigten oder unberechtigten Arbeitskampfmaßnahme gar nicht stellen sollte“, sagt Alfred Zimpel dazu. „Ich bin schon der Auffassung, dass ein 97-prozentiges Urabstimmungsergebnis für einen unbefristeten Streik Bände spricht. Zumal es im Bereich der Kernforderungen der GDL bereits Tarifabschlüsse mit konkurrierenden Unternehmen der Deutschen Bahn gibt“, betont er.
„Es macht
immer noch Spaß“
Eine Lok zu fahren, sieht er grundsätzlich „als Berufung“. „Ich bin jetzt seit 23 Jahren bei der Bahn und es macht mir immer noch Spaß, ja sogar unwahrscheinlich viel Spaß“, sagt er. Es sei eine Tätigkeit, die ein Höchstmaß an Gewissenhaftigkeit verlange: Schließlich wiegt ein ICE mehrere Hundert Tonnen, Hunderte von Fahrgästen sollen sicher ans Ziel kommen. Zimpel betont, dass es ihm in seiner jetzigen Rolle als Ausbilder auch darauf ankomme, den Auszubildenden das nötige Verantwortungsbewusstsein, den Respekt vor der Aufgabe, zu vermitteln. Gewiss, die Technik sorge für Sicherheit, aber: „Jedes technische System kann ja auch ausfallen oder zumindest Fehlfunktionen haben.“ Der Triebfahrzeugführer müsse wissen, wie er dann zu reagieren habe.
Verspätungen sind ein leidiges Thema bei der Bahn. Zimpel, auch Zweiter Bürgermeister in Rott, nimmt da kein Blatt vor den Mund. „Ich gehe jeden Tag frohen Mutes an die Sache heran, will meine Arbeit möglichst gut machen. Aber in den vergangenen 20 Jahren ist sie für mich und meine Bahnkollegen nicht einfacher geworden. Denn das Eisenbahnnetz wurde sträflich vernachlässigt“, lautet sein Urteil. Die Schienen, der Oberbau mit den Schottersteinen, die Weichen, die Signalanlagen, die Stellwerke: All das sei in die Jahre gekommen. „Da kann sich kein Verkehrsminister herausreden.“
Die vielen Baustellen kosten Nerven
Modernisierungen würden in letzter Zeit wieder verstärkt in die Wege geleitet, aber die Instandsetzungen würden einfach zu lange dauern. Die vielen Baustellen, die die Züge zur Langsamfahrt zwingen, kosten Zimpel Nerven, sagt er. Dabei sei die große Herausforderung für die Zukunft, schneller von A nach B zu kommen. Dafür müsse man mehr tun. Andere Länder, wie Österreich, könnten es besser – am Nachbarland sollte man sich ein Beispiel nehmen, findet er.
Angesichts all dieser Probleme spielt die viel beschworene Eisenbahnromantik, die oftmals mit dem Berufsbild des Lokführers in Verbindung gebracht wird, heute kaum noch eine Rolle, sagt Zimpel. Das möge bei manchem seiner Kollegen vielleicht eine Rolle gespielt haben bei der Berufswahl, ihn hätten in seiner Jugend aber vor allem schwere Lastwagen fasziniert – und die Technik drumherum. „Interesse an der Eisenbahn, ja, das hatte ich auch“, erinnert er sich. Als Kind habe er einen Märklin-Baukasten geschenkt bekommen. Für die Berufswahl in Richtung Lokführer sei das freilich nicht ausschlaggebend gewesen.
Eisenbahnromantik trotz vieler Probleme
Anfang des Jahres 2000 begann Zimpel nach der Realschule die Ausbildung, bis 2013 war sein Arbeitsplatz ausschließlich der Führerstand. Danach stieg er auf der Karriereleiter steil nach oben: Er übernahm betriebliche Schulungen und Prüfungen des Nachwuchspersonals, kontrollierte technische Neuerungen. „Das ist schon allerhand, was in der Ausbildungsabteilung zu leisten ist“, sagt er. Und das in einer 39-Stunden-Woche, in die er, allerdings reduziert, den fahrplanmäßigen Schichtdienst packt.
Und dennoch zeigt Zimpel, der in Rott auch Feuerwehrmann ist und als First Reponder Dienst macht, doch, dass in ihm ein Eisenbahnromantiker steckt. Eine seiner Lieblingsstrecken sei die zwischen Ulm und Wendlingen, erzählt er. Unlängst wurde dort eine völlig neue Trasse mit langen Tunnelabschnitten fertiggestellt. Hier kann der ICE mächtig Tempo machen, von der hohen Geschwindigkeit – bis zu 250 Stundenkilometer – bekommt der Fahrgast kaum etwas mit. Aber der steile und kurvenreiche Weg über die Geislinger Steige, die noch immer im Fernverkehr benutzt wird, hat für den Lokführer aus Oberbayern durchaus seine Reize. „Da sieht man noch was von der Landschaft, das hat Charme.“